Der vorsitzende Bundesrichter kritisierte am Dienstag in San Francisco die Streitparteien Uber und Waymo heftig. Er ist nicht überzeugt, dass Otto oder Uber tatsächlich Googles Patente für die wichtige Technologie selbstfahrender Fahrzeuge verletzt haben.
Richter William Alsup warf den Rechtsanwälten beider Parteien vor, sie seien unehrlich, erzählten „Halbwahrheiten“ und setzte in einer 90-minütigen Beratung im Rahmen des Beweiserhebungsverfahrens den endgültigen Prozessbeginn im Dezember fest. Weitere Verzögerungen werde Alsup nicht akzeptieren. Bis zum 20. Dezember wird der Fall am kalifornischen Bundesgericht vor einer Jury aus Geschworenen, die abschließend ihre Empfehlungen aussprechen werden, ausgerollt.
Der „Stroz-Report“ brachte weitere Indizien gegen Uber ans Tageslicht, die zwar die mutmaßliche Industriespionage Anthony Levandowskis wahrscheinlich erscheinen lassen, aber für die Waymo-Rechtsanwälte dennoch kein Durchbruch gegen Uber sind. Von den renommierten Spezialisten für Datensicherheit Stroz Friedberg aus New York durchgeführt und von Uber beauftragt, durchleuchtet er auch die Geschehnisse vor der Gründung Ottomottos und das Vorgehen der Beteiligten. Derartige Berichte (due-dilligence-Prüfungen) werden üblicherweise vor einer Firmenübernahme vom Käufer beauftragt.
Waymo hatte zuletzt die Herausgabe des Berichtes gerichtlich erzwingen müssen und angesichts seines Umfanges um eine Fristverlängerung gebeten. Uber und Levandowski hatten die Übergabe des „einige zehntausend Seiten langen“ Berichtes verweigert, und wussten dabei, dass der Gegenseite nicht mehr genug Zeit bleiben würde, ihn vollständig auszuwerten, monierte ein Rechtsanwalt Waymos. Das wurde von Richter Alsup als „ausgeklügelte Strategie, um Fakten vor der Öffentlichkeit verborgen zu halten“ kritisiert und sei „sehr verdächtig“.
Aber auch Waymos Anwälte mussten sich scharf kritisieren lassen. Zunächst habe man Zeugen gehabt, die unter Eid versicherten, eine Verletzung von Googles Patenrechten in vier Fällen belegen zu können und habe damit während des Beweisverfahrens argumentiert. Jetzt aber habe Waymo diesen Teil der Klage fallen gelassen. Der Richter: „Es hat keine Verletzung der Patentrechte gegeben.“
Der Prüfbericht wirft neue Fragen auf und belastet Uber und Levandowski schwer. Er kommt zu dem Schluss, dass Levandowski tatsächlich Firmengeheimnisse von Google gestohlen hat. Im Kern ist die Rede von fünf Festplatten, die vermutlich „streng geheime Informationen“ enthielten, und die Levandowski aber später unbenutzt und auf Geheiß von Travis Kalanick vernichtet haben will. Kalanick sagte angeblich, er wolle damit nichts zu tun haben.
Allerdings verstrickten sich Levandowski und andere Beteiligte dabei in Widersprüche. So gibt es keinen beweiskräftigen Nachweis über die angebliche Vernichtung der Festplatten bei einer spezialisierten Firma, denn die genannte Firma kann die Vernichtung nicht bestätigen. Auffällig ist dabei, dass die Beteiligten kurz vor oder noch während der Untersuchung durch die New Yorker Forensiker Daten von ihren Laptops und Smartphones löschten und die Untersuchungen behinderten. Die gelöschten Dateien hatten teilweise die selben Namen wie wichtige Dokumente aus dem Hause Waymo.
Die Ergebnisse des Berichtes waren Uber vor der Übernahme Ottos bekannt. Levandowski habe sich bereits vor der Gründung von Otto, noch während er als Entwickler bei Google an der LiDAR-Technologie und Kartensystemen arbeitete, mit Führungskräften von Uber, und später auch mit Travis Kalanick getroffen. Dass dies ein Plan war, um Googles Firmengeheimnisse mittels der Firmengründung an Uber zu übertragen, lässt sich wohl aus 50.000 Emails schließen, die der Stroz-Report ermittelt hat. Des weiteren hätte Levandowski teilweise erfolgreich versucht, andere Angestellte von Google abzuwerben und für seine später zu gründende Firma Ottomotto zu gewinnen, die eben auch mit der LiDAR-Technologie selbstfahrende Fahrzeuge vermarkten wollte. Nur einige Monate nach ihrer Gründung verkaufte Levandowski seine Firma für 680 Millionen Dollar an Uber und wurde Ubers Entwicklungschef.
Jedoch scheint der Bericht nicht den eindeutigen Beweis zu erbringen, dass Uber oder Ottomotto tatsächlich die Firmengeheimnisse von Google zur Entwicklung von selbstfahrenden Fahrzeugen eingesetzt haben, wie es sich die Anwälte der Google-Tochter Waymo erhofft hatten. Ein Anwalt Ubers kommentierte zynisch, man habe bislang keine Beweise gefunden und werde keine Beweise finden. Auf den Festplatten habe sich „altes Zeug“ befunden, was eigentlich wertlos gewesen sei. prh
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Grafik: Taxi Times