„Uber hat Illegalität zur neuen Normalität werden lassen und muss abgeschaltet werden.“ Die Erkenntnisse eines Wirtschaftsprofessors der renommierten Harvard Business School in Boston widersprechen den Empfehlungen des „wissenschaftlichen Beirates“ des Bundesverkehrsministeriums. Die Gegenmeinung zur gegenwärtigen politischen Strömung kann sich damit selbst auch auf wissenschaftliche Quellen berufen.
Während in Deutschland Professoren im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums eine Liberalisierung des Taximarktes zu Gunsten der „Sharing Economy“ fordern, kommt Benjamin Edelman zum gegenteiligen Schluss. Anstatt den Taximarkt den „disruptiven Anbietern von Transportdienstleistungen“ anzupassen, sollten Gesetzgeber Uber abschalten und die Einhaltung der Gesetze sicherstellen. Wenn man jetzt die Gesetze ändere, anstatt auf ihre Einhaltung zu pochen, belohne man das Verbrechen und nähme dafür weitere, unerwünschte Konsequenzen in Kauf.
Edelman, der als Rechtsanwalt auch als Gutachter in etlichen Gerichtsverfahren berufen wurde, hat Uber über Jahre untersucht und kommt zu dem Schluss, dass das Geschäftsmodell Ubers bis in seine Wurzeln kriminell sei und sich nicht reformieren lässt. Das gelte auch für Nachahmer des Modells, schrieb er jüngst in einer Publikation, erschienen in der Harvard Business Review. In diesem Artikel nennt er außerdem mögliche Erklärungen dafür, warum Politiker und Professoren auf die Täuschungen des „von Grund auf verdorbenen“ App-Betreibers hereinfallen.
Was den Branchen-Insidern bereits bekannt ist, kann sich damit auch auf wissenschaftliche Füße stellen: Uber habe es geschafft, sein illegales Geschäftsmodell mit geschicktem Lobbyismus, Rechtsanwälten und PR-Strategen zu verkaufen. Das sei die eigentliche Leistung von Travis Kalanick, schreibt Edelman. „Uber machte Illegalität normal“, sagt Benjamin Edelman. Wenn man jetzt die Gesetze ändere, anstatt radikal auf ihre Einhaltung zu pochen, belohne man das Verbrechen und nähme all seine schlimmen Konsequenzen in Kauf. Gesetzesverstöße würden sich dann ausbreiten.
Verkauft hat Uber eine Innovation, die keine war. „Innovativ“ war nur der Gesetzesbruch. Das ermöglichte, viele Kosten zu sparen. Außerdem erschloss man sich ein Heer von Arbeitskräften, deren Eignung niemand prüfen musste und die noch nicht mal Anspruch auf ordentliche Beschäftigungsverhältnisse erheben würden. Um mit dieser „Vision“ Erfolg zu haben, bedürfe es einer ungeheuren Bereitschaft, dieses illegale Unterfangen zum Erfolg zu führen, schreibt Edelman. Darin liege Ubers wirkliche Qualität.
Das System
Uber baute eine Belegschaft, Arbeitsroutinen und Software-Systeme auf, deren einziger Zweck es war, Fahrgäste wie Fahrer dazu zu bringen, Lobby-Arbeit in der Öffentlichkeit, bei Aufsichtsbehörden und Gesetzgebern zu machen. Für jeden, der Uber kritisch betrachtete, endete die Geschichte in einem politischen Desaster. Die Phalanx des Unternehmens aus Rechtsanwälten ist bewaffnet mit ausgeklügelten juristischen Taktiken und Argumentationen, die sie in der Vielzahl vorangegangener Rechtsstreite perfektionieren konnten.
Demgegenüber betraten ihre jeweiligen Opponenten immer wieder Neuland: Die personell bescheiden ausgestatteten Justiziare der Genehmigungsbehörden, nationalen Gesetzgeber sowie die Behörden in den US-Bundesstaaten mussten ihre Erfahrungen mit der „neuen Technologie“ jeweils für sich selbst sammeln. Gleichzeitig verfügte Uber über ein Team aus PR-Spezialisten, die das Unternehmen in der Öffentlichkeit als die Verkörperung von Innovation schlechthin verkauften, während sie ihre Kritiker als „angestaubte Marionetten eines Platzhirsches, der in der Vergangenheit stecken geblieben“ war, darstellten, formuliert es Edelman wörtlich.
Mit diesen Taktiken hätte Uber die Sicht auf die Wirklichkeit verschleiert. Anstatt offen die Gesetze in den jeweiligen Rechtssystemen zu missachten, verlangsamte man deren Durchsetzung und behinderte die Exekutive, nur um Zeit zu gewinnen, auf eine Änderung der Gesetze hinzuwirken. „Die Vision des Unternehmens wurde zur neuen Normalität, so konnte man leicht darüber hinweg sehen, dass die Strategie des Unternehmens von Anfang an schlicht illegal war.“
Verdorben bis ins Mark
Uber war aber mit einer Herausforderung konfrontiert, diese Strategie umzusetzen: Es ist nicht einfach, Leute dazu zu bringen, das Gesetz zu übertreten. Tatsächlich gehen Angestellte und Professionelle jedes Mal, wenn sie gegen das Gesetz verstoßen, ein Risiko ein. Zwei leitende Angestellte von Uber in Frankreich wurden verhaftet und angeklagt, weil sie einen Taxibetrieb ohne Genehmigung betrieben haben.
Aber Uber machte Gesetzesbruch zur Normalität und zur Routine, in dem sie sich dafür feierten, dass sie die Gesetze für die Taxi- und Mietwagenbranche unterwanderten. Man blicke einmal auf die Leitsätze des Unternehmens: „total aufgeputscht“, „immer am Hetzen“ [(always be hustling; hustling kann in der Tat auch mit jagen, kämpfen oder sogar mit „sich prostituieren“ übersetzt werden)] und „waghalsig, draufgängerisch“. Respekt für das Gesetz verdient nicht mal eine Fußnote in Ubers Unternehmenswerten.
Ubers Anwälte waren Komplizen bei der Errichtung der Kultur der Illegalität. An normalen Firmen, erwarten die Manager von ihren Anwälten, dass sie das Geschäft im Rahmen der Gesetze halten. Nicht so bei Uber, dessen Rechtsabteilung unter der Leitung von Salle Yoo die Greyball-Software guthieß und sogar Privatermittler anstellte, um Freunde und Kollegen ihrer Gegner in Rechtsstreits auszuschnüffeln.
Yoo wird übrigens auch von Bloomberg zitiert: „Wir sind nicht hier, um rechtliche Probleme zu lösen. Wir sind hier, um Geschäfte zu machen. Juristerei ist unser Werkzeug.“
Edelman weiter: „Mit dieser Kultur, die den Gesetzbruch zelebriert, ist es kein Unfall mehr, dass die Firma dann von Skandal zu Skandal schlitterte. Wie sollte ein Uber-Manager auch wissen, welche Gesetze er einhalten soll und welche nicht?
Ruinöser Wettlauf
Schon im 16. Jahrhundert beobachtete der Finanzier Sir Thomas Gresham, dass „schlechtes Geld gutes vertreibt“. Das selbe gilt wohl auch für illegale Geschäftsmodelle. Wenn wir in einem Wirtschaftsbereich ein illegales Geschäftsmodell das Gedeihen ermöglichen, dann wird es Nachahmer geben , auch in anderen Branchen, die, anstatt sich um Erlaubnisse zu kümmern, nur eine milde Strafe erwarten.
Als Lyft anfing, seinen Service auf Privatwagen ohne Lizenz auszudehnen, zog Uber, das bis dahin mit lizensierten Mietwagen arbeitete, nach. Kalanick nannte Lyfts Strategie „aggressiv“ und „unlizensiert“, aber er vermeidete auszusprechen, dass diese Freizeitfahrer ungesetzlich handeln. Nur auf einer Konferenz 2013 sagte Kalanick einmal, mit Hinweis auf die fehlende Lizenz und fehlenden Versicherungsschutz, dass jede Fahrt von Lyft-Autos ein „strafbares Vergehen“ darstelle. An dieser Stelle hätte Uber wie jede andere Firma auch, Klage beim zuständigen Gericht oder eine Beschwerde bei der Behörde einreichen können, um sich gegen den unfairen und illegalen Wettbewerb zu wehren. Stattdessen übernahm Uber Lyfts Ansatz nicht nur, sondern erweiterte ihn sogar.
Andere lernten und machten es nach: Wenn Uber unlizensierte Fahrzeuge und Personal einsetzten, mussten das die Wettbewerber auch, wenn sie nicht das Nachsehen haben wollten. Durch die Normalisierung von Verstößen hat Uber damit die gesamte Branche des öffentlichen Personen-Nahverkehrs verändert und ein Beispiel für andere Branchen abgegeben.
Das Problem beheben
Ubers verwerfliche Unternehmenskultur ist mittlerweile sprichwörtlich geworden und gipfelte vorerst im Holder-Report. Schließlich musste der Geschäftsführer Travis Kalanick gehen. Tatsächlich lag vieles an seinem Führungsstil, da er seine Angestellten immer wieder zum Wachstum um jeden Preis und zur Spionage gegen die Konkurrenz anstachelte.
Der Austausch von leitenden Angestellten führte oft zu einer Besserung der Firmen, so zum Beispiel im Fall Siemens. Dort kehrten die Manager wieder zu Innovation und ehrlich erarbeiteten Erfolgen zurück. Bei Uber wird das nicht der Fall sein, denn Ubers Probleme wurzeln in seinem Geschäftsmodell. Deswegen wird auch der Wechsel an der Spitze diese nicht beheben.
Solange dieses Modell nicht direkt angegriffen und bestraft wird, werden Gesetzesverstöße auch in anderer Form weiter gehen. Das beste Mittel dafür ist, Uber und andere für jede Übertretung zu bestrafen und die Einhaltung der Gesetze streng zu überwachen und wenig Milde walten zu lassen. Seit Firmengründung hat Uber buchstäblich Milliarden Fahrten unter vielen Rechtssprechungen durchgeführt. Die Geldbußen für jeden einzelne dieser Fahrten könnten, je nach Gesetzgebung, leicht mehrere hundert Dollar erreichen.
In den meisten Fällen ist die Verjährungsfrist noch nicht verstrichen, also gibt es kein Hindernis, frühere Vergehen auch jetzt noch anzuzeigen. Im Ergebnis würden die drohenden Strafen schnell nicht nur die flüssigen Kassenbestände übersteigen, sondern auch den Buchwert des Unternehmens. Wenn nur ein paar Städte (in den USA) ihre Ansprüche mit mäßigem Erfolg einklagen würden, könnten die resultierenden Gerichtsurteile Uber Bankrott machen und einer Generation von Unternehmern zeigen, dass sie den Gesetzen zu folgen hätten.
Verliert der Kunde wirklich?
Uber-Fans mögen jetzt einwenden, dass man so das Kind mit dem Bade ausgießen würde, da sowohl Fahrgäste wie auch Fahrer zusammen mit den Teilhabern Ubers auf der Verliererseite stünden. Edelman bringt hier das Beispiel von Napster: Napster konnte den Diebstahl geistigen Eigentums nicht mehr wieder gut machen und wurde zum Schließen gezwungen. Aber dadurch hörten die Leute nicht auf, Musik zu hören und andere Anbieter, die es unter Berücksichtigung der Gesetze schafften, traten an ihre Stelle und waren erfolgreich.
Uber hat wie Napster aufgezeigt, wie die Informationstechnologie grundlegende Ineffizienzen beseitigen könnte. Aber das ist nicht genug. Die Teilhabe in einer globalen Gemeinschaft erfordert Respekt für das Gesetz und die Beachtung der Regeln. Die Versuchung ist groß, die bestehenden Regeln zu verwerfen, um eine radikale Verbesserung zu schaffen. Aber wer Verbrechen belohnt, der wird die Konsequenzen tragen müssen.
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Zur Person: Benjamin Edelman, 1980 geboren, forscht und lehrt seit 14 Jahren über die Ökonomie von Online-Märkten und im Transportsektor und ist Associate Professor der Harvard University Boston, Massachusetts. Der Jurist und Wirtschaftswissenschaftler blickt bereits auf eine lange Liste von mindestens 55 wissenschaftlichen Publikationen und einer dreistelligen Zahl populärer Veröffentlichung zurück. Er hat auch in dutzenden Fällen rechtliche Expertisen verfasst. In seinen Arbeiten kombiniert er technologische Entwicklungen mit juristischen und wirtschaftlichen Analysen, um zu verstehen, wie diese digitalen Märkte funktionieren und zu verbessern sind. Sein Hauptaugenmerk gilt dabei dem Verbraucherschutz. Medien wurden auf ihn aufmerksam, als er aufdeckte, dass Facebook Anzeigenkunden versehentlich persönliche Daten wie Adresse und Telefonnumer übermittelte. Er beobachtet Uber seit Jahren, analysiert deren Software und verfasste bereits dutzende Aufsätze zu dem Thema. prh
Fotos: Michael Brunner, Harvard Business School, Benjamin Edelman
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Trefflicher kann man die Situation nicht beschreiben. Der Rechtsstaat ist aufgefordert Maßnahmen zu setzen, denn Recht muß Recht bleiben.
Na hoffentlich lesen nicht nur wir das?!
En SUISSE, notre probleme c’est pas UBER, notre probleme ce sont les responsables, notre grand probleme ce sont les hauts plassés ceux qui dictes la loi. De Là ça vient les problemes, ceux qui donnent les ordres, ce sont eux qui foutent la pagaille. Pourquoi!!! Parceque le paquet et GROS …
Comme çq, on n’attove Jamais à trouver une solution, tant qu’ils interviennent toujours, y’aura jamais de resolutions. Et la guère continue, et les methodes changement toujours. Mais Croyez-moi ça viendra le jour oú on se libère deux & de UBER. Seulement de la patience.
Sehr gut recherchiertes Artikel .Es zeigt wie Global player die nationalen wirtschaftliche und rechtliche Errungenschaften unterhöhlen. Sie greifen nach dem Profit, und Zerstören dabei sozialen und gesellschaftlichen Attribute.
Warum wird so ein Artikel nicht in der allgemeinen Presse veröffentlicht?
An alle die von diesem Artikel Kenntnis haben:
bitte ausdrucken und senden an:
– die örtlichen Stadtväter und Gewerbeämter
– die regionalen Politiker
– die Büros aller relevanten Bundesparteien
– an alle Pressekontakte die einem einfallen (sonst bleibt’s nur in Taxikreisen hängen)
und
– an jeden Fahrgast! am Besten mit einem Lächeln und einem Päckchen Gummibären. Denn Taxi ist zuverlässig, sicher und FREUNDLICH!
Richtiger und wichtiger Kommentar!
Das Problem: Dieser lesenswerte Artikel erscheint „nur“ in der Fachpresse, leider noch nicht in den weiter verbreiteten und allen zugängigen Medien, um Entscheidungsträger in der Politik, unsere Kunden und die vielen Mitarbeiter in unserem Gewerbe zu erreichen.
Die Lösung: Die Vorgehensweise von Herrn Köhl (s.o.) beherzigen und weiterleiten!
Denn, auch Uber vertraut schon längst nicht mehr nur auf deren Anwälte und Lobbyisten.
In London hat Uber eindrucksvoll bewiesen, wie man Kunden und Mitarbeiter per Petition zum Protest für die eigene Sache einspannt, und das zum Teil bislang auch mit Erfolg. Immerhin hat sich sogleich die Premieministerin Theresa May hinter Uber gestellt, sie hält die Vorgehensweise, Uber die Lizenzen nicht mehr zu verlängern, für überzogen.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/uber-petition-soll-rauswurf-aus-london-verhindern-a-1169503.html
Mein Fazit, jeder kann dazu beitragen, das man es Entscheidungsträgern so schwer wie möglich macht, nach dem Wunsch großer „StartUps“ und Konzerne zu entscheiden.
Dazu sollten wir unsere Möglichkeiten nutzen und können immerhin in der Hinsicht von Uber und Co, noch etwas lernen.
3000tausen uber farer in zürich gar keine fersicherungen fas füer korupte land