Seit 1. September 2023 sind in München und den Landkreisen München, Erding und Freising Festpreise im Rahmen eines Tarifkorridors erlaubt. Kurz vor dem Start sind die beiden Münchner Taxizentralen in die Kommunikationsoffensive gegangen.
Der IsarFunk und die Taxi München eG bezeichnen den Stadtratsbeschluss vom 25. Juli treffend als „deutschlandweit einzigartiges Projekt“, das auf den Weg gebracht worden ist: Taxibesteller können ab morgen, dem 1. September, vor Antritt der Fahrt einen gesetzlich geregelten Festpreis vereinbaren. Preissicherheit und Kostentransparenz sollen die Dienstleistung Taxi deutlich verbraucherfreundlicher machen und so verlorene Kunden zurückgewinnen. Kunden, die das nicht möchten, können wie bisher ihre Taxifahrt per Taxameter abrechnen lassen, wie beide Zentralen in ihren Pressemitteilungen erläutern.
Was bisher für Fahrten vom Flughafen zur Messe oder zur Hauptbahnhofregion galt, können Fahrgäste ab September im gesamten Tarifgebiet beanspruchen – tarifliche Festpreise. „Ein enormer Fortschritt für das Gewerbe und natürlich für die Taxinutzer“, kommentiert IsarFunk-Geschäftsführer Christian Hess die Initiative: „Vor Fahrtantritt zu wissen, was die Fahrt kostet, schafft Vertrauen bei der Kundschaft.“
Um der Kundschaft die Handhabung der neuen Möglichkeiten exakt darzulegen, erklärt der IsarFunk: „Bedingung für eine verbindliche Preisvereinbarung ist, dass das Taxi bestellt wird. Dies erfolgt in der Regel über eine Zentrale oder eine digitale Plattform bzw. App. Ein Bestellvorlauf ist dabei nicht erforderlich.“ Marketingleiter Jürgen Dinter präzisiert: „Der Anrufer nennt seinen Start- und Zielort, und wir bestätigen ihm dann auf Basis der kürzesten Strecke seinen Festbetrag. Diesen kann er annehmen oder doch lieber das Taxameter zählen lassen“. Hess ergänzt: „Schon die Tatsache, dass der Festpreis stets auf der kürzesten Fahrstrecke basiert, wird sich für den Verbraucher auszahlen. Eine davon abweichende Routenwahl macht die Fahrt also nicht teurer.“ Taxis, die am Straßenrand herangewinkt oder am Halteplatz bestiegen werden, rechnen dagegen weiterhin ausschließlich nach Taxameter ab.
Der vorab kaum exakt kalkulierbare Zeittarif, der besonders bei Staus zu höheren Fahrpreisen führt, fällt beim Festpreis weg. Die Festpreise sind in einem definierten Tarifkorridor festgelegt, der von fünf Prozent unter den Preisen der Taxi-Tarifordnung bis zu 20 Prozent darüber reicht. Preisexplosionen bei hoher Nachfrage, beispielsweise bei Konzerten oder der Wiesn, kämen für IsarFunk nicht in Frage: Im Gegensatz zu Plattform-Mietwagendiensten, die bei hoher Nachfrage gern die Preise anziehen, sehe man sich als Taxizentrale und Teil des öffentlichen Nahverkehrs auch künftig der Daseinsvorsorge für die Münchner Bürger verpflichtet. Ein „Preis-Jojo“ halte man für unseriös. Es gelte sehr sorgfältig die Wünsche und Bedürfnisse sowohl der Kunden als auch der Taxifahrer auszubalancieren. „Taxifahren soll transparenter werden und bezahlbar sein“, so Hess.
Die kurze Vorbereitungszeit hat den IsarFunk vor eine beachtliche Herausforderung gestellt. Man müsse „die Vermittlung quasi auf links drehen“, um dem erhöhten Gesprächsbedarf und Arbeitsaufwand gerecht zu werden. Die aktuellen Sprachassistenten zur schnellen automatischen Bestellung mussten angepasst werden. Auch die Bedienoberfläche der App taxi.eu ist für München überarbeitet worden. Mitarbeiter und Taxikollegen sind umfassend geschult worden, die Arbeitsprozesse abgeändert. „Das alles in der Haupturlaubszeit“, so Dinter. Trotz des Aufwands ist man sich bei IsarFunk sicher: Im Festpreis liegt die Zukunft des Taxigewerbes.
Die Taxi München eG kommentiert: „Seit vielen Jahren gibt es bereits Festpreise für Fahrten vom Flughafen zur Messe oder zum Hauptbahnhof. Nun kann man ab dem 1. September im gesamten Tarifgebiet pauschale Preise vereinbaren.“ Genossenschaftsvorstand Thomas Kroker: „Mit dieser Änderung wird vor allem die junge Generation das Taxi aus einem neuen Blickwinkel betrachten, die die Vorteile verlässlicher, nachvollziehbarer Fahrpreise zu schätzen weiß. Wichtig ist zu wissen, dass die Festpreis-Option nur bei bestellten Fahrten über die App [Taxi Deutschland] oder über unsere Zentrale 089 21610 erhältlich ist.“
Das Risiko liege nun beim Taxiunternehmer: Trug bisher der Fahrgast die höheren Preise aufgrund von Stau, Verkehr oder Umleitungen, so verlagert sich dies im neuen Modell auf den Taxiunternehmer. „Doch nicht nur hiervon profitiert der Kunde: Die neuen Pauschalpreise werden auf Basis der kürzesten Strecke errechnet, wodurch ein eventueller Umweg ebenfalls nicht mehr zu Lasten des Kunden geht. Basis ist der Grundpreis und die Wegstrecke aus dem Taxitarif.“ Die bisherige Fahrpreiskomponente „verkehrsbedingte Wartezeit“ werde je nach tageszeit- bzw. wochentagsspezifischer Verkehrssituation in die Pauschale hineingerechnet.
Auch die Taxi München eG bezeichnet es als „Challenge“, vom Tag des Stadtratsbeschlusses am 25. Juli bis zu dessen Inkrafttreten am morgigen 1. September das neue Verfahren technisch umzusetzen, das Fahrpersonal entsprechend zu schulen „und auch unsere Kunden zu informieren“. Doch der Aufwand sollte sich lohnen. Auch die Taxi München eG ist sich sicher, dass Pauschalpreise die Zukunft in der Fahrtvermittlung fürs Taxigewerbe sein werden.
Der Fahrdienstanbieter Free Now hat seinen Kunden ebenfalls eine ausführliche Information gegeben, die so klingt, als würde der bisherige Tarif komplett durch Festpreise abgelöst: „Mit der Umstellung auf den Festpreis für Taxifahrten in München wird direkt mit dem Angebot der Fahrt der Festpreis angezeigt.“
Die Münchner „Abendzeitung“ (az) hat die Pressemeldung des IsarFunks aufgegriffen. Sie schreibt, künftig „müssen“ Taxifahrer ihre Gäste fragen, nach welchem Tarif sie die Fahrt bezahlen wollen: Festpreis oder Taxameter. Für die Taxi-Unternehmen bedeute das jetzt eine aufwändige Umstellung. Die „az“ gibt auch die Erklärung des IsarFunks weiter, warum Festpreise für Einsteiger und Winker nicht möglich seien: „Grund dafür sei, dass der Festpreis immer von der Zentrale festgelegt werden müsse und das ohne vorherige Buchung nicht möglich sei.“
Auch in anderen Medien hat die Möglichkeit der Vereinbarung von Festpreisen in München große Resonanz gefunden. Aus Berlin, Hamburg und Leipzig wird bereits über Interesse an einer solchen Regelung berichtet, ebenso aus Stuttgart. Ablehnung gibt es dagegen in Remscheid und Solingen, wo Uber & Co. bislang keine nennenswerte Konkurrenz darstellen. Hier erachtet man die Festpreise für Fahrten über das Pflichtfahrgebiet hinaus als ausreichend. ar/jh
Beitragsbild: Symbolfoto Axel Rühle
Leider hat die „AZ“ da etwas missverstanden. Die Festpreise werden zwischen Taxiunternehmer und Kunde bei der Taxibestellung vereinbart. Diese Bestellung erfolgt in aller Regel über eine Taxizentrale oder APP.
Taxifahrer müssen also keineswegs ihre Fahrgäste nach der Abrechnungsart fragen.
Schön und gut. Aber die Kinderkrankheiten stecken hier noch im Detail.
Zum Beispiel:
Spontane Fahrtzieländerung. Das kann eigentlich jeder Fahrgast machen wie er will. Der Kunde ist König. Aber:
Jemand bestellt beispielsweise eine Fahrt vom Candidplatz zum Kieferngarten zum Festpreis für 35 Euro. Bald fällt ihm ein, daß er lieber nach Neuperlach will. An der Ohlmüllerstraße biege ich rechts ab und verlasse den vereinbarten Weg. Jetzt kommt’s:
Der Fahrgast muß trotzdem die vollen 35 Euro für die Fahrt in den Münchner Norden zahlen plus die Strecke ab der ich abbiege bis zum Ziel nach Tarif 1.
Ich habe für diese Info bei der Taxi eG angerufen und ja, es ist so, daß ich vom Kunden dann Geld verlangen muß für eine Leistung, die ich gar nicht erbracht habe. Schließlich habe ich weder Sprit noch Zeit investiert für die Weiterfahrt zum Kieferngarten. So weit alles klar?
Dasselbe gilt auch für die Fahrtunterbrechung.
Lässt mich mein Fahrgast auf dem Weg an einer Tankstelle über fünf Minuten warten, dann zahlt er für den Rest der Strecke doppelt. (Fixpreis und Tarif 1). Nach geltendem Recht und Gesetz.
Frage: Kann irgendein Taxifahrer ernsthaft diese ominöse Fahrpreiserhöhung seinen Kunden verkaufen?
Natürlich nicht.
Für diesen Fall wäre es die einfachste Lösung, wenn am Taxameter ein Knopf existiert, z.B. Taste 2, und beim Betätigen verschwindet der Fixpreis und es taucht der normale bisher aufgelaufene Preis auf, gemäß dem Tarif 1.
So einfach diese Lösung ist, so wichtig ist auch deren baldige Umsetzung.
Viele Grüße
Gute Idee, es soll ja fair bleiben
Der Pauschalpreis ist eine massive Lohnkürzung für mich, zumindest wenn er so wie bei IsarFunk berechnet wird. Festpreisfahrten von IsarFunk, die ich mit laufender Uhr ausgeführt habe, waren bis zu 25 % zu niedrig berechnet worden. Das kann doch nicht der Sinn des Festpreiskorridors sein, dass man damit unsere Tariferhöhung vom letzten Jahr wieder aushebelt.
Ich werde in die Zange genommen: einerseits eine Zentrale, die auf meine Kosten Rabbataktionen für ihre Kunden ausführt, andrerseits Plattform-Mietwagen wie Uber, die mir Aufträge wegnehmen. Kollegen sind keine von beiden!