Nach dem gestrigen Geburtstag von Blues-Legende Little Richard feiert heute ein noch lebender Musiker seinen 74. Geburtstag, der zumindest in seinem Heimatland auch von vielen bereits als Legende angesehen wird.
Letzte Woche Samstag hatten wir eine junge Musikerin im Adventskalender, die im Jahr 2020 einen Abend „partyorientiert“ verbringt und dabei auch ein Taxi in Anspruch nimmt, ohne sich über den Fahrer Gedanken zu machen. Etwas Ähnliches gab es 47 Jahre zuvor auch schon, die älteren Leser erinnern sich zum Teil: Telefone hatten Wählscheiben und waren mit Kabeln an der Wand befestigt, mit dem Wort „Rechner“ waren kleine, 200 Mark teure Geräte gemeint, die addieren, subtrahieren und Wurzeln ziehen konnten, und im Fernsehen, das in Westdeutschland und West-Berlin ausschließlich öffentlich-rechtlich war, präsentierten Dieter Thomas Heck und Ilja Richter die neuesten Hits.
Von diesen beiden Showmastern wurde auch unser heutiger Star im Adventskalender damals präsentiert, als er mit seinem Debüt-Album noch keinen großen Erfolg hatte, obwohl er bereits länger als Schauspieler bekannt war – wie seine Eltern. Schon mit 14 spielte der Düsseldorfer 1962 erstmals in einem Fernsehfilm mit. Ein Jahr später verlor er bereits den Vater.
Später interessierte er sich zunehmend für Musik, lernte autodidaktisch Gitarre und begann eine klassische Gesangsausbildung. Mit 18 war er Sänger in einer Rock’n’Roll-Band, eckte mit satirischen und provokanten Texten und Aktionen an und „rannte in Düsseldorf rum“, wie es später auf seinem Debüt-Album „Das erste Mal“ heißen sollte.
Nachdem er 1974 mit Anfang 20 mit seiner 17 Jahre älteren Lebensgefährtin, der Schauspielerin Katrin Schaake, nach Hamburg gezogen war, war er oft zu Gast in der WG „Villa Kunterbunt“, in der unter anderem Otto Waalkes und Udo Lindenberg wohnten.
1976 wurde er erst als Schauspieler erfolgreich („Aufforderung zum Tanz“ und die Fortsetzung „Theo gegen den Rest der Welt“) und 1978 schließlich mit seiner vierten LP „Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“. Nun war der Name Marius Müller-Westernhagen der Mehrheit der Deutschen bekannt.
1987 gab es eine Zäsur in mehreren Hinsichten: neue Lebensgefährtin, neuer Musikstil, neuer optischer Auftritt – Imagewechsel vom Provokateur zum adretten Anzugträger. Zu dieser Zeit gab er auch das Schauspiel zugunsten seiner musikalischen Karriere auf. Die Veränderung führte zu einer Aufspaltung seiner Fans in zwei Lager: Die einen finden seine Musik und seine Art seitdem cooler, ansprechender und weltmännischer, die anderen schätzen seine frühere, authentischere, gesanglich leidenschaftlichere Art, die in den 1990er-Jahren einer fragwürdigen Coolheit gewichen war.
Auch im heutigen Adventskalender-Türchen, das einen Auftritt in der Musiksendung „Disco“ von 1975 zeigt, also Jahre vor seinem Durchbruch, wirken die vordergründige Uncoolheit und der viel zu weite Anzug durch die ungekünstelte, unkommerzielle Art auf ihre Weise doch cool, und man erkennt bereits den technisch anspruchsvollen Gesangsstil, der bis in die späten 1980er-Jahre ein Markenzeichen von Marius Müller-Westernhagen war.
Happy Birthday, Marius, und fahre gerne weiterhin Taxi! ar
Alle Taxi-Songs des Taxi-Times-Adventskalenders finden Sie hier.
Beitragsbild: Screenshot aus dem Video