Zwei südafrikanische Taxiverbände streiten um lukrative Strecken im Minibus-Verkehr. Bei den mittlerweile kriegsähnlichen Auseinandersetzungen sind in diesem Jahr bereits über 82 Menschen getötet worden.
Allein in diesem Monat sollen 23 Opfer zu beklagen sein, darunter sowohl Fahrer als auch Fahrgäste. Die Polizei scheint machtlos und scheitert bei dem Versuch, die rivalisierenden Gruppen zu entwaffnen. Als Konsequenz haben die Taxiverbände ihre Fahrer angewiesen, zu Hause zu bleiben, was dazu führt, dass zehntausende Pendler nicht zur Arbeit kommen, denn für die zur Fahrgastbeförderung eingesetzten Minibusse gibt es keine Alternativen. Gemessen an deutschen Maßstäben sind die Betreiber der Minibusse ein Zwischending aus Linienverkehrsbetrieb und Taxianbieter.
Die Wirtschaft des für seine hohe Kriminalitätsrate bekannten Südafrika trifft das besonders hart, denn sie wurde bereits durch Inflation und Corona-Krise schwer geschädigt. Den Streit tragen zwei Taxiverbände aus: die Cape Amalgamated Taxi Association (Cata) und der Congress of Democratic Taxi Association (Codeta). Im Kern des Streits geht es um die Kontrolle der 38 Kilometer langen B97-Route im Südwesten des Küstenstaats zwischen der Industriestadt Paarl und Bellville, einem Vorort von Kapstadt. Wie der Chefdirektor des Westkap-Verkehrsministeriums, Yasir Ahmed erklärte, hat das umfassendere Problem jedoch mit der Taxiregulierung (oder deren Fehlen) und der mafiösen Struktur der Taxibranche in der Region Kapstadt zu tun. Ahmed erklärte, dass es registrierte lokale Routenverbände gibt, die mit den Planungsbehörden zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass auf einer Route Angebot und Nachfrage ausgeglichen sind. In der Realität hat das nicht gefruchtet, denn mehrere illegale Taxiunternehmen errichteten ihren eigenen Taxistand und schlossen sich zum Schutz einer der beiden „Mutterorgane“ – Cata oder Codeta – an. In Ermangelung einer angemessenen Strafverfolgung sahen sich die zuvor gesetzestreuen lokalen Verbände gezwungen, auch den rivalisierenden Organisationen beizutreten.
Ahmed führte auch an, dass Taxiunternehmen aktiv Familienmitglieder von Angestellten der Strafverfolgungsbehörden rekrutierten, um so die Polizei auf ihre Seite zu ziehen. Dabei betonte er, dass Angehörige der Strafverfolgungsbehörden und ihre unmittelbaren Familien keine Taxibetriebslizenzen besitzen dürfen. Weiterhin erklärte er, dass derzeit sowohl Cata als auch Codeta unter Führungsinstabilität leiden. Catas Vorsitzender wurde im April erschossen, und seit seinem Tod wurden ältere Anführer durch jüngere und aggressivere Persönlichkeiten ersetzt. Codetas langjähriges Oberhaupt starb ebenfalls im September 2020. All diese Faktoren zusammengenommen machen beide Assoziationen wahrscheinlich nervöser und schießfreudiger als gewöhnlich. Darüber hinaus stünden in diesem Jahr noch Taxiratswahlen an, und dann komme es fast immer zu einem Anstieg der gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Zivilisten haben nun aus gutem Grund Angst, ins Kreuzfeuer zu geraten, wenn Taxikugeln fliegen. In bestimmten Gegenden ist das Taxifahren zu einem lebensbedrohlichen Geschäft mit Auftragskillern geworden.
Um die aktuelle Eskalation zu beenden, hat der Verkehrsminister der Provinz Westkap kurzerhand die umkämpfte Strecke für die Dauer von zwei Monaten für Minibusse gesperrt. Die Frankfurter Allgemeine zitiert den Minister wie folgt: „Wir können nicht länger von einigen wenigen Kriminellen als Geisel gehalten werden, die weiterhin die Interessen vieler gesetzestreuer Taxifahrer untergraben und das Leben sowie die Lebensgrundlage unserer Einwohner bedrohen!“
Bei diesen Nachrichten bleibt man sprachlos und wünscht der Mehrheit der friedlichen südafrikanischen Kolleg*Innen einfach nur alles erdenklich Gute. rw
Beitragsfoto: Viele Tote und Verletzte gehen auf das Konto der Auseinandersetzung. Quelle: SABC-News