Taxi-Protest – die Zweite. Mit einer Demonstration vor der Bayerischen Staatskanzlei haben rund 500 Taxiunternehmer und Fahrer abermals gegen das Taxi-Eckpunktepapier von Verkehrsminister Scheuer protestiert. Betroffene Unternehmer fanden klare Worte. Von der bayerischen Staatsregierung stellte sich der Verkehrsminister Dr. Hans Reichhart den Demonstranten.
Weil Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer mit seinen kürzlich veröffentlichten Eckpunkten zur Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) die Existenz des Taxigewerbes gefährdet, geht das Taxigewerbe in Deutschland derzeit auf die Barrikaden, um das Verkehrsministerium zur Rücknahme der Eckpunkte zu bewegen. Teil zwei der Protestaktionen wurde unter Federführung des Taxi-Bundesverbands BZP und dessen angeschlossenem „Landesverband Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmer“ durchgeführt. Zwischen 10 und 12 Uhr haben zahlreiche Taxizentralen ihre Auftragsvermittlung eingeschränkt. Parallel dazu fand eine Demonstration unmittelbar vor der Bayerischen Staatskanzlei statt.
Dort hatten sich rund 500 Taxikolleginnen und Taxikollegen versammelt und mit Bannern und Plakaten nicht nur eine Rücknahme der Eckpunkte gefordert, sondern auch ein Verbot der Uber-Apps. Dabei mischten sich zu den „Uber-Raus“-Rufen der Kollegen auch „Scheuer muss weg“ Sprechchöre. In der bayerischen Landeshauptstadt und am angeschlossenen Flughafen vermittelt der US-Fahrtenvermittler Uber etliche Aufträge an Partner-Unternehmen, die zwar über gültige Mietwagenkonzessionen verfügen, aber täglich gegen geltende gesetzliche Bestimmungen verstoßen.
Dazu zählt unter anderem auch die Rückkehrpflicht zum Betriebssitz nach jeder Fahrt. Doch anstatt mit Kontrollen und empfindlichen Sanktionen durchzugreifen, hält man es für den einfacheren Weg, das Personenbeförderungsgesetz zu novellieren, um damit bisheriges illegales Handeln zu legitimieren. Verkehrsminister Andreas Scheuer schlägt in seinem Eckpunktepapier unter anderem die Aufhebung der Rückkehrpflicht oder auch der Einzelplatzvermietung vor. BZP-Vizepräsident Hermann Waldner bezeichnete das auf der Münchner Demo als „Schlag ins Gesicht“ für die Taxibranche mit ihren 250.000 Arbeitsplätzen. Auch Gregor Beiner macht sich Sorgen um die Existenz seiner 250 Angestellten und um die rund 8.000 Mitarbeiter im Münchner Taxigewerbe. Er könne nicht verstehen, warum die deutsche Politik im Falle der geplanten Änderung des PBefG diejenigen schützen will, die keine Steuern zahlen. Fahrten günstiger als den Taxitarif anzubieten und davon dann auch noch 25 Prozent Provision zu kassieren, laufe ohne Wenn und Aber auf eine Ausbeutung der Fahrer hinaus, die weit unterhalb des Mindestlohns bezahlt werden.
Beiner selbst ist 33 Jahre alt und betreibt mit Partnern die größte Taxiflotte in München, darunter auch zehn vollelektrische Fahrzeuge. Was ihn besonders ärgert, sind die ständigen Behauptungen, digitalen Mobilitätswandel könnten nur die anderen. Beiner widerspricht: „Die erste digitale Vermittlung fand im Taxi statt. Die erste Buchung eines Taxi-Pooling (geteiltes Taxi) wurde schon vor Jahren in München angeboten. Die modernsten Flotten inklusive Teil- und vollelektrischer Antrieben stellt das Taxi. Die erste Taxi-App mit europäischer Reichweite kam aus dem Taxigewerbe und auf dem Land sind es die dortigen Taxiunternehmer, die dank digitaler Technik und persönlicher Erfahrung funktionierende Anruf-Taxi-Systeme am Laufen halten. „Andreas Scheuer hat anscheinend kein Interesse an solchen Fakten“, schlussfolgert Beiner und fordert den Verkehrsminister auf: „Arbeiten Sie mit uns an einer fairen Zukunft der Mobilität.“
Faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen gibt es speziell in München nicht, was den Einzelunternehmer Coskun Bagci extrem wütend macht. „Mein Handy ist voller Fotos mit Uber-Autos, die jeden Tag gegen die Rückkehrpflicht verstoßen. Die klauen unser Brot.“ Der Mehrwagenunternehmer Eyup Tanriverdi (47), verheiratet, drei Kinder, kritisiert in diesem Zusammenhang die Aufsichtsbehörden. „Ein Gutachten spricht davon, dass 700 Taxikonzessionen in München abgebaut werden sollen. Doch in Wahrheit werden täglich neue Mietwagen genehmigt.“ In Hörweite vom Büro des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder rief Tanriverdi diesem zu, er solle sein Wahlversprechen „Bayern first“ endlich einlösen, damit mit den Eckpunkten seines Parteikollegen Scheuer nicht „Amerika first“ zum Motto werde. „Sorgen Sie dafür, dass wieder Ordnung und Recht auf Münchner Straßen herrschen.“
Auch der Münchner Einzelunternehmer Werner Hillermann schäumt vor Wut: „Ich will als Taxifahrer kein Millionär werden, aber ich will von meiner Arbeit als Taxifahrer leben können.“
Frank Kuhle, Organisator der Taxidemo und Vorstand des Verbands Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmer, will sich von der Politik in den vielen zuletzt geführten Gesprächen nicht länger beschwichtigen lassen. Wenn dann solche Eckpunkte dabei rauskommen, fühlen wir uns für dumm verkauft“, wettert Kuhle. „Ab jetzt gibt es keine Suche nach dem Konsens mehr, ab jetzt stimmen wir mit den Füßen ab. Wir werden uns mit euch anlegen.“ Ministerpräsident Söder forderte er auf, nach unten auf die Bühne zu kommen und den anwesenden Taxifahrerinnen und Fahrern, deren Existenz gerade zerstört werde, in die Augen zu schauen.
Söder kam nicht auf die Straße, aber sein Verkehrsminister Dr. Hans Reichhart hatte – nahezu unbemerkt – kurz nach Beginn der Kundgebung die Bühne betreten und alle Rednern zugehört. Er richtete anschließend ein paar persönliche Worte an die Demonstranten, bei denen er betonte, dass man kein Sozialdumping erlauben werde. Als Herr Reichhart allerdings davon sprach, dass in Bayern bestehende Gesetze auch eingehalten werden, erntete er lautes Gelächter und Buhrufe. Die Kollegen wissen eben besser, dass dies bei den Wettbewerbern wie Uber gerade nicht der Fall ist. jh
Zur Münchner Taxidemo, über die nahezu alle lokalen wie landesweite Medien berichteten, waren Kolleginnen und Kollegen aus ganz Bayern angereist (siehe nachfolgende Fotos). Ihre Wut und Empörung richtet sich nicht nur gegen Uber und die Politik, sondern auch gegen den eigenen Partner mytaxi. Der App-Vermittler hatte im Vorfeld zum Boykott der Demo aufgerufen und die Fahrer sogar mit einer Prämie von 50 Euro geködert, wenn sie stattdessen Aufträge fahren. jh
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Super meine lieben Kollegen und Kolleginnen Wir dürfen nicht aufgeben damit unser Beruf nicht ausstirbt es durch diese Lage auch immer schwieriger Neues Personal zu finden denn Uber setzt keine Ortskundeprüfung voraus.
Gebt nicht auf
Euer Kollege aus der Hauptstadt Christian
Schade dass der bayrische Taxi und Mietwagenverband nicht über email über die Demo informiert hat. Ich habe aus dem Radio davon erfahren und hätte gerne mitdemonstriert, aber da war es schon zu spät.