Die Mobilitätsdatenverordnung (MDV) verpflichtet Vermittler und Taxiunternehmen mit Angestellten ab Januar 2022 zur Bereitstellung bestimmter Daten. Einzelunternehmer sind gut beraten, es als Mittel im Kampf gegen Uber & Co. ebenfalls zu tun.
In einem Rundschreiben erinnert der Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) die angeschlossenen Unternehmen im Gelegenheitsverkehr an die mit der neuen Mobilitätsdatenverordnung gemäß PBefG-Novelle einhergehenden neuen Pflichten. Danach sind viele Unternehmen schon ab Januar 2022 verpflichtet, ihre statischen Unternehmensdaten an den Nationalen Zugangspunkt NAP bzw. den Mobilitätsdatenmarktplatz MDM zu übermitteln. Ab Mitte 2022 gilt dies auch für dynamische Daten.
Von der Datenbereitstellungspflicht sind demnach aus dem Gewerbe allerdings grundsätzlich nur Unternehmer und Vermittler von Beförderungsdienstleistungen nach dem PBefG betroffen. Einzelunternehmer ohne eigene Mitarbeiter oder Solo-Selbstständige sind nicht verpflichtet, Daten bereitzustellen, können sich allerdings freiwillig an der Datenbereitstellung beteiligen. Die Bereitstellungspflicht findet keine Anwendung auf Sonderformen des Linien- bzw. Gelegenheitsverkehrs wie zum Beispiel Theater- und Schülerfahrten oder Ausflugsfahrten und Ferienziel-Reisen. Dies gilt auch für Ausflugsfahrten mit angemieteten Bussen.
Wann soll nun was genau wohin übermittelt werden?
– ab 01.01.2022: Name und Kontaktdaten des Anbieters, Bediengebiet und -zeiten, Standorte und Stationen einschließlich ihrer Anzahl, Preise, Buchungs- und Bezahlmöglichkeiten, Daten zur Barrierefreiheit sowie zum Umweltstandard der eingesetzten Fahrzeug.
– ab 01.07.2022: Daten zur Verfügbarkeit von Fahrzeugen an Stationen und im Verkehr inklusive deren Auslastung in Echtzeit sowie Daten zu den tatsächlich abgerechneten Kosten. Bezüglich der dynamischen Daten verweist ein Flyer des damaligen BMVI (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur) darauf, dass „nur solche Daten verfügbar zu machen (sind), die bereits in maschinenlesbaren Formaten vorliegen, d. h. aus der Verordnung ergibt sich keine Verpflichtung zur Erhebung neuer Daten.“
– Die notwendige Registrierung kann nun über den Mobilitäts-Daten-Marktplatz MDM erfolgen.
Über den Sinn oder Unsinn der neuen Verordnung äußerte sich zuletzt Thomas Grätz, ehemaliger Verbandsjurist, sehr dezidiert (Taxi Times berichtete). Grätz definierte dabei die nicht zur Teilnahme verpflichteten „Einzelunternehmen“ als „alle Personengesellschaften bis hin zur GmbH mit einem Alleingesellschafter“. Er wies dabei auch darauf hin, dass ein nicht stringenter Zusatz im neuen PBefG dieser Definition möglicherweise zuwider laufe, welcher schon mit der Beschäftigung von Personal den Verpflichtungsfall definiere. Letztendlich müsse man abwarten, ob die Daten auch von diesen kleineren Unternehmen eingefordert würden. Da derzeit allerdings noch keine Bußgelder festgelegt seien, sei Abwarten und Teetrinken seiner Ansicht nach wohl die richtige Strategie.
Eine konträre Ansicht drängt sich allerdings mit dem Blick auf die digitale Zukunft auf: Verpasst insbesondere das Taxigewerbe hier den Einstieg in die kommenden multimedialen Jahrzehnte, dann stehen konkurrierenden Anbietern wie Moia oder Uber Tür und Tor offen, die Branche unaufholbar zu überholen. Zukünftige Onlineplattformen, die die verschiedenen Mobilitätsangebote vernetzen wollen, werden mit großer Wahrscheinlichkeit auf eben diesen Mobilitätsdatenmarktplatz zugreifen, um den Fahrgästen der Zukunft eine Mobilitätskette von Haus zu Haus anbieten zu können. Wenn die Dienstleistung Taxi darin nicht zu finden ist, dann werden andere Anbieter diese Lücken wohl endgültig für sich erschließen. Nach dieser Wahrnehmung wäre es aus Branchensicht also mehr als sinnvoll, sich hier von Anfang an zu engagieren – auf freiwilliger Basis, sogar auch als Einzelunternehmen.
Zu Ende gedacht müssten dann aber auch schon ab dem kommenden Sommer die notwendigen dynamischen Daten verfügbar gemacht werden, also auftrags- aber nicht personenbezogene Daten, GPS-Daten, der Status besetzt/frei oder auch Gesamtfahrstrecken bzw. Fahrpreise. Die dazu gehörigen Fahrpreis-Algorithmen werden in Form der Tarife parallel von den ebenfalls zur Teilnahme verpflichteten Genehmigungsbehörden zur Verfügung gestellt werden. Die tatsächliche Eingliederung des Taxis in solche Mobilitätsketten kann wiederum wohl nur gelingen, indem die Zentralen oder auch App-Anbieter wie taxi.de an dieser Stelle mit eingebunden werden, um DsGVo-konforme Datensätze in Echtzeit zu liefern, ohne den einzelnen Unternehmen einen zu großen Mehraufwand zuzumuten.
Natürlich werden dann die Genehmigungsbehörden oder auch die Finanzämter mit neugierigem Blick auf diese Datenflut schauen. Glaubt man allerdings den ursprünglichen Zielen der Mobilitätsdatenverordnung, dann wäre die Erstellung der dafür notwendigen unternehmensbezogenen Datensätze eben unmöglich, vor allem weil die erhobenen Datensätze von Anfang an anonymisiert geliefert und dann sofort unumkehrbar in den Gesamtdatensatz mit eingepflegt werden sollen. Somit wären dann lediglich solche Daten verfügbar, die ein grobes Bild der lokalen Gewerbeaktivitäten aufzeigen, ohne jedoch weitere Differenzierungen zuzulassen. Und etwas anderes lässt sich wohl auch unter den wachsamen Augen unserer sechzehn Landesdatenschützer kaum vorstellen, denn anderenfalls wäre einem Missbrauch sofort Tür und Tor geöffnet.
Für die somit anstehende Entscheidung muss das Gewerbe so schnell wie möglich Farbe bekennen, ob es offensiv die Herausforderungen der neue Zeit als Chance nutzen will, oder ob es sich in der Position des Bedenkenträgers im zivilen Ungehorsam wohler fühlt und das Risiko eines dann sicherlich erheblich gläsernenen Gewerbes wie so häufig in der Vergangenheit scheuen wird. Interessant ist dabei, dass hier ausnahmsweise nicht die Verbände für die Branche sprechen, sondern dass jedes Unternehmen selbst seine Entscheidung realisieren muss. Man darf gespannt sein, welche Entscheidung sich herauskristallisieren wird. rw
Titelgrafik: BMVI; Collage: Remmer Witte
Den großen Mobilitätsanbietern (Uber, FreeNow , MOJA…) wird auf dem MDM Portal der Bundesanstalt für Straßenwesen eine neue Werbeplattform geboten. Nach den Vorgaben der EU wird man in Europa über eine APP Angebote in seiner Umgebung finden und auch buchen können.
Die dynamischen Daten müssen dann ab Mitte 2022 von den Anbietern an das MDM Portal geliefert werden (Verkehrsmittel, Standort, Status frei/besetzt…) . Ausgenommen sind im Taxi- und Mietwagenbereich Kleinunternehmer ohne Personal.
Die Systemtechnik im Taxi/Mietwagen muss erweitert werden. Taxameter- oder Stickdaten zu speichern war gestern. Das Fahrzeug wird zum mobilen Client mutieren und somit transparent für Kunden und Behörden werden. Kunden können mit den MDM Plattformdaten direkt ein Taxi buchen oder den Weg zum Reiseziel mit verschiedenen Mobilitätsanbietern optimieren.
Jedes Taxi/Mietwagen sollte das MDM Portal nutzen und sich jetzt registrieren.
Systemanbieter müssen Klein- und Großunternehmern preiswerte MDM Lösungen anbieten. Dazu übergibt der Unternehmer seine E-Mail Adresse, MDM Organisations-ID und MDM-Benutzer-Zertifikat an den Systemanbieter der dann die dynamischen Daten aus er Smartphone APP im Auftrag des Unternehmers an das MDM Portal überträgt. Die Dienstleistung sollte pro Fahrzeug und Monat ca. € 3,00 betragen.
Manfred Schröder – PayCo GmbH
Ich habe mich diese Woche dort freiwillig registriert. Ich erkenne in dem Portal auch, dass sich diverse Dienstleister-Flotten dort gut positionieren können. Als Kleinunternehmer scheitert man wohl eher an dem technischen und marktstrategischen Verständnis, wenn man kein IT-Fachmann:frau oder Werbe-Fachmann:frau ist. Wie das Taxi sich dort mit seinen mannigfaltigen und großherzoglichen einzeln agierenden Taxiflotten als starker Partner auftreten will, bleibt mir allerdings ein Rätsel. Ich befürchte das Schlimmste …
Bin begierig, auch diese Daten schnellstens bereitzustellen. Kanns kaum erwarten, mich 100% transparent zu machen. Suche allerdings vergebens nach Anfragen zu meiner politischen Einstellung, meinen privaten Kontakten, meinen sexuellen Vorlieben, Schlaf- und Essenszeiten und, wo ich meinen Urlaub verbringe. Da bestünde noch Nachholbedarf. Aber – lassen wir den Kopf nicht hängen: Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut! (PS: Ihr Traumtänzer werdet Euch eines Tages von Euren Kindern fragen lassen müssen: „Papa, Mama, wo wart ihr, als das alles geschah!“)