Nach langem Hin und Her wurde der Dienstag vor Weihnachten für das Inkrafttreten des neuen Hauptstadt-Taxitarifs bekanntgegeben. Für Berliner Fahrer ändern sich beide Tarifstufen, für Fahrer aus dem LDS nur die Flughafen-Tarifstufe. Berliner Taxameter müssen bereits vor dem 20.12. umprogrammiert sein.
Die vom Berliner Taxigewerbe lange ersehnte Tariferhöhung kommt am 20. Dezember, wie die Pressestelle der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz (SenUMVK) gegenüber der Berliner Taxi-Times-Redaktion telefonisch bestätigt hat. Der finalen Abstimmung im Berliner Abgeordnetenhaus war ein langes Hin und Her mit kontroversen Debatten und einem nötigen Abstimmen mit dem Landratsamt des Landkreises Dahme-Spreewald (LDS) vorausgegangen, der wegen der gemeinsamen Flughafen-Tarifstufe seit Frühjahr 2022 stets seine Zustimmung geben muss.
Bis zum Abend des 19.12.2022 müssen alle Berliner Taxameter umprogrammiert sein. In einem Schreiben der SenUMVK an die Verbände heißt es: „Dieses Mal gibt es keine 14-tägige Umstellungsfrist, sondern der neue Tarif wird manuell in den Taxametern für den 20.12.22, 0 Uhr, hinterlegt. Ab diesem Tag ist er von allen Taxen zu nutzen.“ Ob das organisatorisch zu bewältigen ist, wird sich zeigen. Die Taxameterwerkstätten warten jetzt auf die offizielle Freigabe der Zahlen durch die Behörden, um den Tarif in die Taxameter einprogrammieren zu können. Das kann sich nach Einschätzung eines Betreibers bis in die letzte Novemberwoche hinziehen.
Der im Landkreis Dahme-Spreewald (außer bei Abfahrt am Flughafen BER) geltende Tarif bleibt vorerst unverändert. Für Taxifahrer mit den Kennzeichen LDS, KW, LC und LN ändert sich nur die Flughafen-Tarifstufe, wobei hier der Zeitpunkt der Änderung noch nicht feststeht.
Der Grundpreis steigt – sowohl im Berliner als auch im BER-Tarif – um 10,26 Prozent von 3,90 auf 4,30 Euro.
Neu im Berliner Tarif ist eine zweite Degressionsstufe. Der Kilometerpreis sinkt künftig nicht mehr nur einmalig bei Kilometer 7, sondern zweimal: Während bisher die ersten sieben Kilometer mit jeweils 2,30 Euro und jeder weitere Kilometer mit 1,65 Euro berechnet wurden, zahlt der Fahrgast künftig für die ersten drei Kilometer jeweils 2,80 Euro, für den vierten bis siebten Kilometer jeweils 2,60 Euro und danach jeweils 2,10 Euro.
Der Preis ab der zweiten Warteminute steigt von 55 auf 65 Cent pro Minute Wartezeit. Der Zuschlag für Großraum- und Rollstuhltaxis steigt von 5 auf 6 Euro. Der Kurzstreckentarif bleibt unverändert.
Beim BER-Tarif bleibt die eine Degressionsstufe bestehen, wobei der Kilometerpreis für die ersten fünf Kilometer von 2,20 auf 2,70 Euro und der für jeden weiteren Kilometer von 1,75 auf 2,10 Euro steigt.
Anders als ursprünglich geplant wird die Wartezeit im BER-Tarif – ebenso wie im Berliner Tarif – 65 Cent pro Minute kosten, nicht 60 Cent. Beim bisherigen Minutenpreis von 50 Cent ist dies eine Erhöhung um 30 Prozent.
Auch im BER-Tarif, der für Fahrten ab dem Flughafen (aber nicht zum Flughafen) gilt, steigt der Großraumzuschlag um 20 Prozent von 5 auf 6 Euro.
Der direkte Vergleich der drei Tarife ist nicht einfach, da die drei Tarife unterschiedlich strukturiert sind. So enthält der LDS-Tarif als einziger einen Anfahrt-Kilometerpreis (70 Cent) sowie einen Zuschlag von einem Euro je sperrigem Gepäckstück. Die einzige Degressionsmarke des LDS-Tarifs liegt bei Kilometer 3. Der Zuschlag für die Beförderung von mehr als vier Personen im Großraumtaxi liegt hier einen Euro unter denen der beiden anderen künftigen Tarife. Auch die Kilometerpreise und der Wartezeitpreis des vier Jahre alten LDS-Tarifs liegen deutlich unter denen der beiden anderen Tarife, wobei im LDS-Tarif der Kilometer nachts und an Sonn- und Feiertagen zehn Cent mehr kostet als sonst.
Der gemeinsame BER-Tarif, der nur für Fahrten ab dem Flughafen gilt (während Fahrten zum Flughafen nach dem jeweils anderen Tarif berechnet werden), enthält als einziger den Zuschlag für die BER-Ladeleiste, so dass eine Fahrt für Einsteiger an den Ladeleisten 1,50 Euro mehr kostet, als wenn das Taxi auf einen Kurzzeitparkplatz oder an eine andere Stelle des Flughafengeländes bestellt wird (wobei das Gelände in keiner Verordnung geografisch exakt definiert ist). Die einzige Degressionsmarke des BER-Tarifs liegt bei Kilometer 5.
Der Berliner Tarif hat als einziger den Kurzstreckentarif, der Winkern auf Wunsch einen Pauschalpreis für Fahrten bis zwei Kilometer ohne Zwischenstopp ermöglicht. Die neue Fassung ab 20.12.2022 enthält eine neue Degressionsstufe bei Kilometer 3 sowie die bisherige bei Kilometer 7.
Solange der reguläre Tarif des Landkreises Dahme-Spreewald, der seit dem 4.12.2017 gilt, nicht erhöht wird, kosten Fahrten ab dem Flughafen BER (und Fahrten innerhalb Berlins) ab 20.12.2022 erheblich mehr als andere Fahrten innerhalb des LDS.
Dadurch, dass der Kilometerpreis des Berliner Tarifs nach 7 km der gleiche ist wie der im BER-Tarif nach 5 km und der Flughafen gut 7 km hinter der Stadtgrenze liegt, kostet jede Fahrt von Berlin zum BER 40 Cent weniger als die gleiche Fahrt in umgekehrter Richtung, wenn der Fahrgast am Flughafen an einer Ladeleiste einsteigt, wo 1,50 Euro Zuschlag für die „Nutzung kostenpflichtiger Taxeninfrastruktur mit Aufruf zur Ladung am Flughafen je Aufnahme“ fällig sind. Steigt der Reiserückkehrer stattdessen an einem anderen Punkt des Flughafengeländes (etwa auf einem der Kurzzeitparkplätze oder an einem Parkhauseingang) in ein bestelltes Taxi, so ist die Rückfahrt vom Flughafen nach Berlin aufgrund des entfallenden Zuschlags stets 1,10 Euro billiger als die Hinfahrt zum BER. Eine 24-Kilometer-Fahrt vom Alexanderplatz zum BER kostet bisher 48,10 Euro, künftig 58,90 Euro.
Bei Fahrten von einem Ort im Landkreis Dahme-Spreewald zum BER ist die Preisdiskrepanz zur Rückfahrt höher und steigt mit der Fahrstrecke. Fährt ein Fahrgast aus dem 10 km vom BER entfernten Eichwalde mit einem heimischen Taxi tagsüber zum Flughafen, so zahlt er 22,10 Euro. Für die Rückfahrt zahlt er bei Einstieg an einer Ladeleiste bisher 25,20, künftig 29,80 Euro – gut 18 Prozent mehr als für die bisherige Rückfahrt und sogar ein Drittel mehr als für die Hinfahrt. Ein Bewohner des 80 Kilometer entfernten Ortes Lieberose zahlt für die Hinfahrt zum BER tagsüber 141,10 Euro. Für die Rückfahrt nach Hause zahlt er bisher 147,80 Euro, künftig 176,80 Euro, eine Preissteigerung um 19,6 Prozent und immer noch gut ein Viertel mehr als für die Hinfahrt.
Insgesamt steigen im Berliner Tarif und im BER-Tarif also die Preise für kurze Fahrten etwas stärker als die für längere Fahrten. ar
Beitragsbild: Axel Rühle
Hinweis der Redaktion: In unserer bundesweiten Tarifübersicht sind zahlreiche deutsche Taxitarife im Vergleich dargestellt.
Wie viel telefonische Zusagen einer Berliner Behörde wert sind sieht man daran, dass der angekündigte Tarif weder in der Ausgabe vom 12.11.2022 noch in der heutigen (18.11.2022) des Gesetz- und Verordnungsblattes von Berlin erschienen ist.