Die „Innung“ des Berliner Taxigewerbes wird das sechste Mitglied im Taxi- und Mietwagenverband Deutschland e. V. (TMV). Die drei größeren Berliner Landesverbände bleiben im BVTM.
Der TMV hat am Rande der Europäischen Taximesse (ETM) in Köln bekanntgegeben, dass die „Innung des Berliner Taxi-Gewerbes e. V.“ einen „Antrag auf Vollmitgliedschaft“ bei dem Dachverband gestellt hat. Nach knapp einjähriger „assoziierter Partnerschaft“ hatten die Mitglieder der „Innung“ auf der diesjährigen Mitgliederversammlung den mehrheitlichen Beschluss zum formalen Beitritt gefasst.
Ende letzten Jahres hatten die Mitglieder nach längerem Mitgliederschwund und finanziellen Problemen mehrheitlich beschlossen, ihre Mitgliedschaft im Bundesverband zu kündigen. Für den gleichzeitigen Beitritt zum TMV hatte sich zunächst keine Mehrheit gefunden, obwohl Hauptgeschäftsführer Patrick Meinhardt auf der Jahreshauptversammlung der „Innung“ im Dezember 2023 leidenschaftlich für eine Mitgliedschaft geworben hatte (Taxi Times berichtete). So ging man zunächst die informelle Partnerschaft ein.
Dem TMV ist ein Mitglied in der Bundeshauptstadt wichtig. Im Unterschied zum Bundesverband hat der TMV, der sich ebenfalls als Bundesverband versteht, bislang nur fünf Mitglieder in vier Bundesländern, während der BVTM über 40 Mitglieder in 14 Bundesländern hat. Wann genau die Berliner „Innung“ formal beitritt, wurde nicht bekanntgegeben.
Berlin hat in Sachen Landesverbände eine bewegte Geschichte. Die „Innung“ war lange Zeit der einzige und überregional bekannte West-Berliner Landesverband und über Jahrzehnte Mitglied im Bundes-Zentralverband Personenverkehr (BZP), dem heutigen Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM). Der legendäre Heinz Peter war von 1983 bis 1995 Chef beider Verbände gleichzeitig. Obwohl die Wurzeln des Vorgängerverbandes der heutigen „Innung“ bis 1900 zurückreichen, ist die Bezeichnung „Taxi-Innung“ so etwas wie ein PR-Gag, da eine Innung gewöhnlich die Interessenvertretung einer Handwerkssparte, also von Unternehmern eines Ausbildungsberufes ist. Deshalb werden für die Bezeichnung jenes Berliner Taxi-Gewerbeverbandes meist Anführungszeichen verwendet. Auch bei der „Innung“ selbst war dies lange Zeit üblich.
Als zunehmend Mitglieder der „Innung“ unzufrieden waren, gründeten einige, hauptsächlich Mehrwagen-Unternehmer, einen Konkurrenzverband, die Berliner Taxi-Vereinigung (BTV). Diese wurde später in Taxiverband Berlin umbenannt und heißt heute Taxiverband Berlin, Brandenburg e. V. (TVB). Als Anfang der 2010er-Jahre Mitglieder beider Verbände unzufrieden waren, wurde ein dritter Verband gegründet, der wiederum BTV hieß und noch heute so heißt.
Später wurde mit dem Berliner Taxibund (BTB) ein vierter und mit Taxi Deutschland e. V. ein fünfter Landesverband gegründet. Letzterer ist heute der einflussreichste Berliner Landesverband. Die „Innung“ ist heute ein kleinerer Verband aus Einwagen-Unternehmern, genießt aber wegen seines Namens noch immer eine hohe Bekanntheit und ist häufig erster Ansprechpartner für Medien. Politische Entscheidungen werden auf Landesebene eher von Taxi Deutschland beeinflusst, zum Teil unter Mitwirkung des BVTM. Mit Ausnahme der BTV sind alle Landesverbände im Anhörungsverfahren der Berliner Verwaltung. Mitglied im BVTM sind Taxi Deutschland, der TVB und die BTV als Verbände, außerdem Taxi Berlin als größte Taxivermittlung Deutschlands.
Der TMV spricht in seiner Pressemeldung von „strahlenden Gesichtern“ auf seiner Mitgliederversammlung in Köln anlässlich des Beitritts eines Landesverbandes am Ort des Verbandssitzes. Der Vorsitzende der „Innung des Berliner Taxigewerbes“, Leszek Nadolski, wird zitiert: „Wir wollen bei der TMV-Familie nicht nur Mitglied sein, sondern uns aktiv einbringen. Und gerade die Erfahrungen, die wir in Berlin mit den 1.700 illegalen Mietwagen haben, können für uns alle eine gute Grundlage sein, um bei Uber & Co. noch viel offensiver und klarer zu werden.“
Auch TMV-Präsident Thomas Kroker zeigt sich erfreut: „Gerade bei der Ausarbeitung der Grundlagen für den Berliner Tarifkorridor haben wir schon mit unserer Expertise aktiv mitgearbeitet und dringen auch auf eine schnellstmögliche Umsetzung eines Mindesttarifs für Mietwagen. Nur beide Maßnahmen zusammen entfalten die richtige Wirkung.“ TMV-Hauptgeschäftsführer Patrick Meinhardt, der „schon die ganze Zeit mit Leszek Nadolski und der Innung engstens zusammen“ arbeitet, berichtet: „ Wir waren gemeinsam im Abgeordnetenhaus bei der Senatorin für Verkehr Ute Bonde und beim hochengagierten SPD-Verkehrspolitiker Tino Schopf, der von der Innung für sein Engagement auch ausgezeichnet wurde, bei der Führung der Berlinale, um diese zu überzeugen, von Uber als Sponsor Abstand zu nehmen, und jetzt gerade am Montag bei der Übergabe der E-Taxen unter dem Motto ‚Ick bin E-Berliner’ mit der Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey.“
Da die Taxi-„Innung“ im kommenden Jahr ihr 125- jähriges Jubiläum begeht und eine große Feier ausrichten will, hat der TMV bereits beschlossen, seine Jahresversammlung damit zu verbinden und so gemeinsam mit den Berlinern feiern zu können. ar
Beitragsbild: TMV-Vizepräsident Markus Gossmann, TMV-Hauptgeschäftsführer Patrick Meinhardt, TMV-Schatzmeister Alfred Lehmair, TMV-Vizepräsidentin Gundula Hauenstein, „Innungs“-Vorsitzender Leszek Nadolski, TMV-Präsident Thomas Kroker und TMV-Vizepräsident Jörg Füchtenschnieder (v.l.n.r.). Foto: TMV (Ränder mit KI erweitert)