Als die Berliner Landespartei Bündnis 90/Die Grünen in einem Hotel am Alexanderplatz tagte, war die Berliner Taxi-„Innung“ mit einer Kundgebung zur Stelle. Sie musste nicht lange in der Kälte stehen. Es kam zu sehr konstruktiven Gesprächen, wie „Innungs“-Chef Leszek Nadolski gegenüber Taxi Times verriet.
Die Tageszeit war nicht die attraktivste: Wer Samstagmorgen um halb zehn in seiner Freizeit demonstriert, dem muss es wirklich ernst sein. Die „Innung“ des Berliner Taxigewerbes ist in diesem Jahr besonders öffentlichkeitswirksam präsent, sei es an einem kalten Samstagmorgen beim Landesparteitag der CDU in Schönefeld, mit diversen Mahnwachen bei Veranstaltungen verschiedener Parteien, mit der Scheuerwehr-Tour durch alle Landeshauptstädte – und vergangenen Samstag früh bei ungemütlichem Wetter am Hotel Park Inn by Radisson Berlin Alexanderplatz.
In dem stadtbildprägenden Hochhaus nahe dem Fernsehturm fand vorgestern der Landesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen statt, die gemeinsam mit SPD und Linkspartei das Bundesland Berlin regiert und im Senat für die Verkehrspolitik verantwortlich ist.
„Was als Mahnwache begann, mündete in konstruktive Gespräche bei der Landesdelegiertenkonferenz“, berichtete der Vorsitzende Leszek Nadolski gegenüber Taxi Times. Die Fraktionschefin Antje Kapek und andere Landespolitiker hätten sich spontan mehr als nur ein bisschen Zeit genommen, um mit den Gewerbevertretern zu sprechen. Diese hatten zunächst vor dem Hotel mit dem schon mehrfach eingesetzten Taxi mit Sarg auf dem Dach („vom Aussterben bedroht!“) und mit Transparenten gegen die taxifeindliche Politik der Landesregierung protestiert: „Fairer Wettbewerb für die Mobilität von morgen! Ihr Kontrolldefizit hat System! Handeln Sie endlich!“ Ähnliche Parolen sind bereits von der Demonstration am 6. Juni vor der Berliner Verkehrsverwaltung bekannt, wo die Adressatin, Regine Günther, nicht vor Ort war.
Die Verkehrspolitik der Bundeshauptstadt liegt in der Hand der Grünen. Die Belange des Taxigewerbes sind für die Politik nur ein kleines Gebiet, und als man kurz nach Veranstaltungsbeginn in das Foyer des Tagungssaals eingeladen wurde, traf man auf andere protestierende Interessenvertreter. Gerade die grüne Verkehrs- und Umweltsenatorin Regine Günther ist im Taxigewerbe unbeliebt, da sie es – vorsichtig ausgedrückt – stiefmütterlich behandelt, untätig dem illegalen Treiben der Uber-Partner zusieht, Gespräche verweigert, ihre Politik zugunsten des Fahrradverkehrs und auf Kosten des Kraftverkehrs aus Sicht so manchen Gewerbevertreters übertreibt und einen Teil des daraus resultierenden Ärgers ihrem Staatssekretär Ingmar Streese überlässt. Den Biologen und Ernährungsexperten hatte die Klimaschutzpolitikerin vor gut einem Jahr überraschend ins Verkehrsressort geholt, nachdem sie den renommierten und anerkannten Verkehrsexperten Jens-Holger Kirchner anlässlich einer ernsten Erkrankung entlassen hatte, was von Kritikern als das Ausschalten eines potentiell gefährlichen internen Konkurrenten interpretiert wird.
Diesmal gab es auch für Günther kein Entrinnen vor den protestierenden Gewerbevertretern, so dass auch sie sich auf ein Gespräch einließ, ebenso wie ihr Staatssekretär Streese, der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion Harald Moritz sowie sein Vorgänger Stefan Gelbhaar, der heute Sprecher für städtische Mobilität und Radverkehr der grünen Bundestagsfraktion ist. Die Fraktionsvorsitzende Kapek sei sichtlich betroffen gewesen von den Schilderungen der Schäden, die der Taxibranche durch das Vollzugsdefizit des Senats gegenüber den Uber-Partnern entstanden sind, berichtete Nadolski.
Da die „Innung“ nicht nur protestiert, sondern auch Lösungen anbietet, sprach man mit den Politikern über Möglichkeiten, das illegale Treiben wie die permanenten Verstöße gegen die Rückkehrpflicht zu unterbinden. Es fielen Stichworte wie Fiskalisierung, Androhung von Buchprüfungen, versteckte Kontrollen bei Mietwagen usw.
Das Taxigewerbe hat dieses Jahr deutschlandweit mit den Politikern verschiedener Parteien unterschiedliche Erfahrungen bei der Aufklärung über die Probleme des Gewerbes gemacht. Während die FDP sturer Gegner ist und bleibt, steht die SPD engagiert auf der Seite des Taxigewerbes, unterstützt von der Linken, und die CDU in Teilen, während Bündnis 90/Die Grünen sich bislang nur ambivalent und nicht im gewünschten Maß solidarisiert haben. Umso zufriedener waren die Gewerbevertreter am Samstag über die Gespräche mit den Berliner Grünen. Als Fazit bezeichnete Nadolski die Aktion als „erfolgreichste Mahnwache überhaupt“ seit Beginn der Proteste des Taxigewerbes gegen die Eckpunkte von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer: „Die waren alle auf unserer Seite.“ Nun hofft das Gewerbe wieder einmal, dass den Worten auch Taten folgen . ar
Der Staat soll endlich seiner Kontrollpflicht f. Mietwagen Unternehmen u. deren Fahrern nachkommen, wir haben Ihre Untätigkeit satt !!..