Die Senkung des Beitragsfußes verheißt vielen Unternehmen auf den ersten Blick Beitragssenkungen. Doch unter dem Strich spielen noch weitere Faktoren eine Rolle.
„Der Vorstand der BG Verkehr hat den Beitragsfuß für das Umlagejahr 2021 festgelegt. Basierend auf den zugrundeliegenden Zahlen konnte der Beitragsfuß von 3,00 auf 2,80 gesenkt werden. Für viele Mitgliedsunternehmen bedeutet dies, dass sie weniger Beitrag für die BG Verkehr zahlen müssen.“ Mit dieser Meldung ging die für Taxi und Mietwagen in der Regel zuständige BG Verkehr an die Branchenöffentlichkeit. Aber was bedeutet das für die Betriebe? Sparen sie jetzt 6,6 Prozent (2,8 statt 3,0)? Leider nicht ganz, denn natürlich spielen weitere Faktoren eine Rolle.
Der wichtigste Faktor ist dabei die Gesamtlohnsumme des Betriebes, die in vielen Fällen von Jahr zu Jahr prozentual ähnlich wie der Mindestlohn steigt. Im Jahr 2022 ist somit bei drei neuen Mindestlohnschritten mit einer um 9,9 Prozent gestiegenen Jahreslohnsumme zu rechnen, welche sich direkt auf den Beitrag auswirkt. Positiv wirkt hier dagegen, dass die Taxi- und Mietwagenbranche nunmehr zusätzlich in einer neuen Gefahrenklasse geführt wird, welche den Beitrag nochmals um 0,7 Prozent senkt. Auch in Relation zu einem sinkenden Beitragsfuß ist im Ergebnis also dennoch mit Mehrkosten von 2,6 Prozent für die Berufsgenossenschaft für das aktuelle Jahr zu rechnen.
Der Beitragsfuß ergibt sich dabei aus dem Verhältnis der Lohn- und Versicherungssummen zu den Aufwendungen der BG des abgelaufenen Jahres und wird von der BG regelmäßig aufs Neue festgelegt. Gegenüber 2020 stiegen die Gesamtentgelte nach Angaben der BG Verkehr im Jahr 2021 um 3,8 Prozent und die Versicherungssummen um 5,2 Prozent, wobei sich dieser Wert auf alle in der BG Verkehr versicherten Branchen bezieht. Trotz leicht gestiegener Unfallzahlen gegenüber dem Vorjahr sind die Ausgaben der BG Verkehr im Ergebnis jedoch nahezu konstant geblieben. Aus diesem Grund hat der Vorstand der BG Verkehr am 7. April 2022 beschlossen, den Beitragsfuß zu senken.
Beitragsberechnung: Für diejenigen, die genauer wissen wollen, wie ihr Beitrag im einzelnen ermittelt wird, und die Effekte selber bewerten wollen, muss man etwas weiter ausholen. Basis für die Beitragsberechnung sind die tatsächlichen Aufwendungen des zurückliegenden Jahres. Dieser Bedarf wird nach Ablauf des Geschäftsjahres auf alle Mitgliedsunternehmen umgelegt, denn Gewinne dürfen Berufsgenossenschaften nicht erzielen. Der Jahresbeitrag eines Unternehmens errechnet sich dabei zunächst einmal nach der folgenden Formel: Entgelte x Gefahrklasse x Beitragsfuß geteilt durch 1.000.
Entgelte sind dabei die Jahresbruttolöhne, die von den Unternehmen mit dem Entgeltnachweis gemeldet wurden. Die Gefahrklasse steht für das Unfallrisiko in der jeweiligen Branche. Je höher das Risiko ist, desto höher ist die Gefahrklasse und damit auch der Beitrag. Über die Gefahrklassen soll der Beitrag also risikogerecht unter Mitgliedern aus verschiedenen Branchen verteilt werden. Die aktuelle Gefahrklasse für den Gelegenheitsverkehr liegt seit Januar 2022 bei einem Wert von 4,92. In den vergangenen Jahren lag dieser Wert minimal höher, nämlich bei 5,65. Und der Beitragsfuß errechnet sich aus den Entgelt- und Versicherungssummen, den Gefahrklassen und den Aufwendungen der BG Verkehr des abgelaufenen Jahres. Er wird jährlich vom Vorstand neu festgesetzt und ist für alle Beitragspflichtigen gleich.
Mindestbeitrag, Vorschüsse, Beitragsausgleichsverfahren: Die BG Verkehr erhebt einen einheitlichen Mindestbeitrag in Höhe von 62 Euro, wenn die Beitragsberechnung einen Wert unterhalb des Mindestbeitrags ergibt. Es ist ein Jahresbeitrag, der unabhängig von der tatsächlichen Versicherungsdauer gezahlt werden muss.
Die BG erhebt ihre Beitragszahlungen im Übrigen im Form von Vorschüssen, und zwar in elf Raten, sofern die Vorschussforderung mindestens 200,- Euro beträgt und sich keine Forderungsrückstände in der Vollstreckung befinden, wobei die Jahresabrechnung für das Vorjahr und die erste Vorschussrate für das Folgejahr aufaddiert werden.
Für die BG Verkehr gilt darüber hinaus: Mitglieder erhalten einen Nachlass von maximal fünf Prozent auf die Beiträge, wenn sie ihrer BG mindestens drei volle Umlagejahre angehören. Kommt es in den Betrieben zu Arbeitsunfällen, wird dieser Nachlass reduziert – beispielsweise um 110 Euro für jeden Unfall, für den die BG Leistungen erbracht hat, der aber keine Rentenzahlungen zur Folge hat. Dieser Beitragsausgleich wird für die Berechnung der elf Vorschussraten berücksichtigt.
Beispiele:
Ein Unternehmen mit drei Fahrzeugen beschäftigt vier Mitarbeiter*innen in Vollzeit und vier Minijobber*innen. Dabei kommt eine Jahresbruttolohnsumme von 100.000 Euro zur Auszahlung. Folgende Formel berechnet in diesem Fall den Jahresbeitrag:
(100.000 x 4,92 Gefahrklasse x 2,80 Beitragsfuß) / 1.000 = 1.377 Euro Jahresgesamtbeitrag.
Zusätzlich gilt noch ein Lastverteilungsverfahren für größere Betriebe mit einer Jahresbruttolohnsumme von aktuell minimal 237.000 Euro (bis 2020: 229.500 Euro). Der darüber hinausgehende Betrag wird noch einmal mit dem Beitragsfuß multipliziert und durch 1.000 geteilt und dient der Lastenverteilung zwischen den Berufsgenossenschaften. Für die Lastenverteilung ergäbe sich für einen größeren Betrieb mit einer Jahresbruttolohnsumme von 1.000.000 Euro folgender Jahresbeitrag:
(1.000.000 x 4,92 x 2,80) / 1.000 = 13.770 plus (1.000.000 – 237.000) x 2,8 / 1.000 = 2.136 ergäbe einen Jahresgesamtbeitrag von 15.906 Euro für diesen Betrieb.
Im Rahmen des Beitragsausgleichsverfahrens werden hier dann ggf. noch 5 Prozent vom Jahresbeitrag abgezogen sowie im Gegenzug dann die oben genannten 110 Euro für jeden betrieblichen BG-Schadenfall ohne Rentenzahlung aufaddiert, falls dieser im Beitragsausgleichsverfahren zu berücksichtigen war (maximal jedoch im Wert der 5 Prozent).
Fazit: Auch, wenn es grundsätzlich erfreulich ist, wenn Kostenfaktoren sinken, sind doch weder der Beitragsfuß noch die Gefahrklasse wirklich geeignet, die Wirtschaftlichkeit im Gelegenheitsverkehr zum optimieren, zumal die gesetzlich diktierten Lohnsteigerungen jede Ersparnis hier sofort wieder auffressen. rw
Beitragsfoto: BG Verkehr