Heute Mittag hat der Bundestag mit den Stimmen der CDU /CSU, der SPD und der Grünen ein „Gesetz zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts“ beschlossen. Es definiert eine neue Verkehrsart Pooling, ermöglicht Preiskorridore beim Taxitarif, hält eine modifizierte Rückkehrpflicht für auftragslose Mietwagen bei und schafft die Ortskundeprüfung für Taxifahrer*Innen ab.
Es war eine klare Mehrheit, mit der am heutigen Freitag im Bundestag eine Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) verabschiedet wurde, denn neben den Mitgliedern der Koalition (CDU / CSU und SPD) haben auch die Grünen zugestimmt. Daher ist auch damit zu rechnen, dass der heutige Entwurf auch die letzte Hürde im Bundesrat am 26. März nehmen wird. Folglich wird das Gesetz noch in diesem Halbjahr in Kraft treten.
Die zentrale Neuerung des Gesetzes ist die Einführung einer dritten Verkehrsart, in der die Sammelfahrten (Pooling) innerhalb und außerhalb des Öffentlichen Personenverkehrs (ÖPNV) geregelt werden. Solche Sammelverkehre werden durch Anbieter wie Moia oder CleverShuttle (die sich allerdings aufgrund der desaströsen wirtschaftlichen Bilanz mittlerweile nahezu komplett zurückgezogen haben) bereits seit Jahren durchgeführt, allerdings größtenteils auf der rechtlichen Basis einer so genannten Experimentierklausel. Wäre es zu keiner Novelle gekommen, hätte ein Großteil dieser Verkehre zum Jahresende wieder eingestellt werden müssen. Letztlich dürfte dies auch der Hauptgrund dafür sein, warum die Modernisierung des Personenbeförderungsrechts jetzt so schnell ein finales Ende gefunden hat.
Gerungen und debattiert wurde für die Novelle rund zwei Jahre. Anfang 2019 hatte das Bundesverkehrsministerium unter seinem Minister Andreas Scheuer ein erstes Eckpunktepapier vorgelegt, in dem unter anderem auch eine Aufhebung der bisher geltenden Rückkehrpflicht für auftragslose Mietwagen vorgeschlagen wurde. Diese wurde – auch aufgrund massiver Proteste aus der Taxibranche – nun doch beibehalten, allerdings stark verwässert, indem den Kommunen künftig die Möglichkeit eingeräumt wird, zusätzliche Abstellorte zuzulassen.
Auf den allerletzten Drücker fand dafür aber eine Regelung Eingang ins Gesetz, wonach den Kommunen zusätzliche Möglichkeiten eingeräumt werden, Mietwagen stärker zu regulieren (analog zum Pooling), wenn der Mietwagenanteil in Städten ab 100.000 Einwohnern mindestens 25 Prozent ausmacht. In dieser Regelung steckt viel Gestaltungspotenzial, speziell für jene Kommunen, in denen die Rechtsverstöße diverser Fahrtenvermittler anderweitig kaum zu bändigen sind.
Durchsetzen konnte sich die Taxibranche dagegen mit ihrer Forderung, die Fahrerqualifikation für alle gleich zu gestalten. Bis zuletzt war vorgesehen, dass die Ortskundeprüfung für Taxis aufgehoben wird und dafür eine „kleine Fachkunde“ verpflichtend wird. Dies hätte allerdings für Mietwagen- und Poolingfahrer nicht gegolten und somit zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung bei der Personalsuche geführt. Im neuen Gesetz ist die Ortskundeprüfung für Taxifahrer abgeschafft und wird durch eine Fachkundeprüfung ersetzt, die künftig sowohl angehende Taxi- wie auch Mietwagen- und Poolingfahrer ablegen müssen. Deren genauer Inhalt wird noch bundeseinheitlich zu regeln sein.
Änderungen gibt es auch beim Taxitarif. Zwar wird dieser nach wie vor von den über 800 Landkreisen und Städten regional festgelegt, verpflichtend gültig ist er dann aber nur noch für Fahrten, bei denen der Kunde am Halteplatz in ein Taxi steigt bzw. ein Taxi auf der Straße abwinkt. Bei so genannten Bestellfahrten wird die Tarifpflicht dagegen gelockert. Hier haben die Kommunen die Möglichkeit zur Definition eines Tarifkorridors mit Mindest- und Höchstgrenze. Taxis, die also – über welches Kommunikationsmittel auch immer – gerufen werden, können unter- oder oberhalb des gültigen Taxitarifs fahren, wenn eine Kommune hierfür entsprechende Korridore in ihrer Taxitarifordnung festgelegt hat. Für bestimmte Strecken können die Kommunen auch Festpreise bestimmen.
Komplett neu ist die künftige Verpflichtung für Plattformbetreiber und für Anbieter von Personenbeförderungsleistungen Mobilitätsdaten zur Verfügung stellen müssen. Im Vergleich zu den ersten Entwürfen wurde im Gesetz mittlerweile klargestellt, dass diese Datenbereitstellungspflicht nur für den klassischen Linien- und Gelegenheitsverkehr gilt, somit nicht für freigestellte Verkehre sowie für Ausflugs- und Fernfahrten. Einzelunternehmer sind hiervon ebenfalls ausgenommen. jh
Mehr zum Thema:
– Mit einem persönlichen Audio-Kommentar bedankt sich der BVTM-Geschäftsführer bei allen Taxiunternehmer*Innen für deren Unterstützung beim Kampf um ein faires Gesetz.
– Detlef Müller, Berichterstatter bei der PBefG-Novelle für die SPD, erläutert das neue Gesetz im exklusiven Taxi Times Interview.
Lesen Sie dazu in Kürze bei Taxi Times:
Reaktionen auf das Gesetz von Verbänden und anderen Betroffenen
Das Beitragsfoto zeigt einen Screenshot von der heutigen PBefG-Abstimmung im Bundestag.
Also WENN ihr diese Unsitte des Genderns schon mitmachen wollt, dann aber bitte konsequent und nicht nur selektiv an manchen Stellen.
Mal ist da ein Stern, mal nicht … und in gefährliches Fahrwasser (siehe Duden oder Audi) begibt man sich zudem.
Auch dürften ausländische Kollegen, die mit der deutschen Sprache Probleme haben – weswegen ihr ja sehr oft eine türkische Version mancher Artikel anbietet (warum auch immer das bei Taxifahrern sinnvoll sein soll) – noch mehr Schwierigkeiten bekommen, beim Lesen und Erfassen eurer – äußerst guten und informativen – Artikel.
Ich zieh mal eine Parallele zu Corona.
Mietwagen gibt es schon lange. Wie viele Viren, meist harmlos und kann man gut mit leben. Die Mutante heisst Uber und es gibt noch andere, die sich auf Kosten des gesamten ÖPNV vermehren wollen.
Auch Poolingdienste, die sich unreguliert vermehren, kannibalisieren sowohl öffentlichen Linienverkehr als auch das Taxi. Es gibt nur eine begrenzte Zahl an Kunden und eine begrenzte Zahl möglicher Fahrten.
Neuartig ist app basierte Vermittlung und digital organisierte Abwicklung, auch von gesammelten Fahrten.
Aber eben NICHT das Verkehrsmittel. Fährt alles noch auf Rädern.
Im neuen PbefG wird jetzt der Mutante erlaubt, zusätzliche Nester zum Ausschwärmen zu bauen! Und bisher als Versuch gestartete defizitäre Kannibalen werden legalisiert.
Werden nicht noch im Nachhinein im Gesetz Konzessionierungsbedingungen eingeführt, die den Markt als Ganzes im Blick behalten, wird der Organismus ÖV schwer erkranken.
Bei Corona wissen wir, wir müssen es erkennen, bevor es Symptome macht.
Auf Mietwagen bezogen, heisst das ganz praktisch:
kennzeichnen,
den bisherigen Wegstreckenzähler erweitern zur Registrierung aller relevanten Daten mit Onlinezugang für zuständige Behörden,
Fehlverhalten ahndbar machen für die Behörden am Ort des Geschehens.
Ein gesunder Organismus wehrt sich gegen Krankheitserreger.
Dieses Gesetz ist noch kein Heilmittel. Ein Kompromiss. Es ist eine eine Entzündung marktradikaler Herkunft.
Wurde es ermitelt wie viel hat Herr Scheuer für sein bisherige Lobbyarbeit für Uber und co. Erhalten? Der andre Kollege im Bundestag fand 250000 € als Marktublich beim Masken- Skandal.
Möchte mir selber noch ein post scriptum nachschieben:
selbstverständlich befürworte ich schon seit langer Zeit Sammelfahrten. Ich sehe in der Praxis einen Teil von Kunden, die gerne bereit sind, sich ihre Taxifahrt mit anderen zu teilen. Vor allem aus Kostengründen. Wir sollten als Taxigewerbe unsere Stärke der flächendeckenden Verfügbarkeit nutzen und diesen Kunden entsprechende Angebote machen.
Jetzt haben wir endlich eine rechtlich saubere Möglichkeit dafür.
Ihr müßt aber auch ein bißchen Selbstkritik üben:
Ich bin reiner Nutzer, nutze überwiegend Taxis, aber eigentlich nur gelegentlich.
Für mich ist sehr ärgerlich, daß ich dann, wenn ich mal ein Taxi brauche, meist sehr lange warten muß und letztlich der Preis horend ist.
Daß sich da eine Konkurrenz entwickeln mußte liegt aus meiner Sicht zu 95 % bei Euch!
Sie vergessen dass wir verpflichtet sind, diese Preise des Taxameters zu nehmen, und die wird nicht von uns bestimmt, sondern der Senat.
(so eine Art wie der Buchpreisbinding, nur dann eben beim Taxe.
mfg
Es ist interessant zu lesen, wie die Politik das Taxigewerbe zerstört und alle immer nur zuschauen . Fahrdienste, die nur über eine Experimentierklausel zugelassen wurden und nicht darauf angewiesen, oder sogar ausgelegt sind Gewinne zu machen, würgen das Gewerbe ab und sorgen dafür, das angebotene Leistungen immer schlechter werden. Das Ortskundeprüfungen durch Sachkundeprüfungen ersetzt werden finde ich bedenklich , da es schon mit Ortskundeprüfung in letzter Zeit immer schlimmer um das Personal bestellt war, da man den Eindruck gewinnen konnte, das diese Prüfungen bereits gegen einen Obulus in der Türkei und anderen Ländern gekauft wurden, denn sonst kann ich mir den Kenntnisstand so manchen Taxifahrers nicht erklären.
Darüber hinaus stelle ich fest, das es wie auch immer darum geht, immer niedrigere Preise aufzurufen und das bei deutlich steigenden Kosten. Auch hier verweise ich auf die Experimentier Zulassungen , die keine Gewinne einfahren müssen und so natürlich künstlich generierte Erfolge verzeichnen.
Das Gewerbe ist tot ……. , das sollten wir einfach mal akzeptieren
Sehr geehrter Herr Müller,
für alle Zuschauer dieses Beitrages wäre interessant zu wissen, was die angeprochene Fachkundeprüfung genau beinhaltet.
Denn noch immer geben zahlreiche Taxiunternehmen als Einstigesqualifikation an, dass eine Ortskundeprüfung abgelegt werden muss.
Zum Thema Entlohnung ist zu sagen: Mir ist kein Unternemen dieser Branche bekannt, dass mehr als den geringen Mindestlohn zahlt!!!