Zum Lachen ist den meisten Taxiunternehmern derzeit zwar nicht zumute, wenngleich das Geschäft sich inzwischen langsam erholt, doch die Krise hat auch amüsante Randerscheinungen. Mitarbeiter und Taxifahrer von der Wiener Funkzentrale Taxi 40 100 haben kurze Anekdoten zusammengestellt.
Wohl dem, der trotz allem noch über ein paar Dinge schmunzeln kann. Eine Kollegin von der Wiener Zentrale schreibt dazu: „Das Taxigeschäft lief in der Phase des Lockdown nicht gut. Manche Taxilenker hatten nur ein bis zwei Kunden pro Tag. Aber die Fahrgäste haben eines gemeinsam: Sie haben ganz besondere Geschichten und Erlebnisse hinter sich – und haben diese gerne mit ihrem Chauffeur des Vertrauens geteilt. Taxi 40 100 hat die witzigsten, traurigsten, tollsten und besten Geschichten zusammengefasst. (Auf eine genauere Ortsbezeichnung oder Kundenbeschreibung wird aus Rücksicht auf unsere Fahrgäste verzichtet).“
Eine dieser Geschichten ereignete sich Ende März, irgendwo im 2. Wiener Bezirk: „Der Kunde hat mir gleich nach dem Einsteigen berichtet, dass er einen Freund besuchen möchte“, erzählt der Taxilenker. „Als ich ihn darauf hingewiesen habe, dass das nicht erlaubt ist, meinte er, er hat eine ganz einfache Lösung. Er habe immer eine Packung Tabletten eingesteckt und sollte die Exekutive ihn aufhalten, würde er sagen, dass er diese Tabletten zu dem Freund bringt, mit dem er sich gerade trifft, weil dieser Freund ein Risikopatient sei. Ich war sprachlos.“
„Ein Kunde stieg in mein Fahrzeug und hat mir sofort eine abenteuerliche Geschichte erzählt“, berichtete ein weiterer Taxilenker von seinem besonderem Corona-Erlebnis: „Sein Auto hatte diverse Beschädigungen. Das zuständige Autohaus hat die Schäden abgelehnt, also keine Garantie. Die Reparatur hätte eine Summe im dreistelligen Bereich gekostet, was dem Kunden in der Corona-Zeit zu teuer war. Daraufhin hat er sein Fahrzeug vor einer desolaten Garage hingestellt – in der Hoffnung, dass Teile der Garage beim nächsten Sturm auf das Auto krachen würden. Laut dem Kunden ist das dann auch passiert – und die Versicherung hat den Schaden übernommen. Bei meiner Fahrt habe ich den Kunden zum Autohaus gebracht. Er hat sein repariertes Auto abgeholt. Dass das Ganze ein Betrug ist, ist klar.“
9. April 2020, irgendwo im 21. Bezirk. Ein Taxilenker berichtet: „Ich hatte einen Auftrag für eine Botenfahrt. Bei der Abfahrtsadresse drückte mir eine Dame ein Sackerl mit Pullovern in die Hand. Ich sollte diese Pullover zu einer Adresse im 21. Bezirk bringen. Da habe ich mich schon gewundert. Als ich mich beim Zielort eingeparkt habe, war es exakt 18 Uhr. Ich musste feststellen, dass im Innenhof der besagten Wohnhausanlage auf einer Art Spielplatz ein Musikfest mit etwa 50 Personen stattgefunden hat, die dort gemeinsam Karaoke gesungen haben und viel Spaß hatten. Habe mir meinen Teil dabei gedacht, denn einen Meter Abstand haben die nicht eingehalten.“
16. April 2020, Winkeläckerweg, 1210 Wien: „Eine ältere Dame ist eingestiegen, die nicht sehr gut gesehen hat. Nach einigen Minuten amüsierte sie sich über die Zettel und Aufkleber, die im Taxi von der Decke hängen würden. Habe erst da gemerkt, dass sie die durchsichtige Trennschutzwand, an der die Taxi-40100-Aufkleber und eine Werbung angebracht waren, gar nicht gesehen hat.“
Mitte Mai, kurz vor Öffnung der Restaurants und Lokale, in der Nähe des Laaerbergbades. Ein Taxilenker berichtet: „Das war wirklich ein Auftrag, der nur in diesen Tagen möglich ist! Ein Kunde hat einen Wagen bestellt, das war in der Nähe des Laaerbergbades bei einer Fastfood-Kette. Er stieg in den Wagen und meinte, dass er ein Taxi braucht, um etwas zu Essen zu bekommen. Bei dem Fastfood-Lokal war nur der Drive-In geöffnet und der Kunde meinte, Fußgänger würden nichts bekommen. Gesagt, getan, haben wir uns mit dem Taxi in der Drive-In-Spur angestellt und der Kunde hat sein Essen bestellt. Als er seine Speisen hatte, hat er die Fahrt bezahlt und ist wieder ausgestiegen. Corona sei Dank, ein Auftrag!“
Kuriose Geschichten erlebten auch die Disponenten des Call-Centers: „Eine Frau hat weinend angerufen“, berichtet eine von ihnen. „Sie hatte bei einem Lebensmittelgeschäft angerufen und wollte Lebensmittel bestellen. Dort wurde ihr mitgeteilt, dass Bestellungen nur online möglich seien – die Frau hatte aber keinen Internetzugang. Sie hat geweint, weil sie gerade erst aus dem Spital entlassen worden ist und als Risikopatient auf keinen Fall das Haus verlassen wollte. Also haben wir ihr angeboten, dass einer unserer Taxilenker den Einkauf für sie erledigt. Die Dame war wirklich erleichtert. Das Ganze hat auch sehr gut geklappt – mittlerweile fährt der Taxilenker nicht nur für die Frau einkaufen, sondern bringt sie auch zu Arztterminen.“
Die Taxizentrale hilft und unterstützt nicht nur Kunden, vereinzelt rufen auch die Taxifahrer an: „Einer unserer Taxilenker hat sich, völlig in Panik, im Callcenter gemeldet“, berichte eine Mitarbeiterin von Taxi 40100. „Er meinte, dass er von einer Kundin in ihrer Wohnung eingesperrt worden ist. Die Kundin wollte den Taxilenker offenbar verführen. Er hat mich gefragt, was er tun soll. Ich war einfach nur sprachlos.“ Die Geschichte ging übrigens glimpflich aus: Der Lenker konnte die Kundin überzeugen, dass das doch nicht so eine gute Idee sei …
Die in Taxizentralen häufig vorkommen Verlustmeldungen nach einer Fahrt blieben auch zu Corona-Zeiten nicht aus: „Ein Kunde hat angerufen. Er war kurze Zeit vorher mit einem Taxi unterwegs und nach der Fahrt war einer seiner fünf Igel, die er mitgenommen hatte, verschwunden. Ich habe den betreffenden Taxilenker angerufen und ihn gefragt, ob er einen Igel gefunden hat. Der Fahrer war ziemlich verdutzt und konnte gar nicht glauben, was ich ihn da frage. Auf alle Fälle hat er den Wagen gründlich durchsucht, aber Igel hat er keinen gefunden.“
Igel sind nicht das einzige Kuriose, was Fahrgäste im Taxi vergessen. „Ein Kunde hat angerufen. Er sei gerade mit dem Taxi unterwegs gewesen und habe auf der Rückbank etwas vergessen – ein Sackerl mit „Gras“. Ich solle bitte den Taxilenker anrufen und ihn fragen, ob er das Sackerl gefunden hat. Das habe ich dann auch gemacht. Der Taxilenker hat nur gemeint, dass er das Sackerl gefunden und in den Müll geworfen hat. Immerhin sei Marihuana illegal. Das habe ich dann dem Kunden gesagt. Der war zwar zerknirscht, aber immerhin hat der Taxilenker preisgegeben, in welche Mülltonne er das Sackerl geworfen hat.“ Ob der Kunde seine Ware gefunden bzw. abgeholt hat, ist nicht bekannt.
Die Tatsache, dass in Wien Taxis mit Trennschutz unterwegs waren, wurde von den Fahrgästen sehr gut angenommen, was am nachfolgenden Beispiel sichtbar wird: „Ein Pensionist hat sich bei uns informiert“, berichtet eine Disponentin. „Er meinte, dass er jede Woche einmal zum Arzt muss und ‚wegen der momentanen Lage’ lieber mit dem Taxi fahren möchte. Zudem habe er Gutscheine. Er wollte wissen, welches das ‚sicherste’ Taxi sei. Habe ihm mitgeteilt, dass er bei uns auch Taxis mit Trennschutzwand bestellen kann. Darüber war er sehr glücklich.“
Anmerkung der Redaktion: Falls auch Sie etwas Kurioses oder Amüsantes erlebt haben, dürfen Sie das Kommentarfeld unter diesem Artikel gerne verwenden, um die Sammlung zu erweitern.
Fotos: Axel Rühle