Noch immer kämpfen viele Taxi- und Mietwagenunternehmen um die Erstattung der Vorhaltekosten für wochenlang ausgefallene Schülerfahrten, während für die jetzt wieder angelaufenen Beförderungen die Preise nochmals gesenkt werden sollen und erste Ausschreibungsunterlagen für das neue Schuljahr knebelvertragsähnliche Bedingungen enthalten.
Der Gesamtverband des Verkehrsgewerbes Niedersachsen GVN und die dortige Fachvereinigung Taxi und Mietwagen sprechen in diesem Zusammenhang von einem „Drama in drei Akten.“ Im Akt 1 gehe es um die unterschiedliche Praxis der Landkreise hinsichtlich der ausgefallenen Schülerfahrten, weil coronabedingt die Schulen wochenlang geschlossen blieben. Dieser Akt hat durchaus noch positive Elemente, weil manche Landkreise die existenzbedrohende Situation der Betriebe erkannt haben und zu Zahlungen bereit sind bzw. diese bereits geleistet haben.
Zahlreiche Landkreise sehen dagegen keinerlei Notwendigkeit für einen Ausgleich der entgangenen Umsätze. „Sie setzen vermutlich darauf, dass die Unternehmen irgendwie durchkommen, die Zeche zahlen halt die UnternehmerInnen, deren Familien sowie die Beschäftigten und deren Familien“, kommentiert dies der GVN in einem Mitglieder-Rundschreiben. „Diese Gleichgültigkeit macht sprachlos, zumal die Behörden auch aus Steuermitteln genau dieser Unternehmen und Beschäftigten finanziert werden.“
In ihren Begründungen verweisen die angefragten Landkreise auf die umfangreichen Förderprogramme von Bund und Land. Der GVN kann das nicht nachvollziehen: „Ein Verweis auf die umfangreichen Förderprogramme von Bund und Land hilft nicht wirklich weiter, denn dabei handelt es sich um Hilfen, die die Steuerzahler selbst finanzieren werden. [Darüber hinaus] profitieren gerade die personalintensiven Dienstleistungsbetriebe nur sehr begrenzt von den Hilfsprogrammen. Dies hängt bekanntlich damit zusammen, dass die Personalkosten bei den Förderanträgen nicht berücksichtigt werden, die unter Einsatz des Personals erzielten Einnahmen aber sehr wohl.“
Der erste Akt endet mit einem Paukenschlag: Der GVN moniert, dass die Landkreise das Geld nicht an die Taxi- und Mietwagenunternehmen weitergeben würden, das sie selbst vom Land bereits eingesteckt hätten. „Man könnte glatt von Krisengewinnlern sprechen“, heißt es in dem Rundschreiben.
Als zweiten Akt prangert der GVN das Verhalten einzelner Landkreise an, seitdem wieder erste Schulklassen Unterricht haben und demzufolge auch wieder Beförderungen anfallen. „Da fragt [beispielsweise] ein Landkreis-Mitarbeiter bei einem der Vertragsunternehmen für Schülerverkehre doch ein Angebot für eine Beförderung auf dessen bisherigen Touren ab“, beschreibt der Taxiverband das Erlebnis eines Mitglieds. „Der Unternehmer passt wegen der veränderten Bedingungen seinen Angebotspreis minimal nach oben an. Und der Landkreis-Mitarbeiter lehnt dieses Angebot ab mit dem Hinweis, dass man dann doch den alten, für 2019/2020 vereinbarten Preis heranziehen müsse. Er hatte sich offensichtlich vorgestellt, dass in dieser schwierigen Zeit Preisnachlässe möglich sein sollten. Mit anderen Worten, es drängt sich der Verdacht auf, dass man die wirtschaftliche Not der Unternehmen ausnutzen wollte, um sie zu Preisnachlässen zu zwingen.“ Als GVN wolle man dieses „haarsträubende Verhalten“ nicht weiter kommentieren, heißt es zum Ende des zweiten Aktes im Rundschreiben.
Beim dritten Akt geht es um das neue Schuljahr. Bereits jetzt wurden den Taxi- und Mietwagenbetrieben die Unterlagen zur Ausschreibung der Schülerbeförderungen zugesandt. Dabei wollen einige Landkreise für den Fall einer neuen Krise schon mal vorbeugen, indem sie in den Ausschreibungsunterlagen jeglichen Vergütungsanspruch im Falle höherer Gewalt ausschließen. In anderen Fällen sollen sich Unternehmer für einen Dreijahreszeitraum auch preislich binden.
Der GVN kritisiert diese Forderungen scharf. „All dieses sind Rahmenbedingungen, die die Annahme eines derartigen Auftrages zum Harakiri machen. Solche Ausschreibungsbedingungen kann nur akzeptieren, wer entweder als Großunternehmen in der Lage ist, auch lange Krisenzeiten durchzustehen oder den eigenen möglichen Bankrott bereits mit Auftragsannahme billigend in Kauf nimmt.“
Das Risiko, das zweifellos zum unternehmerischen Handeln dazugehöre, müsse auch eingepreist sein, so der GVN. Es könne deshalb nicht von einem staatlichen Monopolisten auf den schwächeren Partner abgewälzt werden.
„Als politisch Verantwortlicher diese Praktiken bei großen Konzernen anprangern und es im eigenen Hause genauso praktizieren lassen, das ist ein NOGO“ findet der GVN klare Worte und empfiehlt seinen Mitgliedern deshalb eindringlich, von solchen Knebelverträgen die Finger zu lassen. jh