Eine spannende Bereicherung für den deutschen Taximarkt oder eher ein Nischenprodukt? Der vollelektrische TX wird in Deutschland zukünftig über den Partner Volvo vertrieben.
Revolution oder Revolutiönchen? Diese Frage muss am Ende das Gewerbe beantworten, ob es sich für das Fahrzeug entscheidet oder nicht. Und es gibt vieles, was für eine Revolution spricht. Und auch ein paar Punkte dagegen. Da ist zum einen der Wendekreis des Wagens, der selbst einen Smart blass aussehen lässt. Der neue TX kann die Räder um 25 Grad stärker einschlagen als etwa ein Volvo XC90, auf dessen Basis die Konzernmutter Geely den Wagen entwickelt hat. 8,50 Meter Abstand zwischen zwei Hindernissen reichen, um den britischen Saubermann zu wenden. Das Ganze begründet sich übrigens mit der Auffahrt zu einem prominenten Hotel in London, die im Stück und ohne Rückwärtsgang von einem Taxi bewältigt werden muss. Da bleibt manch anderem Hersteller nur das Rangieren. Britische Tradition auf ganzer Linie eben. Traditionell auch die Einstiegshöhe. Denn nicht nur seine Lordschaft ging früher nicht ohne Hut aus dem Haus – und es war sehr unschicklich die Kopfbedeckung im Wagen abzusetzen. Also musste der Einstieg entsprechend hoch sein. LEVC (London Electric Vehicle Company) hat die Höhe beibehalten. Deshalb können Rollstühle und Kinderwagen problemlos in den Fond gerollt werden, eine Rampe ist in wenigen Sekunden ausgefahren. Insgesamt passen sechs Passagiere in den Wagen, die über eine Scheibe vom Fahrer getrennt sind. Kommuniziert wird über Mikrofon, zum Bezahlen gibt es eine kleine Durchreiche wie einst am Postschalter.
Tradition trifft Moderne
Im Gespräch mit Journalisten erzählt Geely-Kommunikator Frank Klaas die Geschichte, wonach auch viele Formel-1-Ingenieure an der Entwicklung beteiligt waren. „Hier haben wir eine Karosse, die so ein bisschen antiquiert aussieht, aber die ist in der Konstruktion eine ganz moderne Formel-1-ähnliche Konstruktion, denn sie ist aus geklebtem Aluminium. Deswegen haben wir es geschafft, das Gewicht unter dem des Vorgängers zu halten, der ja keine Batterie hatte, sondern einen Dieselmotor.“ Und die Generation Smartphone kommt dank der großen Batterie im Wagen ebenfalls nicht zu kurz: Mit LED-Spots, USB-Buchsen, Steckdosen und WLAN ist dieser Wagen auch für die Zukunft gerüstet.
Für den Antrieb sorgt ein 110 kW starker Elektromotor, der maximal 130 Stundenkilometer schafft. Da im Lande der Königin die Untertanen aber ohnehin nur mit einer Höchstgeschwindigkeit von 115 Stundenkilometern unterwegs sein dürfen, legen wir unser Augenmerk lieber auf die Reichweite. Ein Lithium-Ionen-Akku mit 31 kWh Speicherkapazität erlaubt Reichweiten von bis zu 130 Kilometern. Diese Zahl scheint in Stein gemeißelt zu sein, sie wurde immer wieder genannt. Lange Strecken mit Klimaanlage oder Heizung könnten die Reichweite drosseln. Aber wenn es mal eng wird, dann schafft das neue London Taxi insgesamt 650 Kilometern im kombinierten Akku- und Range-Extender-Betrieb, sagt Mofid Elkimiri, der über die Qualität bei der Herstellung des London Taxi wacht.
Was ist mit den Kosten?
Da ist noch ein dickes Brett zu bohren. In London sind rund 22.000 Taxis unterwegs. Der neue TX, so der offizielle Name, ist seit Ende letzten Jahres auf dem Markt – und kommt derzeit auf rund 300 Fahrzeuge an der Themse. Klingt nicht viel, möchte man meinen. Andererseits: Markteinführungen dauern länger und auch an der Themse werden im Taxigeschäft nicht unermessliche Reichtümer verdient, die sofortige Neuanschaffungen erlauben. Es gibt eine staatliche Förderung, die den Preis auf rund 55.000 Pfund „senkt“. Das entspricht etwa 62.500 Euro und ist kein Schnäppchen. Großbritannien berechnet die Leasingraten pro Woche – die liegen für den TX bei etwa 177 Pfund (bei einem Fünfjahresvertrag). Und nun rechnet der Hersteller dagegen, dass ein durchschnittlicher Taxifahrer in London pro Woche rund 100 Euro für den Kraftstoff ausgibt. Damit könnte die Rechnung funktionieren. Taxi Times bleibt an diesem Thema dran und wird sich die Konditionen für den deutschen Markt genau ansehen. Denn zum Einstieg in den deutschen Markt sagt Frank Klaas: „Frank Sinatra hat mal über New York gesungen: „If you can make it here, you can make it anywhere.“ Deswegen gehen wir als ersten Exportmarkt Deutschland an, das ist für uns eine Adresse der Reputation.“ Good luck, guys… tm
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Foto LEVC