Beim neuen Großraumtaxi von VW Nutzfahrzeuge kommt es auf die Details an. Einige von Ihnen könnten sich auch in der Personenbeförderung durchsetzen.
Taxi Times hatte bereits letzte Woche die Gelegenheit, mit dem neuesten Fahrzeug von Volkswagen Nutzfahrzeuge ein paar Testkilometer zurückzulegen. Was auf den ersten Blick wie eine weitere Reinkarnation des bekannten T5/T6 Themas aussieht, ist eine völlige Neuentwicklung, die sich des MQB-Baukasten bedient, der bereits in rund vierzig Fahrzeugen des VW-Universums zum Einsatz kommt.
Der neue Multivan ist für VW-Nutzfahrzeuge ein wichtiges Auto. Erstmalig ist er ein komplett eigenständiges Fahrzeug und wird sich, auch nach dem kommenden Modellwechsel des parallel angebotenen T6.1, nicht mehr auf dem gleichen Chassis aufbauen. Was lange galt, nämlich eine Basis für alle Einsatzzwecke, hat sich inzwischen umgekehrt. Jetzt wollen die Hannoveraner für jede Kundenanforderung das richtige Auto anbieten.
Übersetzt für die Taxibranche bedeutet das, dass der Multivan das Zeug zu einem Business-Shuttle hat. Angefangen bei der Karosserie zeigt sich direkt, worauf es ankommt. Mit einer Fahrzeughöhe von 1,90 Meter kann er jetzt überall seine Fahrgäste einsammeln und muss nicht vor niedrigen Durchfahrten halt machen. Überhaupt hat sich bei den Proportionen einiges getan. Im Vergleich zum T6.1 ist der neue Multivan um vier Zentimeter in der Breite gewachsen.
Das spürt man vor allem im Innenraum. Selbst stämmige Personen finden leicht hinter dem Lenkrad Platz. Auch in der Länge hat der Multivan zugelegt. Die Basisversion kratzt an fünf Metern. Die gewachsene Außenlänge findet sich allerdings nicht im Innenraum wieder. Insgesamt unterstützen die neuen Proportionen einen besseren (und notwendigen) Fußgängerschutz, aber haben auch einen sehr positiven Einfluss auf die Aerodynamik. Wer auf Platz im Kofferraum angewiesen ist, sollte in jedem Fall auf die Langversion des Multivan zurückgreifen. Sie ist 200 Millimeter länger. Am Radstand ändert sich allerdings nichts, denn die Karosserieänderungen beschränken sich ausschließlich auf den Überhang hinter der Hinterachse. Dieser ist rein optisch so gut ausgefallen, dass er auf den ersten Blick kaum festzustellen ist.
Der Innenraum des neuen Multivans hat einiges zu bieten, was ihn für den Einsatz als Business-Shuttle prädestiniert. Er bietet (inklusive Fahrer) bis zu sieben Personen Platz. Für den Fahrgast gibt es aktuell ausschließlich Einzelsitze, die mit einer Sitzheizung ausgestattet werden können. Ebenso verfügt jeder Sitz über eine Sitzplatzerkennung, die mit dem Taxameter gekoppelt werden kann. Möglich wird das durch ein stromführendes Schienensystem, welches auch eine stufenlose Verstellung der Sitze ermöglicht.
Je nach Konfiguration können die Einzelsitze auch in der sogenannten vis-a-vis Position, also gegenüber, eingebaut werden. Anders als im Vorgänger sind die Sitze zugunsten des Gewichts nicht mehr drehbar. Um die Einbaulage zu ändern wird der Sitz einfach umgedreht. Empfehlenswert ist das allerdings eher für die Langversion, denn dort sind die Schienen auch entsprechend verlängert.
Im Hinblick auf die Personenbeförderung empfiehlt sich eine neue Option, die für mehr Innenhöhe und einen luftigeren Innenraum sorgt: Macht man einen Haken bei dem 1,8 Quadratmeter großem Panoramadach (955 Euro netto), dann stehen 2,6 Zentimeter mehr Kopffreiheit auf allen Sitzplätzen an. Lediglich der Kofferraum muss ohne das Glasdach auskommen. Schade, denn bei einem Umbau als Rollstuhltransporter könnte das die Durchfahrtshöhe einschränken. Ein echter Hinderungsgrund wird es jedoch nicht sein.
Da der Multivan ausschließlich mit einem automatisch schaltenden DSG-Getriebe verfügbar ist und über eine elektrischen Feststellbremse verfügt, existiert eine Durchgangsmöglichkeit in die zweite Sitzreihe. Serienmäßig wird das Modell ausschließlich mit zwei Schiebetüren sowie LED-Licht angeboten. Bis zu 25 Assistenzsystem helfen dem Fahrer im Alltag. Recht interessant aus der Sicht des Taxifahrers dürfte dabei der sogenannte Ausstiegsassistent sein. Als erweiterte Funktion des sogenannten „Side Assist“, der während der Fahrt vor herannahenden Autos warnt, macht der Ausstiegsassistent sowohl optisch als auch akustisch im Stand auf herannahende Fahrzeuge aufmerksam.
Bei Dunkelheit warnt zudem die Ambientebeleuchtung in der Schiebetür den rückwärtigen Verkehr. Bevor man aber zu sehr ins Detail abrutscht und über weitere Features des Multivans spricht, muss zunächst ein kritischer Blick auf die angebotenen Motorisierungen geworfen werden. Ab Marktstart werden nur drei verschiedene Motorisierungen angeboten, die allesamt Benziner sind.
Zu Beginn ist das Taxipaket leider nur einer einzigen Motorvariante vorbehalten. Der eHybrid (ab 48.045,00 Euro netto) genannte Plug-in-Hybrid kombiniert einen 1,4 Liter Benziner mit einer E-Maschine, die in Kombination 218 PS leisten. Eine Motorisierung, die mit Komfort und entsprechendem Drehmoment (max. 350 PS) belohnt. Ob sie allerdings im Taxigewerbe ihre Anhänger finden wird, ist eher unwahrscheinlich, denn sobald der 10,4 kWh netto große Akku erschöpft ist, was nach spätestens 50 Kilometer der Fall ist, stehen nur noch 150 PS zur Verfügung und der Verbrauchsvorteil gegenüber einem reinen Benziner hat sich in Luft aufgelöst.
Trotzdem sollte man den Multivan im Auge behalten, denn er ist im Vergleich zum T6.1 das hochwertigere Auto. Spätestens Mitte nächsten Jahres, wenn das Taxipaket auch in Kombination mit einem 150 PS Dieselmotor angeboten wird, werden sicherlich mehr Hellelfenbein-farbene Multivan das Werk verlassen. Möglicherweise wird dann aber bereits, als vollelektrische Alternative, der VW ID.BUZZ angeboten. sg
Dank für den Bericht mit vielen interessanten Details. Allerdings kann ein Halbsatz nicht unkommentiert bleiben: „(…) denn sobald der 10,4 kWh netto große Akku erschöpft ist, (..) stehen nur noch 150 PS zur Verfügung und der Verbrauchsvorteil gegenüber einem reinen Benziner hat sich in Luft aufgelöst.“ Würde das stimmen, hätte VW seine Hybrid-Aufgaben aber schlecht gemacht. Tatsächlich wird bei einem regulären Hybrid-Fahrzeug durch die Energierückgewinnung (Rekuperation) laufend der Akku wieder geladen. So ist es jedenfalls bei den Autos des Hybrid-Erfinders Toyota, z.B. bei dem im Taxigewerbe tausendfach eingesetzten Prius und Prius+, die idR über gar kein Aufladekabel verfügen. Ich z.B. habe durch den Hybrid-Antrieb einen Durchschnittsverbrauch von 5,3l/100km SuperE10 im Hamburger Stadtverkehr.
Wer sich heute noch einen Diesel zulegt, hat die Zeichen der Zeit falsch gedeutet. Alleine die zu erwartenden Rücknahmen der Steuervorteile bei Diesel machen diese Antriebsart zunehmend unattraktiv. Die Hybrid-Benziner mit dem Toyota-Setting (Saugmotor + Elektromotoren) haben jedenfalls regelmäßig Laufleistungen von mehr als 400.000 km ohne größere Reparaturen (also keine Probleme bei Motor, Getriebe und Akku). Dafür wird heutzutage kein Diesel mehr gebraucht.