Im Zuge des Nationalen Aktionstag TAXI kamen in Wuppertal über 80 Prozent der Taxis zur Demo. Der Stadtrat hat die Verwaltung mit der zeitnahen Einführung eines Mindestbeförderungsentgelts für Mietwagen beauftragt.
Dr. Michael Stehr, der Geschäftsführer der Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein Taxi-Mietwagen e. V. (FPN), ist zufrieden: Nicht nur, dass in Wuppertal der wohl bundesweit höchste Anteil aller Taxis zur Demo gekommen war; auch seine Rede und die des Wuppertaler Zentralen-Urgesteins Nico Höttges, der an die 20 Jahre im Vorstand und die Hälfte der Zeit Vorsitzender der Taxizentrale war, die er auch heute noch berät, kamen nicht nur bei den Demo-Teilnehmern gut an. Sie scheint auch genau das letzte fehlende Stück Schwung in die Dynamik der Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen (MBE) gebracht zu haben.


Am 26. Juni hatten die Freien Wähler (FW) im Stadtrat einen Antrag gestellt, die Stadtverwaltung aufzufordern, „analog der Allgemeinverfügung der Stadt Leipzig vom 05.04.2025 schnellstmöglich eine Beschlussvorlage zur Einführung eines Mindestbeförderungsentgelts für Mietwagenfahrten im Stadtgebiet Wuppertal (§ 51a Abs. 1 PBefG) vorzulegen.“
Zusätzlich forderte der Fraktionsvorsitzende Ralf Wegener mit dem Antrag die Stadtverwaltung im Namen seiner Fraktion auf, „ein Konzept zur Überwachung und konsequenten Sanktionierung von Verstößen gegen die Rückkehrpflicht für Mietwagen (§ 49 Abs. 4 PBefG) zu erarbeiten. Denkbar wäre hier zum Beispiel der Einsatz digitaler Kontrollinstrumente.“ Einige Tage später wurde das Thema im Rat behandelt und in den Verkehrsausschuss verwiesen, ein üblicher verwaltungsbürokratischer Vorgang.

Kurz nach der Taxi-Demo vor dem Rathaus auf dem Johannes-Rau-Platz teilte die Stadtverwaltung mit, dass man sich für die MBE entschieden habe und das Thema nun „zielführend und rasch“ behandeln wolle, wie Stehr gegenüber Taxi Times berichtet. Möglicherweise sind die Politiker so flink, weil am 14. September in Nordrhein-Westfalen Kommunalwahlen stattfinden. Doch das Straßenverkehrsamt (SVA) in Wuppertal zählt Stehr ohnehin zu den „Guten“, was die Überwachung des Personentransportgewerbes betrifft. Auch andere Stadtverwaltungen in NRW sind laut Stehr am Thema Taxigewerbe und unlauterer Wettbewerb interessiert und denken zumindest über MBE nach. In Köln sei eine interne Diskussion im Gange, während aus Düsseldorf eher Zurückhaltung bis Skepsis zu vernehmen sei.

Nico Höttges, der seit Anfang dieses Jahres Büroleiter beim Taxi- und Mietwagenverband Deutschland e. V. (TMV) ist, berichtet, das Taxigewerbe habe bereits letztes Jahr gemeinsam mit dem Taxitarifantrag auch die Einführung von Mindestbeförderungsentgelten für Mietwagen beantragt, doch habe man in der Verwaltung offensichtlich Angst vor Klagen durch Uber gehabt. Später habe es geheißen, man habe das Problem erkannt und sehe inzwischen den Handlungsbedarf.
In Wuppertal ist das Mietwagenproblem mit dem in Köln vergleichbar. Auch hier sind häufig Mietwagen mit Kennzeichen aus anderen Städten zu sehen, die die Rückkehrpflicht noch dreister und offensichtlicher ignorieren als die heimischen.

Stehr sagt, es sei ihm wichtig, die Verwaltung nicht nur zu kritisieren, sondern ihr konstruktiv zur Seite zu stehen und nach Möglichkeiten zu suchen, sie zu unterstützen, ihr Rückenwind zu geben. Sein Verband sehe, dass das SVA in Wuppertal bereits gute Arbeit leiste, aber für die Mietwagenmasse nicht genügend Manpower zur Verfügung habe. In seiner Rede vor dem Rathaus forderten er und Höttges daher nicht nur die schnelle Einführung der MBE, sondern zugleich personelle Verstärkung für das SVA, um die Mietwagenbetriebe effektiver kontrollieren zu können.

Damit ergänzt er die vielerorts erhobene Forderung nach MBE zur Unterbindung des Preisdumpings um einen ebenso wichtigen Punkt, mit dem man dem unlauteren Wettbewerb zu Leibe rücken kann: Wo Mietwagenbetriebe von vornherein effektiv wie vom Gesetzgeber gedacht kontrolliert werden, bevor Kriminelle Fuß fassen können, gibt es kein Uber-Problem. Das ist bislang hauptsächlich in Hamburg der Fall. Haben die Kriminellen sich erst einmal ausgebreitet, führt effektive Behördenarbeit eher zur Stadtflucht – wie in Berlin und München, wo die Unternehmer die Überforderung der kleinen Genehmigungsbehörden in den umgebenden Landkreisen ausnutzen.
Auch in Nordrhein-Westfalen seien die Genehmigungsbehörden überlastet. Die Abteilungen hätten zum Teil mehr Aufgaben, als sie erfüllen könnten. Daher forderte Stehr in seiner Rede auf dem Johannes-Rau-Platz den Oberbürgermeister direkt auf, bitte dafür zu sorgen, dass dieses Verkehrsamt seine Arbeit perfekt machen kann.
Der Wuppertaler Oberbürgermeister ist der Wirtschaftsprofessor Uwe Schneidewind, Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen, der 2020 von seiner Partei gemeinsam mit der CDU als Kandidat aufgestellt worden war. Das Bündnis ging 2022 in die Brüche; Schneidewind blieb im Amt. Die politische Tätigkeit ist für den ehemaligen Universitätspräsidenten und Nachhaltigkeitsforscher aber offenbar nur ein Intermezzo. Er will bei der bevorstehenden Wahl nicht noch einmal kandidieren. ar

Beitragsbild: Collage Taxi Times








