In Berlin mahlen die Mühlen der Senatsverwaltung in ihrem eigenen Tempo. Man könnte meinen, sie würden von der Strömung der Spree angetrieben. Für manch einen scheint das aber immer noch zu schnell. Ein Kommentar.
Seit Mitte Januar ist die europarechtliche Richtlinie, nach der bei Zahlungen mit Kredit- und Debitkarten keine Gebühr mehr verlangt werden darf, auch im BGB verankert. Die Berliner Taxitarifordnung von 2015 sieht einen Zuschlag aber noch vor. Einen solchen Konflikt zu Bundesgesetzen sollte eine kommunale Verordnung nicht aufweisen. Für die Taxiunternehmen gilt jedoch weiterhin, dass sie sich an die geltende Tarifordnung zu halten haben, und somit den Zuschlag von ihren Kunden verlangen. Das hat natürlich zu einigem Unmut bei Kunden geführt, den die Fahrer zu spüren bekamen.
Letzte Woche hatte die 37-jährige FDP-Bundestagsabgeordnete Daniela Kluckert angekündigt, „in den nächsten zwei Wochen“ eine Beschwerde bei der EU einzureichen. Ganz unberechtigt ist der Hintergrund der Kritik nicht. Zwar wurde die Taxitarifordnung im Juni vor dem Inkrafttreten des neuen BGB-Paragraphen 270a verabschiedet – aber nach dem Inkrafttreten der EU-Verordnung. Spätestens im April 2015 hätten die prüfenden Juristen der Senatsverwaltung auf den Widerspruch hinweisen müssen, denn dann wurde diese „Zweite Zahlungsdiensterichtlinie“ verabschiedet, die im November des gleichen Jahres Gültigkeit erlangte. Der Entwurf zur Änderung des BGB wurde im Februar 2017 vorgelegt, im April 2017 in der Bundeshauptstadt beschlossen und trat dann im Februar 2018 in Kraft. Genug Zeit, die Tarifordnung zu ändern, wäre also gewesen.
Für die FDP ist es im September 2018 an der Zeit, endlich Maßnahmen zu ergreifen! Was sie – außer Schlagzeilen – mit der Ankündigung bezweckte, bleibt fraglich. Denn dass diese Tarifänderung bereits in Arbeit ist, hätte Frau Kluckert auch sehr leicht in Erfahrung bringen können. Zumal man von einer Bundestagsabgeordneten soviel Realismus erwarten darf, um zu wissen, dass eine Beschwerde bei der EU, zu dessen Ausarbeitung der Mitarbeiterstab der FDP selber zwei Wochen veranschlagte, (wenn überhaupt, dann) vermutlich viel später Konsequenzen hat, als die bereits auf den Weg gebrachte Änderung der Tarifordnung selber. Also würde so eine Beschwerde ausgehen wie das Hornberger Schießen und wäre letztlich nicht mehr eine Obstruktion der Beamten in Berlin und in Brüssel, die sich wiederum damit beschäftigen müssen.
Nun könnte man feststellen, dass die Spree wahrscheinlich schneller durch die pulsierende Metropole fließt, als die Nachrichten über geänderte Gesetze durch Politik und Verwaltung, aber zu viel mehr taugt diese Erkenntnis auch nicht. Dann soll jetzt bitte Frau Kluckert die Erfahrung machen, wie lange die EU benötigt, eine Beschwerde abzulehnen, deren Erstellung zwei Wochen gedauert hat. Man hört diesen „Skandal“ bildlich in das Wasser der Spree kluckern.
Vielleicht fällt jemanden noch eine alternative Beschäftigung für Bundespolitiker ein, die „Wartezeit“ bis zur Novelle des PBefG zu überbrücken. Vorschläge werden in unserer Kommentarfunktion entgegengenommen. prh
Grafik: Taxi Times
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