Ab Mitte September schaltet das Amt für Mess- und Eichwesen Niedersachsen (MEN) sein Online-Terminbuchungssystem zur Eichung von Taxametern und Wegstreckenzählern für das ganze Bundesland frei. Dieses System wurde schon seit einiger Zeit für den Standort Hannover problemlos genutzt.
Ab 16. September können Taxi- und Mietwagenunternehmen über einen Link der jeweiligen Webseite der neun niedersächsischen MEN-Standorte verfügbare Eich-Termine rund um die Uhr online buchen. Auf diese Neuerung weist die Fachvereinigung Taxi/Mietwagen im Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) in seinem aktuellen Newsletter hin.
Mit dieser Maßnahme bereiten sich die niedersächsischen Eichbehörden zum einen wohl auch auf einen Ansturm vor, den man dort spätestens zum Jahreswechsel 2025 / 2026 mit dem Ende der Nichtbeanstandungsregelung zur Durchführung der TSE-Pflicht für Taxis erwartet. Seit dem Jahreswechsel 2023 – 2024 ist die digitale Datensicherung inklusive der Signierung aller Einnahmeursprungsaufzeichnungen durch den Taxameter bundesweit Pflicht. Diese Signierung muss dabei mit einer technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) erfolgen. Das zwingt viele Taxler dazu, ihre Taxameter gegen neuere Geräte auszutauschen. Aufgrund des technischen Aufwandes hatte das Bundesfinanzministerium (BMF) eine Nichtbeanstandungsregelung ausgerufen, die spätestens zum Jahreswechsel 2025 – 2026 ausläuft.
Schon in der Vergangenheit war durch die Notwendigkeit einer Konformitätsbewertung für jedes einzelne neu ausgerüstete Taxi durch die Eichbehörden der Eichaufwand nicht, wie damals mit Einführung dieser Regelung ursprünglich erwartet, geringer geworden, vielmehr häufte sich dadurch der Arbeitsaufwand für die Behörde und der Kostenaufwand für die Taxler. Darüber hinaus gehen aber auch immer mehr Kommunen dazu über, ihre Taxitarife vor allem mindestlohnbedingt in immer kürzeren Frequenzen, teilweise sogar jährlich anzupassen. Die dafür notwendigen Tarifumstellungen müssen ebenfalls von den Eichbehörden geprüft und abgenommen werden. Diese beiden Gründe drängen die Eichtermine der niedersächsischen Taxler immer mehr geballt auf die jeweiligen Jahreswechsel, sodass es in der Vergangenheit immer wieder zu Terminstaus kam. Aktuell befindet sich das MEN nach eigenen Angaben in der Test- und Schulungsphase und hofft auf einen reibungslosen Start des neuen Online-Buchungssystems. Zur allgemeinen Information zum Start soll dann auf der Begrüßungsseite der MEN-Homepage noch ein Einführungsartikel zum Online-Terminsystem verfügbar sein, der alle weiteren Schritte erklärt. Dieser ist aber erst ab dem 16. September verfügbar.
Beim Studium des Kleingedruckten im Anschluss an diese zunächst positiv klingende Digitalisierung kann einem dann aber angst und bange werden. Der Zwang zur digitalen Terminvereinbarung für alle Eichtermine mag ja noch angehen, wobei dann schon verwunderlich ist, dass Termine für die Konformitätsbewertung aber wie bisher direkt per Telefon bzw. per Mail bei den Betriebsstellen erfolgen sollen. Wenn schon Digitalisierung, dann doch bitte gleich komplett!
Auch der Einschub, dass die Termine von den jeweiligen MEN-Betriebsstellen bedarfsweise erst auf Anfrage in Eigenregie freigeschaltet werden, ist wohl der Notwendigkeit geschuldet, dass das MEN ja auch andere Aufgaben neben der Eichung von Taxisn und Mietwagen hat. Insofern soll offensichtlich trotzdem noch bedarfsgerecht reagiert werden, um ungünstige Stückelungen zu vermeiden.
Warum allerdings pro Termin grundsätzlich nur ein Fahrzeug / Messgerät gebucht und abgefertigt werden kann, erschließt sich nicht, denn in der Vergangenheit hatten gerade mittlere Unternehmen versucht, ihre Eichtermine für alle Fahrzeuge am Stück zu erledigen. Stellt man sich dann vor, welches Chaos die nunmehr auch noch notwendige Buchungsbestätigung für jedes einzelne Fahrzeug gemäß folgender Praxis bei einem Unternehmen mit zehn oder mehr Fahrzeugen verursachen kann, wird es etwas gruselig. Dort heißt es zum Ablauf: Der Kunde erhält im Buchungsprozess nach erfolgter Onlinebuchung eines Termins eine erste Mail mit einem Link zur kundenseitigen Buchungsbestätigung, die innerhalb des Terminreservierungszeitraums von zwei Stunden erfolgen muss. Ist dies erfolgt, versendet das Buchungssystem automatisch eine zweite Mail mit der finalen Termin-Bestätigung des Termins.
Die Buchung kann dann bis zwei Arbeitstage vor dem vereinbarten Termin gebührenfrei storniert werden. Dies ist ebenfalls online per Link in der zweiten Bestätigungsmail möglich. Danach will das MEN bei Nichterscheinen („No Show“) die halbe Eichgebühr berechnen. Was man dort dann wohl sagt, wenn vertretungsweise ein anderes Fahrzeug als das reservierte erscheint? Von Zulassungs- oder Führerscheinstellen ist man inzwischen ja gewohnt, dass so etwas natürlich nicht geht, aber dort gibt es immerhin auch keine No-Show-Gebühr. Also fährt der Ersatz unverrichteter Dinge wieder davon und der ursprüngliche Bucher zahlt? Und auch der Einzelunternehmer, der vor dem Eichtermin noch schnell eine schöne Einsteigertour fahren wollte und daraufhin zu spät beim Eichamt erscheint, wird nun doppelt gestraft. Und kann man den Mitbewerber jetzt quälen, indem man erstmal alle verfügbaren Termine reserviert und diese dann zwei Tage vorher wieder freigibt?
Zu allem Überdruß gibt es auch noch die neue Regelung, dass die Taxenunternehmen sich bei Tarifumstellungen vor der Termin-Buchung beim Taxiservicebetrieb bzw. beim zuständigen Eichamt vergewissern müssen, ob die Freigabe der Tarifsoftware überhaupt schon erfolgt ist. Das mag zwar bitteren Erfahrungen aus der Vergangenheit seitens der Eichbehörden geschuldet sein, jedoch kommen gescheiterte Eichtermine bei gleichzeitig fehlender Verfügbarkeit kurzfristiger Alternativtermine schnell einem Berufsverbot gleich. Da es gleichzeitig nur schwer möglich ist, sich als Taxler selber Sicherheitszeiträume zu verschaffen, da man meistenteils ja das letzte Glied in der Kette ist und dann noch ganz fix zum Eichamt muss, bleibt nur zu hoffen, dass das MEN ausreichend Termine verfügbar halten wird, um monströse Wartezeiten – wie bei vielen Zulassungsstellen inzwischen üblich – zu vermeiden.
Wie sagte letztens ein Zukunftsforscher so schön: „Estland hat dieselbe Datenschutzgrundverordnung wie Deutschland, in diesem extrem digitalisierten Land aber gibt es damit keine Probleme.“ Wenn Deutschland digitalisiert, dann aber richtig, Abläufe sollen dabei nicht optimiert werden, es soll alles perfekt sein, auch wenn es deshalb doch wieder ein bisschen länger dauert. rw
Anmerkung der Redaktion: Es wird Zeit, dass die Taxibranche nun endlich anfängt, ernsthaft und mit Vehemenz über die Einführung softwarebasierter Taxameter nachzudenken.
Beitragsfoto: Remmer Witte
Gibt es auch in NRW. Nur, Termine gibt es halt nur acht pro Tag. Auch in den Nachbargemeinden ist alles ausverkauft. Was denkt man sich als Behörde eigentlich dabei, wenn man ein solches Angebot erstellt. Alleine in der Stadt Düsseldorf gibt es über 2500 Mietwagen und 1350 Taxis. Haben Verwaltungsmitarbeiter eine Rechenschwäche?