Zur Verbandsarbeit gehört es auch, mit den Entscheidern von Behörde und Kommune zu sprechen. Derzeit ist das ÖPNV-Taxi eines der wichtigen Themen. Welche Vorteile es bringt, hat Martin Kammer, Geschäftsführer des Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes (LTV), in einem ausführlichen Interview mit der Thüringer Allgemeinen (TA) erklärt.
Taxi ist wertvoll. Es trägt zur seit jeher zur Mobilität in Deutschland bei und darf daher auf keinen Fall vergessen werden, wenn die Zukunft der Mobilität in Deutschland neu gedacht wird vor allen Dingen dort, wo sich, mangels Nachfrage, die klassische Busverbindung nicht mehr rentiert. Das führt dazu, dass der Fahrplan ausgedünnt wird oder die Fahrten komplett entfallen. Davon sind gerade die Menschen auf dem Land betroffen. Wie Martin Kammer im Interview mit der TA erklärt, gibt es eine Lösung, die sich geradezu aufdrängt. Anstatt dass der Verkehrsverbund einen eigenen On-Demand-Verkehr mit einer eigenen Flotte ins Leben ruft, könnte er stattdessen auf eine bestehende Fahrzeugflotte des Taxigewerbes zurückgreifen.

Denn das Taxi, so Kammer, habe in der Regel einen Leerfahrtanteil von ungefähr 50 Prozent. Im Idealfall stellen die Taxiunternehmen dem ÖPNV-Aufgabenträger ihre freien Kapazitäten zur Verfügung. Damit könnten dann Lücken im Fahrplan geschlossen werden und in Kombination mit einem Buchungssystem Fahrten flexibler angeboten werden, also genau dann, wenn die Fahrgäste die Fahrt brauchen. Das wird bereits in mehreren Orten in Deutschland erfolgreich praktiziert.
Während des Interviews verweist Kammer beispielsweise auf das ÖPNV-Taxi in Freudenstadt hin. (Noch mehr Beispiele findet man im Archiv der Taxi Times). Im Interview wird schnell deutlich, dass das ÖPNV-Taxi für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation darstellt. Einerseits könnte der Linienverkehr sich auf die Hauptlinien konzentrieren und Fahrgäste schnell von A nach B befördern. Das für einen Bus wenig rentable ‘mäandern’ von der ‚Gießkanne zu Gießkanne‘ könne man dem Taxigewerbe überlassen, welches auf Bestellung und flexibel auf die Wünsche der Fahrgäste reagieren könne und so seine Auslastung erhöhe.
Mit diesen guten Argumenten allein kann man keine Behörde vom ÖPNV-Taxi überzeugen. Denn auch die Finanzierung muss hieb- und stichfest gestaltet sein. Der Frage nach der Finanzierung eines ÖPNV-Taxis muss sich Kammer natürlich auch im Interview stellen. „Der Fahrpreis ist im Grund der gleiche, allerdings setzt er sich anders zusammen und der Kunde muss weniger selbst bezahlen: Der Fahrpreis setzt sich aus dem ÖPNV-Tarif, einem Komfortzuschlag und einen Ausgleich durch den ÖPNV-Aufgabenträger zusammen. Letzteres muss der Fahrgast nicht bezahlen, somit wird eine Fahrt im ÖPNV-Taxi für ihn billiger als eine normale Taxifahrt.“
Mit diesem Konzept ist der LTV in fast ganz Thüringen unterwegs. Bei Landräten oder Bürgermeistern findet der Verband einfacher offene Ohren, anders sei es bei den Verkehrsbetrieben, dort sehe man eher die Probleme. Damit ein ÖPNV-Taxi funktioniere, so Kammer gegenüber der Thüringer Allgemeinen, müssen Aufgabenträger, Verkehrs- und Taxiunternehmen an einem Strang ziehen. Linienpläne müssen komplett neu mit dem ÖPNV-Taxi gedacht und geplant werden. Derzeit ist der LTV im Gespräch mit zwei Landkreisen, welche die Einführung des ÖPNV-Taxis prüfen wollen. Bei den Kommunen, die sich nicht überzeugen lassen wollen, erhöhe man den Druck. sg
Beitragsfoto: Symbolbild ÖPNV-Taxi Quelle pixabay