Der Uber-CEO Dara Khosrowshahi nutzte seine Anwesenheit bei einer Berliner Konferenz letzte Woche, um neue Ideen vorzustellen. Hauptsächlich berichteten über die Konferenz nur Springer-Medien wie Bild, Welt oder n-tv. Der Verlag war Veranstalter der Konferenz. Der parallele Taxi-Protest wurde in den Medien nur am Rande erwähnt, die eigentlichen Botschaften zur Illegalität Ubers fanden keine Beachtung. Mit einer positiven Ausnahme.
Diese Ausnahme bildete die ARD. Eine Reporterin ist der Frage nachgegangen, ob sich die Uber-Partner an die Rückkehrpflicht halten. Man führte dazu Testfahrten durch – offizielle und solche mit versteckter Kamera. Jedes Mal wurden die Fahrer befragt, ob sie nach einer Fahrt zu ihrer Betriebszentrale zurückkehren würden. Bei der ersten Fahrt, bei der auch der Name des Fahrers genannt wurde (den Fahrer hatte die Pressestelle Ubers vermittelt), gab dieser an, er würde selbstverständlich nach jeder Tour in Richtung seiner Zentrale zurückfahren. Oft käme er allerdings nicht so weit, weil er gleich schon wieder den nächsten Auftrag erhalten würde.
Als die Reporterin danach allerdings mit versteckter Kamera weitere Fahrten durchführte, änderten sich die Antworten. Diese Fahrer erzählten, dass sie nicht zur Firmenzentrale zurückfahren würden. Somit deckte die Reporterin auf, dass die Uber-Partner ganz bewusst gegen Gesetze verstoßen. „Man müsse ja auch leben“, sagte einer von ihnen zur Rechtfertigung.
Der Sendebeitrag ist im ARD-Mittagsmagazin erschienen. Er wurde just an dem Tag ausgestrahlt, als Dara Khosrowshahi auf der Berliner Noah-Konferenz als Redner auftrat. Was er dort mitzuteilen hatte, war von langer Hand vorbereitet und am Vortag auch bereits in einem Interview mit der Bild-Zeitung nachzulesen: „Ich möchte definitiv Uber auch in weitere Städte Deutschlands bringen. Aber wir werden auf gar keinen Fall die Verantwortung für unsere Geschäftsmöglichkeiten in Frage stellen. Wir führen bereits Gespräche mit den Städten.“ Einige Gesetze erscheinen Dara Khosrowshahi „veraltet“. Die Rückkehrpflicht für Mietwagen versteht er nicht und nennt die Beschränkung „weder effizient noch umweltfreundlich“. (Hinweis der Redaktion: Das Interview wurde bereits vor fünf Wochen geführt. Für eine korrekte Übersetzung hat sich unsere Redaktion bei der Bild-Zeitung nach dem Original erkundigt).
Die weiteren Pläne Ubers wurden letzte Woche ebenfalls medial breit erwähnt: Uber möchte seinen E-Fahrradverleih ‚Jump‘ auch in Europa einführen. Der Fahrdienstvermittler hat das Fahrradverleihunternehmen Reuters zu Folge letzte Woche gekauft. „Das Team arbeitet mit Kräften daran, Jump bis Ende diesen Sommers in Berlin vorzustellen. Ebenso planen wir, es in weiteren Städten Europas zu starten,“ sagte Khosrowshahi am Rande der Berliner Konferenz am Mittwoch.
Das Konzept der GPS-überwachten Fahrräder, die per App gebucht und an einem beliebigen Ort abgestellt werden können, anstatt zu einer Verleih-Station zurückgebracht zu werden, hat bereits in China und San Francisco zu Ärger und Problemen geführt.
Khosrowshahi stellte seine neue Fahrradplattform als Beweis dafür dar, wie ernstzunehmend Ubers Bemühungen seien, die Probleme deutscher Städte, wie Staus und Luftverschmutzung, zu lösen. Das verfolge man auch mit ‚Uber Green‘ in München und Berlin, sagte er der Bild-Zeitung. Zum Thema autonome Bemühungen sagte der Uber-CEO, man werde noch lange Fahrer benötigen. Bis alle Autos autonom fahren würden, werde es auch immer noch einen Mix aus Taxis mit Fahrern und Robotertaxis geben. Das erste fliegende Taxi wird Uber nach dem Dafürhalten Khosrowshahis 2020 vorstellen und 2023 in Betrieb nehmen.
Letztendlich läuft auch bei Uber alles darauf hinaus, eine „echte Mobilitätsplattform“ zu werden. Man werde viel mehr als nur Autos anbieten, so der CEO im Gespräch mit der Bild-Zeitung. Er möchte, dass Uber die „globale Mobilitätsplattform Nummer 1 und somit das Amazon des Transportes“ wird. Das sei der Grund, warum trotz anhaltender Verluste weiter in Uber investiert würde. Seit letztem Jahr bietet Uber eine eigene Kreditkarte, die Kunden mit vielen Vergünstigungen lockt, wenn sie Produkte von oder mit Uber nutzen.
Während der Uber-Chef also in der deutschen Hauptstadt all seine Pläne vorstellen durfte, protestierten Berliner Taxikollegen vor dem Veranstaltungsort gegen Uber. Sie waren mit verschiedenen Anti-Uber-Plakaten erschienen, hielten ihre abmontierten Taxi-Dachzeichen in die Höhe und pfiffen. Die Initiative zu diesem Protest ging von einer Berliner Facebook-Taxigruppe aus, war allerdings von den verantwortlichen Administratoren nicht als Demonstration angemeldet worden, wie ein Polizeibeamter gegenüber Taxi Times vor Ort bestätigte.
Berlins Taxiverbände hatten sich offiziell nicht an der Demonstration beteiligt, zeigten aber in einer Presseerklärung Verständnis für die Kollegen und bemühten sich, auf die permanenten Verfehlungen des Fahrtenvermittlers hinzuweisen. „Das Geschäftsmodell dieser App ist mit dem gültigen Rechtsrahmen des Personenbeförderungsgesetzes nicht vereinbar, was auch der Europäische Gerichtshof beschied“, sagt Detlev Freutel, Vorstand des „Taxiverband Berlin-Brandenburg e.V.“ (TVB).
Uber vermittle Fahrten an angeschlossene Partner, die über eine so genannte Mietwagenkonzession verfügen. Mietwagenverkehre (mit Chauffeur) unterliegen aber strengen Regelungen. So dürfen sie beispielsweise – im Gegensatz zu Taxis – am Straßenrand keine winkenden Fahrgäste aufnehmen und auf der Suche nach Fahrgästen nicht ziellos umherkreisen oder sich auf Parkplätzen oder Standplätzen bereithalten. Ihre Fahrtaufträge müssen an ihrem Betriebssitz eingehen, nicht über eine App direkt im Fahrzeug. All dies wird von den Uber-Partnern systematisch missachtet und vom Auftraggeber Uber wissentlich ignoriert.
„Wenn sich die Taxifahrer an die Regeln halten, die Uber-Partner aber nicht, dann liegt eine massive Wettbewerbsverzerrung vor“, bringt es Rolf Feja, Vorstand der „Innung des Berliner Taxigewerbes e.V.“ (Taxi-Innung), auf den Punkt.
Unmittelbar an die Behörden und deren Kontrollpflicht wendet sich der Berliner Verband Taxi Deutschland, Berlin e.V. „Wir fordern die Behörden auf, nicht nur die Kontrollen gegenüber den Uber-Partnern zu verstärken, sondern auch die Wurzel dieser chronischen Gesetzesüberschreitungen anzupacken, indem man die Uber-App endlich verbietet. Ein solches Verbot ist auch aus Verbraucherschutzgründen zwingend notwendig“, erklärt deren Vorstand Ertan Ucar.
Die Berliner Taxi-Innung griff in einer gesonderten Presseerklärung den Veranstalter der Noah-Konferenz an. Den Uber CEO Dara Khosrowshahi auf der Konferenz sprechen zu lassen, sei „ein Schlag ins Gesicht für alle Verfechter eines Rechtsstaats und demokratischer Grundwerte. Die Einladung des neuen CEO von Uber Technologies ist ganz besonders zynisch und gesellschaftspolitisch hoch gefährlich. Herr Khosrowshahi vertritt ein Unternehmen, das wie kein anderes in der neuen digitalen Welt für eine menschenverachtende, sexistische und kriminelle Unternehmenskultur steht.“ jh
Hinweis der Redaktion: Die Inhalte beider Pressemeldungen fanden in den Medien keinerlei Beachtung. Umso wichtiger, dass die ARD in ihrem Selbstversuch die Vorwürfe des Taxigewerbes bestätigte.
Foto: Taxi Times – Simi
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