Bei einem Infotreffen in der Nähe von Aschaffenburg bekamen knapp 20 Unternehmer wertvolle Tipps, wie man sich gegen Dumpingpreise seitens der Krankenkasse wehrt. Der Ansatzpunkt ist eine Interessengemeinschaft, doch der Anfang dazu ist schwer.
Der örtliche Taxiunternehmer Uli Lo Re hatte 40 Taxi- und Mietwagenunternehmer in einem Radius von 30 Kilometern rund um den Landkreis Miltenberg eingeladen. Gekommen waren davon knapp 15. Sie sollten externe Impulse zur Organisation eines gemeinsamen Auftretens gegenüber Behörden und Krankenkassen bekommen. Uli Lo Re hatte dafür Christian Linz aus Nürnberg und Markus Schmid aus der Ortenau als Referenten gewinnen können.
Linz trat dabei als Vorstandsmitglied für den Landesverband Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmer auf. Er bot von Verbandsseite den Support an, betonte aber auch, dass die Arbeit vor Ort erledigt werden muss. Dabei sei nicht nur im Hinblick auf Krankenfahrtentgelte ein gemeinsames Handeln wichtig, sondern auch gegenüber den Kommunen, die zunehmend bedarfsgesteuerte Linien einführen. Der einzelne Unternehmer habe keine Möglichkeit, an solchen Projekten mitzuwirken. Im Verbund allerdings könne man solche Linien und On-Demand-Dienste sehr wohl auch fahren.
In Bezug auf notwendige Tariferhöhungen plädierte Linz für eine Anpassung alle zwölf Monate, da ja auch die Kosten jährlich ansteigen würden. Er nutzte seinen kurzen Gastvortrag auch, um auf den in seinem Verband kostenlos erhältlichen Impfaufkleber aufmerksam zu machen und kündigte zudem für den 9. April einen „Taxitarifbeantragungstag“ in Nürnberg an, bei dem nicht nur der Name Programm ist, sondern zudem auch ein Tesla probegefahren werden kann.
Den Hauptteil der Veranstaltung übernahm anschließend Markus Schmid. Er ist Vorsitzender der Interessengemeinschaft Taxi Ortenau, die sich im Jahr 2006 gegründet hatte, als die AOK damals Krankenfahrten zu wirtschaftlich völlig unrentablen Entgelten durchsetzen wollte. Schmid schilderte die Anfänge und den Werdegang und zog damit Parallelen zum aktuellen „Ist-Zustand“ der Miltenberger Bemühungen. Wichtig für eine Einigkeit innerhalb der regionalen Unternehmer sei, dass man zunächst das gegenseitige Misstrauen ausräume. Der eine Unternehmer mag den örtlichen Wettbewerber nicht, obwohl er ihn eigentlich gar nicht kennt. In der Ortenau sei es damals – auch mit kleinen Notlügen – gelungen, diese „verfeindeten“ Kollegen an einen Tisch zu bekommen – wo die Beteiligten denn auch schnell bemerkt haben, dass der jeweils andere doch ganz okay ist und dass er vor allen Dingen die gleichen Probleme hat.
Dieser gemeinsame Nenner ist dann auch die Zielsetzung einer Interessengemeinschaft: Herauszufinden, was alle miteinander vereint. In der Ortenau sei dies der AOK-Vertrag gewesen und das gemeinschaftliche Bewusstsein, dass man für damals 63 Cent pro gefahrenen Kilometer nicht kostendeckend agieren kann. Es sei ein mühsamer Weg gewesen, gesät von vielen Zweifeln, berichtete Schmid. „Wir haben keine Chance gegen Krankenkassen, aber die sollten wir gemeinsam nutzen“, lautete sein Credo, mit dem er die anderen Mitstreiter überzeugen konnte.
Fortan trat man mit einer Stimme gegenüber den Behörden auf, trug sachlich vor, warum 63 Cent unwirtschaftlich sind und erreichte schließlich, dass die Behörde den AOK-Tarif nicht genehmigte. Es war der Beginn einer 15-jährigen Erfolgsgeschichte, die noch heute unter dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ fortgeschrieben wird.
Auch deshalb, weil man sich nach wie vor monatlich zu einem Stammtisch trifft. Weil man zusätzlich Events organsiert (Sicherheitseminare, Fahrtrainings) oder auch gemeinsam zu Veranstaltungen reist. Wichtig sei zudem, so Schmid, dass man in der Diskussion stets sachlich bleibt, voreinander Respekt hat und bei der Stimmgewichtung nicht unterscheidet, ob einer zwei Taxis oder zehn hat.
Wichtig sei auch, dass man gegenüber den Krankenkassen selbstbewusst auftritt, denn sowohl bei der Preisverhandlung als auch bei den organisatorischen Rahmenbedingungen liegt noch einiges im Argen. Der Taxitarif sei beispielsweise als Barzahlungstarif ausgelegt. Krankenfahrten laufen auf Rechnung, haben dadurch einen deutlich höheren Aufwand, sie müssten somit also oberhalb des Tarifs abgerechnet werden zuzüglich einer Pauschale für den Verwaltungsaufwand. Auch die lange Bearbeitungsdauer von durchschnittlich acht Wochen bei manchen Serienfahrten vom Zeitpunkt der ersten Fahrt bis zur Auszahlung sei nicht gerechtfertigt.
Das Taxi bzw. der ehrlich agierende Mietwagen seien vor allen in ländlichen Gebieten alternativlos. Keine andere Verkehrsform könne diese Dienstleistung kurzfristig und ständig anbieten. Ohne Taxis und Mietwagen wäre keine ambulante Versorgung der Dialyse- und Strahlenpatienten möglich. „Wir sind ein Teil der Therapie“, macht Markus Schmid den Kassenvertretern in Gesprächen immer wieder klar. „Zu Beginn bin ich dafür immer ein wenig belächelt worden“, berichtet er. Diese Erkenntnis müsse sich aber durchsetzen. „Wir tragen zur Genesung des Patienten mit bei. Das muss auch seriös vergütet werden.“
Mit diesem Appell schloss Schmid seinen Vortrag ab. Ob die Unternehmer in und rund um die Landkreise Miltenberg und Aschaffenburg eine ähnliche Erfolgsgeschichte schreiben werden, steht noch in den Sternen. Dort befindet man sich noch ganz am Anfang.
Vielleicht entsteht ein solcher Zusammenhalt mit dieser Organisationsform aber auch noch in anderen Regionen. Unter die Gäste hatten sich eine Taxiunternehmen aus dem Landkreis Coburg und einer aus dem Raum Nürnberg gemischt. Beide mit der Zielsetzung, bei sich ebenfalls einen Zusammenhalt herzustellen. „Wir machen derzeit noch zu wenig gemeinsam, das macht das Leben unnötig schwer“, sagte Karin Olm aus Bad Rodach bei Coburg gegenüber Taxi Times. jh
Das Beitragsfoto zeigt den Taxiunternehmer Uli Lo Re (rechts) mit seiner Familie. Im Betrieb arbeiten die Schwester, die Frau und die beiden Kinder mit. Foto: Taxi Times