Taxiunternehmer in Berlin und Umgebung, die ihre Taxameter eichen lassen müssen, haben derzeit Wartezeiten von über elf Monaten in Kauf zu nehmen.
Wie mehrere Taxiunternehmer berichten, ist die Wartezeit beim Landesamt für Mess- und Eichwesen Berlin/Brandenburg inzwischen auf fast zwölf Monate gestiegen. So hat ein Berliner Zwei-Wagen-Unternehmer am 27.10.2020 Eichtermine für seine Taxis für den 7. und den 22. Oktober nächsten Jahres gebucht.
Ein anderer berichtet, er habe Glück gehabt und einen abgesagten Termin bereits im März 2021 erhalten. Er sei zwecks Versuch einer Terminbuchung vor wenigen Tagen direkt in die Außenstelle in Berlin-Wilmersdorf gefahren und habe festgestellt, dass für die Taxis und Mietwagen dort insgesamt vier Mann Personal zuständig gewesen seien, davon drei in der Prüfhalle und einer für den „Papierkram“. Ihm sei aufgefallen, berichtete der Kollege, dass der Hof voller Pkw stand, unter denen sich kein einziges Taxi befunden habe, dafür aber jede Menge Mietwagen.
Im August 2016 hatte das Berlin-Brandenburgische Eichamt die Online-Terminvergabe eingeführt. Im April 2017 sprach ein Mitarbeiter gegenüber Taxi Times noch von guten Erfahrungen und einer Wartezeit von sechs Wochen. Mitte Januar 2019 berichtete die Berliner Taxi-„Innung“ dann schon von Terminen in fünf Monaten und warnte davor, die rechtzeitige Buchung zu versäumen, da dies einen „mehrmonatigen Zwangsurlaub“ und eine Strafe zur Folge haben könnte. Unternehmer, denen solche Probleme drohten, mussten zum Eichen ihrer Geräte teils zu weit entfernten Dienststellen ausweichen, etwa in Eberswalde (60 km), Fürstenwalde (70 km) oder Cottbus (120 km).
Ein solcher „Zwangsurlaub“ ist heute allerdings keine zwangsläufige Folge eines versäumten Termins mehr, da die Behörde eine Ausnahmegenehmigung ausstellt. Diese erlaubt, dass trotz Ablauf der Eichung weiterhin das Taxi vorläufig (weiter-)betrieben werden darf. (In der ersten Version dieser Meldung hatten wir irrtümlich geschrieben, es falle eine Gebühr für eine solche Verlängerung an, auch wenn der Antragsteller für die Verzögerung nicht selbst verantwortlich sei.)
In der Oktober-Ausgabe 2019 hatte die Regionalausgabe der Taxi Times Berlin noch vermeldet: „Nur 30 Termine vergibt das Berliner Eichamt in der Lentzeallee täglich online. Mehr ist mit drei Prüfständen nicht möglich, die pro Eichvorgang mindestens 15 Minuten belegt sind. Folge: Der nächste freie Termin ist frühestens ab Juli 2020 verbindlich online buchbar. Wenn man Glück hat, sagt jemand anders ab. Die Ursache liegt in der bloßen Zahl an Taxi- und Mietwagenkonzessionen, die in Berlin mittlerweile über 11.000 liegt. Würde der Senat endlich die Forderung des Taxigewerbes erfüllen, auch für Mietwagen Wegstreckenzähler vorzuschreiben, dann müssten plötzlich 11.000 Taxis und Mietwagen jährlich geeicht werden.“
Als das Taxigewerbe Anfang 2020 den Druck auf den Berliner Senat erhöhte, etwas gegen die permanenten Rechtsverstöße durch Mietwagenbetreiber und -fahrer zu unternehmen und auch Taxi-Berlin-Geschäftsführer Hermann Waldner in Gesprächen mit Verkehrssenatorin Regine Günther überzeugend darlegte, dass es in Hamburg gut funktioniert, beschloss die Landesregierung, Mietwagenbetreibern künftig keine Ausnahmegenehmigungen mehr von der Wegstreckenzählerpflicht zu erteilen. Bis dato waren solche Ausnahmen die Regel gewesen, was mit dazu beitrug und beiträgt, dass die Zahl der Mietwagenkonzessionen in Berlin auf weit über 4.000 gestiegen ist und beinahe täglich weiter wächst. Im Berliner Regionalteil der Corona-Ausgabe 2020 der Taxi Times war hierzu zu lesen: „Die Umsetzung hängt allerdings am Eichamt, das für das Projekt zu wenig Personal hat. Für dessen Bewilligung ist wiederum die Wirtschaftsverwaltung zuständig. Hier fordert das Taxigewerbe nun die Schaffung weiterer Stellen.“
Wann mit einer Umsetzung des Beschlusses zu rechnen ist, steht folglich in den Sternen, denn das Fehlen von Personal ist in den meisten Berliner Behörden von der Verkehrsverwaltung über die Polizei und das Ordnungsamt bis zum Sozialgericht ein eminentes Problem und lähmt die Verwaltung in Teilen seit Jahren. Wenn zunehmend mehr Uber-Partner Wegstreckenzähler einbauen und eichen lassen müssen, könnte ihre Anzahl zwar künftig weniger schnell wachsen, doch das Eichamt hätte auf einen Schlag deutlich mehr Arbeit – was die Wartezeiten nochmals erheblich erhöhen dürfte. ar