Bei der Jahreshauptversammlung der Fachgruppe Taxi und Mietwagen des Verkehrsverbands Baden zog der Geschäftsführer eine Corona-Bilanz. Zudem gab ein Vertreter des Bundesverbands Ausblicke zur neuen PBefG-Novelle.
Ist Corona überwunden? Zumindest die schlimmste Phase des Lockdowns ist derzeit Vergangenheit. Man darf sich wieder treffen. Demzufolge war die Jahrestagung der Fachversammlung Taxi und Mietwagen des Verkehrsverbands Baden an diesem Wochenende auf dem Karlsruher Messegelände eine Präsenzveranstaltung. Wie mühsam generell das „Wiederhochfahren“ voranschreitet, macht die mäßige Beteiligung deutlich. Gerade einmal rund zehn Prozent der Mitglieder waren erschienen.
Tobias Lang, Geschäftsführer des Verbands, äußerte sich darüber entsprechend enttäuscht, zeigte aber auch Verständnis. Viele Mitglieder leiden aktuell unter akutem Fahrermangel und müssten deshalb selbst hinter dem Steuer sitzen – ein Thema, das Taxi Times kürzlich in märchenhafter Form thematisiert hatte.
Bärbel von Teuffel, Mitglied des Vorstands der Fachgruppe Taxi und Mietwagen, freute sich trotzdem über ein Event, bei dem man sich wieder „Face to face“ sehen konnte.
Diejenigen, die gekommen waren, konnten neben dem Jahresbericht des Geschäftsführers Tobias Lang auch einem Fachvortrag von Michael Oppermann lauschen, dem Geschäftsführer des Bundesverbands Taxi und Mietwagen (BVTM). Darüber hinaus bestand im Anschluss die Möglichkeit, sich auf der Messe „Nufam“ die Sonderausstellung zu Rollitaxis anzusehen.
Ein abwechslungsreiches Vormittagsprogramm also, bei dem Tobias Lang gleich zu Beginn einen kurzen Überblick gab, wie sehr Corona den Alltag in der Verbandsgeschäftsstelle verändert und in Anspruch genommen hat. Aus früheren persönlichen Gesprächen mit den Politikern wurden Videokonferenzen, bei denen man mal mehr, mal weniger erfolgreich über Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen verhandelt hatte.
„Zu Beginn wurde darüber diskutiert, wie ein Mindestabstand von 1,50 Meter eingehalten werden kann oder ob die Nutzung des Beifahrersitzes verboten wird“, berichtete Lang. Auch um Finanzhilfen wurde gekämpft. Die Soforthilfe letztes Jahr sei eine gute und schnelle Hilfe gewesen, lobt Lang dabei die Politik, kritisierte aber die zu späte Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums, den Einbau von Trennschutzsystemen zu bezuschussen. „Als das endlich beschlossen wurde, hatten die meisten Unternehmen längst eine Trennscheibe auf eigene Kosten eingebaut.“
Auch Probleme mit alltäglichen Bedürfnissen standen auf der Agenda des Verbands. Für Kliniken galt ein Betretungsverbot, Hotels und Gaststätten hatten geschlossen. Für die Taxifahrer bestand somit keine Gelegenheit mehr, irgendwo auf die Toilette zu gehen. Eine Stadt habe dafür eine Lösung in Aussicht gestellt, hätte dafür aber zusätzliche Gebühren verlangt.
Als dann zum Jahreswechsel die Impfungen begannen, habe man insgesamt vier Schriftsätze an das Baden-Württembergische Sozialministerium geschrieben, um eine landesweite Kostenübernahme für Impf-Taxis zu erreichen. Lang bezeichnete es als „besondere Leistung“ des Ministeriums, dass man es nicht einmal für nötig befunden hat, zu antworten. Also habe man den mühsameren Weg über die Kommunen gewählt, dort aber auch nur punktuell wie beispielsweise in Heidelberg oder in Wolfach Erfolg gehabt. Auch bei den Ersatzleistungen für ausgefallene Schülerfahrten gab es lediglich regional höchst unterschiedliche Einzellösungen.
Im Bereich der Krankenfahrten, berichtete Lang weiter, habe man mit der AOK und dem Verband der Ersatzkassen gut verhandelt und gute Abschlüsse erzielt. Dagegen übte Lang deutliche Kritik am Alleingang der DAK, Krankenfahrten über so genannte Premiumpartner durchführen zu lassen. Er betonte aber auch, dass die DAK einen Besetztkilometer von 1,50 Euro nur deshalb durchsetzen könne, weil sie genügend Taxi- und Mietwagenunternehmer finde, die zu diesem Preis fahren würden. Würden sich alle Unternehmen am ausgehandelten Rahmenvertrag orientieren, könnte die DAK ihr Premiummodell wieder einpacken, weil sie dann niemanden finden würde, der dafür fährt.
Mit dem Appell an die Mitglieder, ihre Probleme an den Verband heranzutragen, da dies der erste Schritt sei, sie auch lösen zu können, schloss Lang seinen Vortrag ab.
Der Verband des Verkehrsgewerbes Baden e.V. ist mit seiner Fachgruppe Taxi und Mietwagen Mitglied des BVTM. Von dort war aus Berlin dessen Geschäftsführer Michael Oppermann nach Baden gekommen, um unter dem Motto „Hinterm Horizont geht’s“ weiter einen Überblick zu geben, welche neuen Perspektiven sich nach der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) ergeben.
Vorher gab Oppermann einen Einblick hinter die Kulissen der Bundes-Verbandsarbeit, angefangen von der ersten Spontan-Demo gegen Scheuer im Februar 2019 nur zwei Tage nach der Veröffentlichung seiner taxifeindlichen Eckpunkte über den Taxi-Aktionstag am 10. April 2019 bis hin zur Scheuerwehr-Tour im Sommer 2019. All diese öffentlichkeitswirksamen Aktionen liefen im Vordergrund ab, während man parallel im Hintergrund zahlreiche Gespräche mit Politikern aller Parteinen führte, in dessen Rahmen manche E-Mail-Korrespondenz erst weit nach Mitternacht geendet hatte.
Als besonders intensiv seien dabei die letzten beiden Wochen vor der endgültigen Verabschiedung der Novelle im März 2021 gewesen, als unter der Regie der Grünen um die letzten Formulierungen gerungen wurde. Die Tatsache, so Oppermann, dass man zu diesem Zeitpunkt regelmäßig involviert war, sei als Ergebnis der jahrelangen Gespräche und des öffentlichen Drucks zu werten.
Letztlich sei die jetzige Form der Novelle im Vergleich zu den allerersten disruptiven Plänen des Verkehrsministeriums deutlich positiver ausgefallen.
Nach der Novelle hatte der Bundesverband einen Leitfaden erstellt, der aktuell die Basis für viele Beratungen bei den Behörden zur Umsetzung der neuen PBefG-Vorschriften ist. Vieles bleibe derzeit noch offen. So habe beispielsweise noch keine Kommune einen jetzt möglichen Tarifkorridor umgesetzt. Der ins PBefG neu aufgenommene Anspruch auf Regionalisierungsmittel, die nun auch dem Taxigewerbe zustehen, ist für viele ebenfalls noch Neuland. Dabei handelt es sich um riesige Summen, die der Bund ausschüttet und die über die Länder verteilt werden, damit die vornehmlich ländliche Mobilität auf der Schiene und der Straße aufrechterhalten bzw. verbesset wird. Nach und nach müssen nun die Möglichkeiten für solche Regionalisierungsmittel ausgelotet werden.
Zum Abschluss seines Vortrags verwies Oppermann auf eine Studie zu den globalen Megatrends, die langfristig die Weltwirtschaft beeinflussen. Dazu zählen unter anderem die Urbanisierung und das damit veränderte Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerug, die gesellsschaftliche Beschleunigung, beispielshaft erläutert anhand eines Lieferdienstes (am Mittag bestellt, bis 18 Uhr geliefert) und die alternde Gesellschaft.
Für all diese Megatrends habe die Taxibranche bereits die passenden Lösungen oder könne diese liefern. Sharing Economy betreibe man beispielsweise seit 1983 in Form von AST. Der Wechsel auf Elektromobilität sei ebenfalls bereits angestoßen und die Digitalisierung sei längst mit eigenen Bestell-Apps vollzogen.
„Die Zukunft passiert nicht, man gestaltet sie“, gab Oppermann den Zuhörern mit auf den Weg. Genau eine solche Zukunft habe die Taxibranche. jh
Beitragsfoto: Taxi Times