300 Taxis haben am Dienstag in Hamburg demonstriert. Wer aus diesem Protest nur die Forderung „Moia muss weg“ herausliest, hat nicht verstanden, worum es wirklich geht.
Am Tag nach der Berichterstattung der Taxi Times zur Hamburger Taxidemo erreichte uns die Mail eines Lesers: Er bat uns, „den Blick dahin zu leiten, was wirklich wichtig ist: Wie schafft es Taxi, in der Perspektive in Konkurrenz und Ergänzung mit anderen Mobilitätsanbietern eine Rolle zu spielen, wie flexibel muss das Gewerbe und seine Akteure werden?“
Und weiter: „Der Ruf „MIOA muss weg“ ist da viel zu wenig und wird keinen Erfolg haben. Auch der Mobilitätsmarkt ordnet sich in einem bisher nicht dagewesen Umfang und Tempo neu und die hier abgefeierte Abwehrhaltung des Gewerbes wird nur aus den eigenen Reihen beklatscht, all diejenigen, die von außen draufgucken –Fahrgäste, Verwaltung und Politik- schütteln nur noch den Kopf.“
Ist das wirklich so? Oder kann man den Spieß nicht umdrehen und den „Kopfschüttlern“ vorwerfen, sie hätten ein massives Wahrnehmungsproblem? Werden Taxifahrer und ihre Vertreter wirklich als diejenigen wahrgenommen, die alle potenziellen Wettbewerber ablehnen? Kommt es tatsächlich so rüber, dass Taxizentralen, Unternehmer und Taxifahrer die neuen digitalen Möglichkeiten ignorieren?
Gerade in Hamburg ist doch das, was uns Moia und Co. als neue Verkehrsart verkaufen wollen, im Taxibetrieb eingeführt. Hansa-Funk und auch mytaxi (die an der Demo-Organisation nicht mitgewirkt haben) bieten eine Sharing-Funktion in ihrer App an. Mit einem fairen, transparenten System kann so jede Fahrt billiger werden.
Die Betonung liegt bei Hansa-Funk allerdings auf dem Wort „kann“, denn wenn sich kein zweiter oder dritter Mitfahrer findet, kostet es doch den normalen Taxipreis. Nur so lässt es sich wirtschaftlich darstellen. Die Nutzerzahlen der Sharing-Funktion sind entsprechend gering. Und solange sie gering sind, wird es schwer, mehrere Kunden für gleiche Fahrtstecken zu finden. Das berühmte Henne-Ei-Prinzip.
Bei Moia soll Ride-Sharing dagegen der Heilsbringer sein. Das kann nur dann klappen, wenn man spottbillig fährt und jede Fahrt mit Fremdkapital subventioniert. Und wenn man sich nur jene Zeiten aussucht, zu denen viele Personen unterwegs sind. Natürlich auch nur in der Zone, in der sich diese Menschen bewegen, in der Innenstadt – also dort, wo jede Kommune weniger anstatt mehr Verkehr haben will.
Jede Kommune genehmigt und überwacht die Personenbeförderung – vom Linienverkehr über das Taxi bis zum Mietwagen. Sie sind dafür verantwortlich, dass alle drei Verkehrsarten funktionieren, nur dann ist Mobilität für jedermann garantiert. Das Taxi funktionierte in diesem Dreigestirn, solange die klaren Abgrenzungen und die damit verbunden Regeln von allen eingehalten wurden. Auf die seit einigen Jahren eindringenden neuen Wettbewerber muss die Branche zweigleisig reagieren. Sie muss sich gegen unlauteren Wettbewerb wehren und muss gleichzeitig noch flexibler werden. Bei der Wahl seiner Antriebsart, bei den Beförderungsarten, bei der Auswahl seiner Bestellmöglichkeiten. Wer das Gesamtkonstrukt Taxi im Jahr 2018 mit dem aus dem Jahr 2000 vergleicht, sieht deutlich, welch großer Wandel im Taxigewerbe permanent stattfindet.
Das Taxigewerbe wird sich auch in Zukunft wandeln, aber es muss dazu keine alten Zöpfe abschneiden. Es wird allerdings den einen oder anderen Zopf neu flechten müssen. Und es muss sich weiterhin gegen diejenigen wehren, die der Branche nicht nur die Zöpfe, sondern gleich den kompletten Skalp abschneiden wollen.
Was am Dienstag in Hamburg und einen Tag vorher in Wien passierte, war deshalb keine „abgefeierte Abwehrhaltung“ einer Branche, die ein paar Prozentpunkte Umsatzeinbußen zu befürchten hat. Es war der verzweifelte Hilferuf der Kollegen, die sich ernsthafte Sorgen um ihre Existenz machen – um die eigene und um die ihrer Familien. Es wäre sehr schade, wenn das wirklich nur Kopfschütteln hervorgerufen hätte. jh
Damit verabschiedet sich die Redaktion für diese Woche und wünscht allen Kolleginnen und Kollegen wie immer gute Kasse. Und den Hamburgern ganz speziell viele geteilte Taxifahrten. Verbunden mit der Hoffnung, dass viele dieser Kunden abermals den Kopf schütteln. Diesmal aber vor Verwunderung darüber, was das gute, alte Taxi leisten kann.
Grafik: Taxi Times
Hinweis in eigener Sache: Diese Meldung können Sie auch in unserer Taxi Times-App nachlesen. Jetzt kostenlos runterladen.
Ich verstehe den Standpunkt der Redaktion , sie erinnert mich an den aufrechten Kapitän auf seiner Brücke, während der Dampfer untergeht….. .
Bei dieser Einstellung… :“Auf die seit einigen Jahren eindringenden neuen Wettbewerber muss die Branche zweigleisig reagieren. Sie muss sich gegen unlauteren Wettbewerb wehren und muss gleichzeitig noch flexibler werden. “
kann es nur abwärts gehen, denn viele sogenannte Wettbewerber sind Heuschrecken und man kann nur wenig dagegen tun, da die Behörden nicht mitspielen, sondern lieber zuschauen. Heute führt fast jeder wiederholten Transport von Personen zum eigenen Vorteil ohne Lizenz durch, Werkstätten werben damit ebenso wie Hotels , oder Pflegedienste und Altenheime.
Ja, da müssen wir immer flexibler werden , am besten wir üben von Luft und Liebe zu leben und versuchen die immer teurer werdenden Fahrzeuge mit dem reichlichen Trinkgeld zu finanzieren.
Ein sehr guter Kommentar. Nach der Demo berichten die Kollegen, dass die Gespräche mit den Fahrgästen sehr erfreulich verlaufen. Kunden wollen plötzlich genau wissen, was die Sache ist. Insofern ist wichtig, dass wir unsere Standpunkte deutlich erklären. Dieses gestaltet sich schwer, weil die Presse sich noch immer von der „schönen neuen Welt“ blenden lässt. Es gilt jetzt dafür zu sorgen, dass gründlich recherchiert wird. Kein leichte Aufgabe. Aber ich bin zuversichtlich, dass das klappen wird.
Ivica Krijan
http://www.dieKlage.de
1. Moia, privat subventioniert (VW)
2. Uber, privat subventioniert (Investoren)
3. Clever-Shuttle subventioniert (Deutsche Bahn)
Wie soll das Taxigewerbe tariflich da mithalten?
Wenn die Fahrgäste lieber Festpreise und geteiltes fahren Wünschen, dann sollten auch wir im Taxigewerbe die Möglichkeit bekommen…
Anpassung der Tarifpflicht, beziehungsweise Flexibilisierung der Tarife.
Als Beispiel: alle Fahrten per Festpreis oder geteiltes fahren werden nur bargeldlos durchgeführt (Digitalisiert).
Um unsere Auslastung zu steigern könnte der Fahrpreis ruhig günstiger sein wenn wir dadruch mehr Fahrgäste gewinnen. Jedoch sollten die Behörden und Politik auch mit uns das Gespräch suchen, und gegebenenfalls die Pflichten im Taxigewerbe anzupassen.
Wenn man das Personenbeförderungsgesetz liberalisiert, zu gunsten subventionierter Anbieter, muss ich unserer Regierung unterstellen dass sie das Taxigewerbe zerschlagen wollen.
Standen zu zweit letzte Woche am Hamburger Flughafen mit sechs Koffern.
Anstatt dass einer der Herren Taxifahrer per Funk mir einen großen Wagen ordert, erhielt ich den „Tipp“, doch zwei Taxen zu nehmen. Dies wiederholte sich von Wagen zu Wagen.
Das ist genau der Ausdruck eines unverschämten, geldgierigen Verhaltens, wo versucht wird, die Situation eines Fahrgastes für seinen eigenen Profit schamlos auszunutzen.
Also habe ich selbst einen großen Wagen bestellt. Dieser kam auch, jedoch durfte ich die Koffer selbst reintragen.
Ich wünsche Euch Taxifahrern soviel Konkurrenz, dass endlich der Service und die Freundlichkeit nach oben-, und die Preise nach unten gehen.
Lieber Taxikunde, da kann ich Ihnen uneingescränkt zustimmen. Die Branche hat auch intern noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Ich bitte Sie jedoch aus Erfahrung, dieses Fehlverhalten der Hamburger Taxifahrer nicht als generelles Verhalten zu brandmarken.