Die Fachvereinigung Personenverkehr im LTV legt einen beeindruckenden Bericht über ihre Arbeit vor, schwört ihre Mitglieder auf Einigkeit ein und blickt entschlossen und ideenreich in die Zukunft. Nachholbedarf besteht lediglich bei der Dienstleistungsqualität.
Das Führungspersonal der Fachvereinigung Personenverkehr im Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes e. V. (LTV) und weitere Gewerbevertreter wie etwa Michaela John waren bereits wenige Tage zuvor beim Deutschen Taxi- und Mietwagentag vom Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) auf dem Messegelände im Erfurter Westen zusammengetroffen. Nun ging es am Samstag im Süden der Stadt, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Landtag, um Belange des Landesverbandes.
Um kurz nach 10 Uhr eröffneten Hauptgeschäftsführer Martin Kammer und der Vorstandsvorsitzende Daniel Schwuchow die straff strukturierte Sitzung mit kurzen Redezeiten und begrüßten die Mitglieder, Delegierten, Referenten und Gäste. Schwuchow war drei Tage zuvor in den Vorstand des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) gewählt worden, womit nicht nur Thüringen, sondern auch Sachsen-Anhalt im BVTM eine stärkere Stimme erhalten hat. Schwuchow stammt aus einer Taxler-Familie. Die Erfurter City-Taxi AG, Taxiunternehmen und Funkvermittlung, die heute von Schwuchow und seiner Schwester Michaela John geleitet wird, wurde lange Zeit vom Vater Wolfgang Schwuchow betrieben.
Laut Rechenschaftsbericht verfügt die Fachvereinigung derzeit über 329 Mitgliedsbetriebe, nachdem – im Zeitraum seit der letzten Versammlung im Dezember 2024 – einige ausgeschieden und in etwa gleich viele neue hinzugekommen waren, die von Schwuchow einzeln namentlich willkommen geheißen wurden. Er nannte aktuelle Zahlen und informierte über Aktivitäten der Vorstandsmitglieder Matthias Müller, Dennis Mohr und Daniel Schwuchow in den BVTM-Fachausschüssen für Kranken- und Sonderfahrten, Technik und Digitalisierung sowie Gewerbepolitik. Die Geschäftsstelle ist dort außerdem in den Ausschüssen für Gewerbepolitik, Kranken- und Sonderfahrten, Arbeit, Soziales und Fortbildung, Technik und Digitalisierung sowie im Sozialpolitischen Ausschuss tätig und vertritt zudem die Gewerbeinteressen bei allen Thüringer Verkehrsausschüssen der drei Industrie- und Handelskammern, im Thüringer Verkehrssicherheitsrat sowie als Teil des Thüringer Mobilitätsnetzwerkes.

In 19 der 22 Landkreise und kreisfreien Städte hatte die Fachvereinigung unter Hinweis auf nicht mehr auskömmliche Beförderungsentgelte Tarifänderungen angeregt. Leider hätte die Mehrzahl der Behörden die Prüfung der Vorschläge verweigert, die Bearbeitung „extrem hinausgezögert“ oder selbst Gutachter bestellt. Darüber referierte Martin Kammer später ausführlich.
Der Verband hat ein Mobilitätskonzept für Thüringen entwickelt und dieses im Laufe des Jahres nicht nur 16 der 22 Aufgabenträger vorgestellt, sondern auch Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) und Verkehrsminister Steffen Schütz (BSW).
Zum Problem der Plattformvermittler, die in den letzten zehn Jahren die meisten größeren Städte Deutschlands erobert haben und seit einiger Zeit auch in kleinere Städte und den ländlichen Raum vordringen, nannte Schwuchow einige Zahlen und Fakten. Martin Kammer ging später ausführlicher darauf ein.
Vom verbandseigenen Podcast „Ich habe gehört“ berichtete Schwuchow, dieser erweise sich zunehmend als guter Türöffner für Gesprächstermine bei Entscheidungsträgern. Zugleich biete er Antworten, etwa im Fall der letzten beiden Folgen über Uber & Co.
Neben der Hilfe für einzelne Mitgliedsbetriebe bei individuellen Problemen, etwa mit Krankenkassen oder Behörden, nehme der Verband sich auch den „großen, kollektiven Problemen“ an: „Bedrohungen bzw. Herausforderungen, die nur durch ein einheitliches Vorgehen aller Taxi- und Mietwagenunternehmen bewältigt werden können.“ Wer ein anständiges, funktionierendes und durch Unternehmertum geprägtes Taxi- und Mietwagengewerbe erhalten wolle, müsse auch offen für Veränderungen sein. Schwuchow betonte mehrfach die Wichtigkeit, „dass wir zusammenstehen und persönliche Befindlichkeiten sowie Vorurteile beiseitelassen“. Auch er selbst habe festgestellt, dass er seine Standpunkte immer wieder überprüfen und hinterfragen muss, da das Gewerbe sich im Wandel befindet. Dazu wolle er auch alle anderen ermutigen.
Im Übrigen vereine das Gelegenheitsverkehrsgewerbe in Deutschland rund 55.000 Fahrzeuge allein im Taxibereich. Zähle man die Mietwagen hinzu, seien es sogar um die 99.000 Fahrzeuge. „Zudem beschäftigen wir im Taxi rund 255.000 Mitarbeiter.“ Mit Mietwagen zusammen komme man sogar auf ca. 291.000 Fahrer – über eine viertel Million der Beschäftigten in Deutschland. „Diese Zahlen sollten wir uns immer wieder ins Gedächtnis rufen, wenn wir glauben, nur ein kleines Licht zu sein. In diesem Sinne, seien Sie stolz, auf die Arbeit, die Sie täglich erledigen, ohne eine Auszeichnung zu erhalten!“ Als Unternehmer sei man ein wichtiger Teil des Rückgrats unserer Gesellschaft.

Hauptgeschäftsführer Martin Kammer gratulierte Schwuchow zur Wahl in den BVTM-Vorstand – „noch mehr ehrenamtliche Arbeit, ohne mehr Geld zu bekommen, deshalb Hut ab, dass er es macht!“ Dann Beschlussfassung der Tagesordnung und Entlastung des Vorstandes.
Gegen halb elf trat Taxi-Urgestein Herwig Kollar vor die Delegierten. Der Rechtsanwalt aus Frankfurt am Main war bis vor Kurzem Präsident des BVTM, bevor er das Amt am Mittwoch satzungsbedingt hatte abgeben müssen. Kollar begrüßte die Thüringer Kollegen und pries seinen gewählten Nachfolger Gregor Beiner („jünger und besser aussehend als ich“) launig als „waschechten Unternehmer“, der sich im BVTM wie Schwuchow ein weiteres Ehrenamt aufgeladen habe. Auch Schwuchow erhielt von Kollar einen Glückwunsch zu seiner Wahl in den BVTM-Vorstand.
Dann referierte Kollar über aktuelle Arbeitsthemen des Bundesverbandes, der nicht zuletzt durch seinen Thüringer Landesverband sehr gute Arbeit erlebe (siehe gesonderte Meldung).
Als nächstes stellten die zwei Aussteller und Sponsoren der Veranstaltung ihre Arbeit kurz vor. Kai Bräutigam vom Unternehmen Dresden Mobilkommunikation („Taxi komplett“) erzählte in Kurzform die interessante Entstehungsgeschichte seines Partners, des Salzburger Taxameterherstellers Hale, und stellte dessen aktuell wichtigste Produkte und ihre Funktionsweise in Bezug auf die TSE-Pflicht vor. Er ging auf die Kassensicherungsverordnung als derzeit wichtigstes Thema und auf die TSE-Pflicht für Taxameter ein (siehe hierzu die zahlreichen Meldungen bei Taxi Times).

Manfred Schröder von der Payco GmbH erinnerte wie Bräutigam daran, dass die Vorschriften der KassenSichV bereits seit 2021 gelten. Da stelle sich die Frage, was die Hersteller und das Gewerbe so lange getrieben hätten. Man habe „körbeweise Aufträge“, die man nicht bearbeiten könne, weil „da irgendjemand geschlafen“ habe. Seine Firma habe das Gesetz bereits 2020 für andere Systeme und Kassenhersteller umgesetzt – einschließlich Meldepflicht beim Finanzamt per automatisiertem Elster-Formular.
Es sei zu erwarten, dass Unternehmer Besuch von Finanzbeamten bekommen, die sich die Belege mit TSE-Signatur ansehen wollen.

Payco bietet eine App-basierte Kasse mit TSE-Signatur auf Android-Basis an. Man sei immer auf dem neuesten Stand, da man im ständigen Kontakt zum Bundesfinanzministerium stehe. Niemand müsse seinen Taxameter austauschen.

In der Pause standen Bräutigam und Schröder an ihren Info-Ständen den Besuchern für Fragen zur Verfügung, wovon diese lebhaft Gebrauch machten.

Nach der Pause referierte Martin Kammer über Fakten und Herausforderungen für das Thüringer Taxi- und Mietwagengewerbe. Dieses habe 640 Unternehmen, davon rund 51 Prozent im LTV organisiert. Ende 2024 habe es 2.085 Fahrzeuge gegeben, davon 1.512 im LTV organisiert, also 72,5 Prozent. Größere Unternehmen neigen also eher zur Mitgliedschaft als kleine. Und: „Kleinere Unternehmen hören auf, größere werden größer.“ Der Verband bemühe sich, weitere Mitglieder zu gewinnen.
Zur Lage der Dienstleistung nahm Kammer kein Blatt vor den Mund: „In Thüringen ist der Kundenservice mit dem Taxi weitgehend schlecht.“ Das Wichtigste für Unternehmen seien zufriedene Kunden. Man konzentriere sich auf Krankenfahrten, aber auch Gelegenheitsverkehr sei wichtig. Nur mit Kundenfreundlichkeit ließen sich Kunden gewinnen bzw. von einer Abwanderung zu den Plattformanbietern abhalten. In Thüringen sei nur in 25 Prozent der Taxis Kartenzahlung möglich. Zur Verdeutlichung von Missständen nannte Kammer ungeschönt Negativbeispiele von Fahrten, die ihm zugetragen worden waren, über die die Zuhörer zum Teil bitter lachen mussten. Sie zeugten von einer dermaßen schlechten Dienstleistungsmentalität einiger Fahrer, dass man der Kundschaft hier die Suche nach anderen Anbietern kaum verdenken kann. Der Verband versucht hier, mit Aufklärungsarbeit über gute Dienstleistung gegenzuhalten.

Betreffs der Kleinen Fachkunde unterrichtete Kammer die Zuhörer über die aktuelle politische Situation mit ihren jüngsten Wendungen. Er sei froh, dass die Fachkunde nicht wie ursprünglich vorgesehen komme, denn die brauche man in Thüringen nicht. Die Unternehmer seien selbst in der Lage, ihren Fahrern Dienstleistungsbewusstsein zu vermitteln. Zur Behebung der kurz zuvor genannten Missstände bei der Dienstleistungsmentalität waren aus der Zuhörerschaft Forderungen nach mehr Kontrollen gekommen.
Zum Thema On-Demand-Verkehre erwähnte Kammer die KomBus GmbH, die in Rudolstadt On-Demand-Verkehr eingesetzt hat, also taxiähnlichen Verkehr zum Linienverkehrs-Fahrpreis. Da keine Taxis einbezogen sind, stellt „KomBus Flex“ eine direkte Konkurrenz zum Taxigewerbe dar. Die eingesetzten Busse kosten in Anschaffung und Unterhaltung „ein Vielfaches von dem, was wir kosten“. Er sprach von „traurigen Entwicklungen“, denen man entgegentreten müsse.

Ein umfangreicher Themenschwerpunkt waren die 22 Thüringer Taxitarife – ein Thema, bei dem der LTV besonders aktiv ist und mit vielen Problemen seitens einiger Behörden konfrontiert ist. Dazu demnächst mehr in einer gesonderten Meldung.
Zwei Themen, die miteinender zusammenhängen, sind Krankenfahrten und die beginnenden Bemühungen der Plattformfahrdienste, in Thüringen Fuß zu fassen. In seinem Rechenschaftsbericht hatte Daniel Schwuchow erwähnt, dass in Erfurt und Jena Verbandsmitglieder dieses Jahr Kooperationsangebote von Uber erhalten hatten. Auch über dieses Doppelthema wird Taxi Times demnächst in einer gesonderten Meldung berichten.

Die Erörterung der Frage, was man tun kann, um die Herausforderungen zu meistern, fiel in den internen Teil der Sitzung, bei dem Öffentlichkeit und Presse nicht zugelassen waren. Martin Kammer berichtete gegenüber Taxi Times, die Thüringer Taxiunternehmer hätten einstimmig Maßnahmen beschlossen, um die Herausforderungen anzunehmen und gemeinsam und effektiv gegen die Missstände vorzugehen. ar
Fotos: Taxi Times








