Am Montag sollen überall in Deutschland die Taxis geparkt werden, am 21. März wäre für Berlin eine Taxi-Demo angemeldet gewesen. Beide Aktionen wurden von Facebook-Aktivisten ins Leben gerufen. Doch reichen solche in sozialen Medien gestarteten Maßnahmen, um die Situation des Taxigewerbes zu verbessern?
Keine Frage, die Initiatoren solcher Aktionen verdienen Respekt. Respekt davor, dass sie Verantwortung übernehmen. Hochachtung, dass sie (unbezahlte) Zeit opfern, Verständnis dafür, dass sie als Taxiunternehmer nicht tatenlos den schleichenden Niedergang des Taxigewerbes mitansehen wollen.
Die Initiatoren erhalten viel Lob und Rückendeckung aus den Taxigruppen, – von zahlreichen Kolleginnen und Kollegen, die spontan (ist ja auch nur ein kurzer Klick nötig) zusagen und dabei meist noch zusätzliche Ideen für weitere Aktionen formulieren. Verbunden mit solchen Posts ist nicht selten die Pauschalkritik an die Taxiverbände, deren Vorstände ja nichts unternehmen würden.
Die oben genannten Aktionen haben einen gemeinsamen Gedanken: Die teilnehmenden Kollegen wollen zeigen, dass sie eine Macht sind in Deutschland. Sie haben aber auch einen gemeinsamen Fehler: Den Aktionen fehlt das Konzept für den „Tag danach“.
Keine Frage, es wäre höchst eindrucksvoll, wenn an einem Tag in ganz Deutschland (vielleicht auch in Österreich und in der Schweiz, warum nicht sogar in Europa) tatsächlich alle Taxis am Straßenrand geparkt werden würden und die Branche damit deutlich macht, dass dann ein wichtiger Teil der Mobilitätsversorgung nicht möglich wäre. Nicht weniger beindruckend wäre es, wenn in der Hauptstadt Berlin 8.000 Taxis die Stadt lahmlegen würden. Dann würde in der Tat jeder Politiker in diesem Land wissen, dass man Taxi-Gesetze und Verordnungen nicht willkürlich ändern darf.
Vorausgesetzt, er bekommt es überhaupt mit. Insofern ist es nicht ausreichend, wenn man nur das Taxi am Straßenrand parkt oder hupend durch die Stadt fährt. Man muss gleichzeitig den Politikern, den Journalisten und nicht zuletzt auch den Bürgern erklären, warum protestiert wird und welche Folgen es hat, wenn weiterhin Wettbewerber auf den Markt gelassen werden bzw. dort unrechtmäßig agieren dürfen, die dem Taxigewerbe nach und nach die Existenzgrundlage wegnehmen.
Man muss die Politiker aufklären, dass selbst kleine Änderungen das ganze System zum Einsturz bringen, weil unsere Taxigesetze sehr eng miteinander verzahnt sind. Man muss nichtsdestotrotz Lösungen präsentieren, vielleicht auch Kompromisse eingehen, die den Anforderungen an den digitalen Wandel gerecht werden.
Diese Konzepte sind bei den Initiatoren der beiden Aktionen nicht zu erkennen, weshalb in Hamburg alle Zentralen und Verbände ihre Mitglieder gebeten haben, nicht mitzumachen. Der Initiator der Park-Aktion ist ein Hamburger Taxikollege.
Die Berliner Taxidemo wurde diese Woche abgesagt, weil zum angemeldeten Termin alle Berliner Verbandsvorstände bei einer wichtigen Tagung des Taxi-Bundesverbands in Frankfurt sind. Der Initiator der Berliner Demo war nicht vernetzt genug, um das im Vorfeld mitzubekommen.
Beide Initiatoren müssen sich nachsagen lassen, unkoordiniert gehandelt zu haben. Trotzdem verdienen beide Respekt für ihr Engagement und ihren Einsatz. Im Kampf um bessere Bedingungen für das Taxigewerbe werden beide gebraucht. Sie sollten jetzt beweisen, dass sie mit den Verbänden zusammenarbeiten können und wollen. Und sie sollten einsehen, dass eine Facebook-Gruppe eine gute Ergänzung, aber kein Ersatz für einen Taxiverband ist. jh
Damit verabschiedet sich die Taxi Times-Redaktion für diese Woche und wünscht ein schönes Wochenende sowie allen Kolleginnen und Kollegen im Schichtdienst unfallfreie Fahrt. Mal sehen, ob parallel zu den steigenden Temperaturen auch die Anzahl guter Taxi-Nachrichten nach oben geht. Wir bleiben dran.
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Liebe Taxi Times Moderatoren,
ich stimme dem oben geschrieben zu 100% zu.
Nichts desto trotz ist der Einwand der Facebook Gruppen gegenüber den Zentralen und Verbänden berechtigt.
Am Montag den 5.3. hat ein kleiner regionaler Taxiverband aus Stuttgart um Hilfe und Mitwirkung zu genau der oben von Euch beschrieben Organisation gebeten. Nicht über Facebook, nicht übers Telefon. Ganz offiziell mit E-Mail und Vorschläge über die Herangehensweise.
Von 23 Großzentralen und Verbänden kamen genau 0 Antworten. So traurig es auch ist, 0.
Kritik berechtigt.
Gruß und ein erholsames WE vom Stuttgarter Taxiverband
Auch wenn ich mit Facebook nicht so bewandert bin kann ich mir die Situation des Vorredners sehr gut Vorstellen, dass die Verbände auf ein Vorhaben eines Mitglieds keinerlei Reaktion zeigten. Im Grunde ist der Zusammenhalt bzw. der Ideenreichtum der Verbände in der momentanen Gewerbelage mehr als dürftig. Es kommen keinerlei Vorschläge das Gewerbe attraktiver zu gestalten. Es wird auf Paragraphen und Gesetzen rumgeritten die von der Konkurrenz einfach ignoriert werden. Gerade jetzt würden wir innovative Maßnahmen und Konzepte benötigen. Aber was passiert??? rein gar nix.
Angesichts der Tatsache, dass ausgerechnet die „demokratischen“ Institutionen wie AK-ÖPV, GKVS und Verkehrsministerkonferenz duch ihre offensichtliche Korrumpierbarkeit längst bestehende, aus Lebenserfahrung heraus nachvollziehbar evaluierte Gesetze wie das PbefG zum Abschuss freigegeben haben, dürfte eine „Innovation“ wohl eher darin bestehen, dem Begriff Solidarität neues Leben einzuhauchen. So lange dies nicht von Gewerbe(Bundes)verbänden oder Funkzentralen usw.usf. ebenfalls erkannt wird, gibt dies eben ein Bild der gespaltenen, – und damit schwächlichen Angreifbarkeit gegenüber dem Gegner ab. Der Gegner jedoch, ist nicht nur die Bundespolitik in ihrer allgemeinen Inkompetenz, sondern auch diverse Konsortien, die der „Politik“ einen WinWin-Profit herbeiblinken, aber letztlich über ein induziertes Stadium eines ruinösen Wettbewerbes nicht hinausreichen. Die Fahrgäste jedenfalls stehen auf eine professionell abgewickelte Dienstleistung, die sie genau von ebendem, und nur dem Taxigewerbe erwarten dürfen! Und das bedeutet z.B. Ortskunde (auch wenn das „Navi“ ausfällt), professionelles Verkehrsverhalten und Erfahrung beim Verstehen gesellschaftlicher Zusammenhänge und dem Umgang damit. Ein Kutscher, der das nicht draufhat, muss dazulernen oder ist eben bis dahin kein wirklicher Kutscher. Ein Verband, der sein eigenes Süppchen zu kochen können vermeint und dabei die Erfahrung der exekutierenden Schulterer ignoriert, wird auch nicht überleben.