Die Vereinigung der Chauffeur & Limousine Service Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (VLD) fordert eine Aufhebung der Wegstreckenzählerpflicht für Mietwagen. Mit dem Hauptziel der PBefG-Novelle dürfte das kaum zu vereinbaren sein.
Eine Gegenrede von Remmer Witte
Die anstehende PBefG-Novelle hat zum Ziel, der gewerblichen Fahrgastbeförderung endgültig den Weg in die Digitalisierung zu ebnen – so zumindest tritt sie in der Öffentlichkeit an. Fast wie eine Rolle rückwärts mutet da die jüngst veröffentliche Stellungnahme des VLD an, welcher die Aufhebung der Wegstreckenzählerpflicht für sein Gewerbe fordert. Man verweist darauf, man könne doch alternativ die Verpflichtung zu einem Fahrtenbuch für Mietwagen einführen, in welches „alle Einzelfahrten einzutragen seien“. Der Wegstreckenzähler sei im Übrigen als Fiskalinstrument doch wirkungslos, da Mietwagen in der Regel für Pauschalen oder zu festen Preisen fahren würden, also wohl unkontrollierbar seien und bleiben wollen.
Das Taxigewerbe führt seit Jahren die Diskussion mit der Industrie und den Finanzdirektionen darum, wie nicht tarifbasierte Fahrten (Krankenfahrten, Fernfahrten etc.) in die erforderliche digitale Einzelaufzeichnung sinnvoll einzupflegen seien. Im Ergebnis hat die Branche inzwischen verschiedene Taxameter-Hersteller dafür gewinnen können, dass diese Möglichkeiten zur alternativen Festpreiseingabe in ihre Systeme integrieren.
Im Falle einer Betriebsprüfung kann so ein vollständiger Datensatz präsentiert werden, der lückenlos nachweist, wie das Fahrzeug im Jahresverlauf genutzt wurde. Und auch wenn solche Systeme sich zumindest in der Kombination mit Insika-Lösungen immer noch etwas schwer tun, ist eine umfassende digitale Einzelaufzeichnung sämtlicher Fahrpreise, auch wenn sie nicht tarifgebunden waren, inzwischen tatsächlich absolut problemlos möglich – wenn man denn möchte.
Aber auch wenn der klassische Wegstreckenzähler tatsächlich gar nicht darauf angelegt sein soll, auch die Fahrtpreise zu speichern, ist nur ein digitales Fahrtenbuch die Lösung, welche die Arbeit eines Mietwagens nachhaltig dokumentieren kann. Die unveränderliche Erfassung sämtlicher Fahrdaten auch ohne Fahrpreis muss heute Minimalanforderung an jedes für die gewerbliche Fahrgastbeförderung im Gelegenheitsverkehr konzessioniertes Fahrzeug sein.
Nur so lässt sich im Nachhinein belegen, was solch ein Fahrzeug denn in seinem gewerblichen Leben so getrieben hat. Und letztendlich vereinfacht ein solcher Fiskalwegstreckenzähler, der heutzutage technisch durchaus möglich ist, sicherlich auch den Unternehmen die Arbeit erheblich, da sie so jeden Auftrag auch über Jahre zweifelsfrei nachvollziehen können.
Stellt man sich beim VLD e.V. denn ernsthaft vor, dass Uber & Co. angeblich die digitale Revolution an den Start bringen sollen, dafür aber Mietwagen nutzen sollen, die ihre Einnahmeursprungsaufzeichnungen mit handgeschriebenen Tourenzetteln führen? Und das allein deshalb, weil hier ein verbindlicher Tarif als Unterscheidung zum Taxi fehlt? Natürlich gibt es Chauffeurdienste, die fast ausschließlich auf Festpreis- oder Zeitbasis abgerechnet werden. Deren Betreiber sind das klassische Klientel des VLD, auch wenn bei einer Mitgliederversammlung vor etwa zwei Jahren Thomas Mohnke anwesend war – ausgestattet mit einem Mitgliedsantrag, den er dann allerdings doch nicht abgegeben hat (Mohnke ist Geschäftsführer der Enno Safe-Driver GmbH, dem Generalpartner von Uber). Was aber spricht dagegen, auch diese Auftragsabläufe zwingend digital aufzuzeichnen, um die eigene Seriosität glaubwürdig zu halten.
Es wäre fatal, wenn die gewerbliche Fahrgastbeförderung als Ganzes – ob absichtlich oder unabsichtlich – hier wieder neue Schlupflöcher schafft, welche die Seriosität der Branche in Frage stellen. Und es muss gleichzeitig im Interesse aller ernsthaft in dieser Branche tätigen Unternehmen sein, konsequent den weichen Faktor der sogenannten Semiprofessionalität aus dem Wettbewerb zu eliminieren, damit endlich ein rein leistungsorientierter Wettbewerb nicht nur möglich ist, sondern auch irgendwann wieder ernsthafte Gewinne und Gewinner ohne graue Westen zulässt.
Wenn hier die simple Investition in einen auch digital auswertbaren Wegstreckenzähler zum Politikum gemacht wird, dann soll das Gewerbe offensichtlich wieder zurück in die sinnlos ermüdende Endlosschleife eines kannibalistischen Dumpingwettbewerbs gezwungen werden, anstatt das PBefG endlich als konstruktives Element zur Wettbewerbsregelung für Profis zu nutzen, die nebeneinander und nicht gegeneinander Geld verdienen wollen. Gebündelter Bedarfsverkehr oder App-basierte Vermittler sind aktuell eine große Herausforderung für jedes einzelne Unternehmen im Gelegenheitsverkehr, die größere Herausforderung sind aber oft immer noch die Nachbarn, deren Uhren anders ticken. rw
Beitragsfoto: Witte
Was Herr Witte da teilweise behauptet, ist schlicht weg falsch. Als skeptisch kritischer Taxiunternehmer habe ich mir die Forderung des VLD einmal durchgelesen und nichts von den angeblichen „handgeschriebenen Tourenzetteln“ gefunden. Dort nachgefragt belächelt man die Auslegung als Stimmungsmache gegen die Mietwagen und wohl von der Hoffnung getragen, dass das schlichte Gemüt eines Taxikutschers das schon glauben wird, wenn es in der TAXItimes steht. Selbstverständlich würden die Mietwagen zu digitalen Aufzeichnungsformen greifen, zumal die meisten Fahrten dort eh online bestellt und auch abgerechnet werden würden. Außerdem würde in der heutigen digitalen Zeit keine Behörde solch händische Aufzeichnungen als regelmäßigen Einnahmenachweis mehr dulden und zudem kein Mietwagenfahrer sich diese zusätzliche Hand-Arbeit damit machen wollen. Auch wäre schon aufgrund der Vielzahl an angeboteten und von den Behörden akzeptierten elektronischen Fahrtenbüchern – sei es für 1%-Regel oder wegen behördlicher Auflagen zu führen – ein Wegstreckenzähler samt aufwändiger Eichung künftig sicher nicht mehr notwendig.
Da auch ich somit die Entbehrlichkeit dieses unnötigen Messgeräts nachvollziehen kann, finde ich die „Rolle“ des VLD e.V. gar nicht mehr so „rückwarts“.
Da will ich als Herausgeber unseren freien Redakteur Herrn Witte aber dann doch mal in Schutz nehmen und verweise auf die Stellungnahme des VDL an die Politik, nachzulesen hier: https://chauffeur-verband.de/pdf/MDB_Anschreiben_02.pdf.
Die entsprechende Passage ist auf Seite 3 nachzulesen und lautet folgendermaßen: „Was wir brauchen, ist die Verpflichtung, bei Fahrzeugen der Personenbeförderung ein Fahrtenbuch mit Nachweis der Einzelfahrten zu führen. Das ist jährlich an die Behörde zu senden zur Überprüfung und kann auch mit den eigereichten Belegen beim Finanzamt abgeglichen werden.“
Wenn Sie nun vom VLD die Auskunft bekommen, dass man dort selbstverständlich mit digitalen Aufzeichnungen arbeiten würde, fragen wir uns natürlich, warum der Verband in dieser eben zitierten Passage ausgerechnet in einem Schreiben an die Politik den Eindruck erweckt, man würde noch Belege verwenden.
Schlichtweg nicht glauben will ich dagegen die Aussage des Verbandes Ihnen gegenüber, das es sich bei „Taxikutschern“ um Leute mit schlichtem Gemüt handelt. Ich kennen den VLD-Vorsitzenden Herrn Müller persönlich und weiß, dass es nicht seiner besonnenen Art entspricht, solche arroganten Aussagen gegenüber den Taxiunternehmern zu tätigen.
Die Mehrzahl der Mitglieder des VLD führen den klassischen Limousinen- und Chauffeurdienst durch, bei dem sie selten ad-Hoc und meist nicht streckenbezogen, sondern auf Stundenbasis gebucht werden. Anzug und Krawatte und ein Fahrzeug der gehobenen Klasse sind dort meist Standard. Dieses Mehr an Service mag vielleicht das ein oder andere Mitglied dazu verleiten, sich für etwas Besseres zu halten. Vielleicht haben Sie ja mit so einem Menschen gesprochen. Ob der damit allerdings die Linie des Verbands vertritt, wage ich zu bezweifeln.
Ich kann Ihnen jedenfalls versichern, dass kein Taxi-Times-Leser schlichten Gemüts ist. Und für mein ganzes Team kann ich die Hand ins Feuer legen, dass wir diesen Lesern stets verlässliche Informationen liefern. Mfg Jürgen Hartmann
Ergänzend möchte ich anmerken, dass fairer Wettbewerb nur erreicht werden kann, wenn die zuständigen Behörden auch personell und strukturell in der Lage sind, ihre Aufgabe zu erfüllen.
Genau dazu ist die vernetzte und digitalisierte Aufzeichnung der sowieso verpflichtend nachzuweisenden Daten das allersinnvollste Instrument.
Ich appeliere dringend daran, bei der Novelle des PbefG dieses Instrument flächendeckend und einheitlich festzuschreiben.
Wie wir leidvoll erfahren haben, sind die Aufsicht führenden Behörden offensichtlich seit Jahren nicht in der Lage, diese Aufsicht ausreichend auszuüben.
Selbst gewonnene Prozesse haben illegale Praktiken kaum reduziert.
Da ist es einfach peinlich, wenn der VLD die Machenschaften von Uber und Konsorten indirekt unterstützt, indem er sinnvolle Kontrollinstrumente ablehnt.
Ich betone ausdrücklich: mir geht es um die Mietwagen, die sich wie Taxi verhalten, ohne Taxi zu sein.
Jedem steht es frei, sich die notwendige Taxi Konzession zu besorgen, um dann als Taxi tätig zu werden.