Sachsen-Anhalt hat sich, als fünftes Bundesland nach Baden-Württemberg, Niedersachsen, dem Saarland und Schleswig-Holstein, für eine Farbfreigabe für seine Taxis entschieden. Statt in einheitlichem RAL 1015-Dress dürfen Taxis nun auch im einem ersten der neuen Bundesländer auf Antrag eine andere Farbe tragen. Aber ist das wirklich eine gute Idee?
Kaum war eine erste Meldung zur Farbfreigabe in den sozialen Medien erschienen, wurde sie auch bereits in die Whats-App-Gruppe „Eine Stimme für das Taxi“ eingestellt. In dieser Gruppe sind ausschließlich Premium-Abonnenten zugelassen, die sich untereinander Tipps geben oder eben auch mal zu einem bestimmten Thema austauschen – so wie um die Farbfreigabe für das Taxi. Viele Pro- und Contra-Argumente wurden engagiert vorgetragen und sind alle für sich nachvollziehbar. Vielleicht macht es deswegen Sinn, sich einmal mit den verschiedenen Facetten der Hellelfenbein-Pflicht für Taxis in Deutschland auseinanderzusetzen.
Die Geschichte der besonderen Taxifarbe ist im Taxi-Gewerbe sicherlich hinlänglich bekannt: Ursprünglich war im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) schwarz als Einheitsfarbe für Taxis in Westdeutschland festgelegt. 1971 änderte der damalige Bundesverkehrsminister Georg Leber diese Vorgabe und verordnete Hellelfenbein, im industriellen Farbkalender unter der Bezeichnung RAL 1015 geführt, als Farbe der Zukunft für das Taxi. Als wichtigster Grund dafür wurde die bessere Wärmeabstrahlung eines hellen Fahrzeugs genannt, da sich die schwarzen Taxis vor allem am Halteplatz besonders stark aufheizten – Klimaanlagen waren zu diesem Zeitpunkt, wenn überhaupt, noch ein unerfüllbarer Zukunftstraum.
Im Osten kamen als Taxi vor allem der hellgraue Wolga zum Einsatz, aber auch nach dem westlichen PBefG sollten Taxis eben einheitlich kenntlich sein, auch um den Kunden bei der Wahl ihres Taxis auf der Straße die Sicherheit zu geben, dass Sie mit einem solchen zunächst schwarzen und später hellelfenbeinfarbenen Taxi tatsächlich auch ein konzessioniertes Beförderungsmittel mit festgelegtem Tarif und einem ausgebildeten Fahrer auswählen. Damit sollten sie vor der Ausbeutung durch tariffreie Raubritter in beliebigen Pkw geschützt werden.
„Tariffreie Raubritter in beliebigen Fahrzeugen“ – da klingelt doch etwas. Im Osten wie im Westen gab es neben den offiziellen Taxis schon damals Fahrzeugbesitzer etwas größerer Fahrzeuge unterschiedlicher Couleur, die sich damit gelegentlich oder auch regelmäßig ein Zubrot verdienten. Im Osten nannte man sie treffend Schwarztaxis und sie verkehrten konzessionslos. Im Westen wurden solche gewerblichen Fahrgastbeförderungen im Individualverkehr unter dem Begriff Mietwagen zusammengefasst und waren ebenfalls mit einer Konzessionspflicht belegt. Von der Idee her sollten sie nicht in einem taxiähnlichen Verkehr unterwegs sein, sondern eher ein hochpreisiges Segment der Bestellfahrten bedienen.
Inzwischen haben sich aber in der ganzen Republik die plattformbasierten Mietwagen als moderne Raubritter in der Fahrgastbeförderung im Gelegenheitsverkehr etabliert. Wenn nicht viel los ist, sind sie gern günstiger als die tariflich regulierten Taxis, übersteigt aber die Nachfrage das Angebot, dreht sich das Verhältnis um. Genau davor sollen die Kunden geschützt werden, unter anderem durch die im PBefG festgelegte Taxifarbe RAL 1015.
Gerade in den Metropolen, in denen die Mietwagenflut besonders stark über die Taxibranche hinwegfegt, ist das Hellelfenbein meist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich das Gewerbe als letztes Bollwerk gegen diese Nahrungskonkurrenten einigen kann. Nichts anderes macht – allerdings auf einem übergeordneten Level – jedoch auch der Plattformanbieter Uber. In den US-Krimis ordert man inzwischen kein Taxi mehr, man ordert weltweit den Uber. Der Schriftzug ist überall gleich und vor allem funktioniert die App mehr oder weniger rund um den Globus. Und man versucht – teilweise durchaus auch recht erfolgreich – das Dienstleistungsangebot zu standardisieren, fast egal auf welchem Niveau.
In diesem Sinne hat Uber die Idee des einheitlichen CI, was vor wenigen Jahren noch das bundesdeutsche Taxi stolz für sich in Anspruch genommen hatte, in die moderne Welt geführt, dabei aber, wahrscheinlich aus Kostengründen, lediglich auf ein einheitliches Erscheinungsbild seiner Fahrzeuge verzichtet. Und in diesem aktuellen „Playingfield“ muss man heute wohl die Diskussion um die Farbvorgabe beim Taxi führen. Schützt also eine einheitliche Farbgebung in Hellelfenbein den Kunden – oder auch das Taxigewerbe – vor dem Raubrittertum plattformbasierter Mietwagen oder ist sie ein alter Zopf, der möglichst schnell abgeschnitten gehört?
Dabei spielt aber auch die Farbe selbst durchaus eine entscheidende Rolle.
Noch vor wenigen Jahren, als sich erste Bundesländer zu einer Farbfreigabe für das Taxi entschlossen, hatten bei diesem Thema ganz andere Positionen die Oberhand, es ging – wieder einmal vor allem in den größeren Städten – eher darum, den Kunden einheitliche Fuhrparks präsentieren zu können. Gerade die großen Zentralen wollten gern ein einheitliches Produkt präsentieren, neben der einheitlichen Farbe gern auch mit weiteren Regeln, die dem Kunden möglichst bei jeder Fahrt ein vergleichbares Fahrterlebnis ermöglichen sollten. Sie versuchten, durchaus erfolgreich, bundesweit weiterhin ein einheitliches CI (Cooperate Identity – also eine einheitliche Identität eines Produkts, hier dem Taxi) zu ermöglichen.
Ganz so gleich waren die Taxis vielerorts aber dann doch nicht, es gab auch immer Einheiten innerhalb der vermeintlich identischen Masse von Taxis, die mit kleinen Sondermerkmalen eine Wiedererkennung ihrer Taxis ermöglichten. Viele Berliner erkannten beispielsweise schon lange die Würfeltaxen mit ihrem kleinen Plastikwürfel an der Funkantenne, und auch anderenorts gab es zumindest für Interessierte immer Optionen, die Taxis bestimmter Firmen unter all den anderen ähnlichen aber eben nicht gleichen Taxis zu erkennen. Neben dem Bedürfnis der allgemeinen Erkennbarkeit gab und gibt es eben auch immer das Bedürfnis, ein Firmen-CI für das jeweilige Taxiunternehmen zu etablieren.
Überall dort, wo keine großen Zentralen den Produktauftritt vor den örtlichen Kunden harmonisierten, gab es dabei durchaus das Bedürfnis bei den einzelnen Unternehmen, ihre Taxis individuell eindeutig kenntlich zu machen. Und es gab auch immer Mitbewerber, die eben dieses Bedürfnis angriffen, um missliebigen Konkurrenten eins auszuwischen. Daher war auch schon vor dem modernen Zweikampf zwischen Taxi und plattformbasierten Mietwagen der Kampf um die Wiedererkennbarkeit einzelner Unternehmen voll entbrannt und die Farbfreigabe eigentlich nur ein logischer Schritt für genervte Entscheider in bestimmten Bundesländern, wo das Übergewicht ihrer zentralenorientierten Metropolen vielleicht nicht ganz so ausgeprägt war. All diese Facetten spiegelten sich auch in der angesprochenen Diskussion innerhalb der Whats-App-Gruppe „Eine Stimme für das Taxi“.
Dort, wo Uber nun versucht, sein Angebot lokal zu etablieren, ist aber langfristig die entscheidende Frage, ob die örtlichen Taxis ihre Dienstleistung gegenüber den Kunden positiv unter anderem mit einer bestimmten Farbe verbinden, oder ob sie entweder in beliebigen Farben oder aber auch in abgeranztem Hellelfenbein daherkommen wollen. Hellelfenbein ist dabei sicherlich nicht die Traumfarbe von Produktdesignern, die eine hochwertige Dienstleistung vermarkten wollen und das Kundengedächtnis ist durchaus beweglich. Würden also jetzt beispielsweise viele Münchener Taxis beliebig bunt daherkommen, könnte dies wohl genauso kontraproduktiv für ihr CI sein wie es alternativ wohl produktiv sein könnte, wenn sich dort die Taxis zukünftig freiwillig in eleganten dunklen Tönen von beliebig kolorierten plattformformbasierten Mietwagen absetzen würden.
Nach kürzester Zeit wären solche eleganten dunklen Limousinen oder anderenorts auch in einer anderen identitätsstiftenden Farbe im Kundengedächtnis wohl mit einer optimierten Dienstleistung verknüpft, falls die Piloten hinterm Steuer diesem Anspruch denn ebenfalls gerecht würden und Hellelfenbein wäre schnell vergessen. Zukünftig – nachdem hoffentlich doch irgendwann noch ein faires „Level Playingfield“ gefunden wurde – wird also nicht die Farbfreigabe über Wohl und Wehe des Gewerbes entscheiden, sondern mittelfristig vor allem die Bereitschaft und Fähigkeit, sich von anderen Mitbewerbern abzusetzen – und da wird RAL 1015 wahrscheinlich nicht mehr erste Wahl sein. Insofern ist Sachsen–Anhalt hier einen richtigen Schritt gegangen und es liegt nun an den Taxibetrieben selbst, daraus das Beste zu machen. rw
Beitragsfoto: Remmer Witte









Schwarz kann JEDER! Und nicht jedes Auto, dass in der (noch) vermeintlich eleganten Farbe einher kommt, bietet eine hochpreisige Leistung.
Da krankt es entweder an der Leistung (für’s viele Geld) oder am Preis, der oft nicht mal die Selbstkosten des Anbieters deckt.
Schwarz ist beliebig!
Taxi ist hellelfenbein! Und Taxi ist Taxi – da weiß man, was man hat! (Insofern alle Kollegen und das Ordnungsamt bemüht sind, hier auch die vom Kunden geforderten Qualitätsstandards weiterhin aufrecht zu erhalten.)
UBER ist weiß oder schwarz; Taxi Bimsheimer ist grün oder gelb; Taxi Wurschtler ist rot; Mietwagen Schmitz ist braun; Leichenwagen Sicksfiet ist schwarz …
Ein heilloses Durcheinander – da greift der Kunde doch lieber zu dem Unternehmen, dass vielleicht Autos verschiedener Farben hat (noch), aber eine farblich einheitliche weltweite App. So wie Coca-Cola ihre bauchige Flasche und Flensburger Bier den Bügelverschluss. Und das behalten die auch!
Und wir? Wir haben bald nix mehr. Nicht mal eine einheitliche Farbe.
Ich kann Herrn Witte nicht zustimmen. Für mich ist eine einheitliche Farbgebung ein wichtiges Mittel der Wiedererkennung.
„abgeranzt“ würde ich RAL1015 auf jeden Fall nicht bezeichnen.
Am Ende scheint es, dass das Taxigewerbe den Kampf gegen unlautere Mitbewerber verloren hat. Wenn schon ausgewiesene Taxis für U… und Co. Werbung fahren, was soll man dazu noch sagen. Man schaufelt sich das eigene Grab.
Unabhängig davon habe ich festgestellt, dass es kaum noch Werbung für das Taxigewerbe gibt.
Wenn man dann noch einen „Fürsten“ als Chef der größten deutschen Taxiflotte hat, der nicht mit den Fahrern und Unternehmern arbeitet, dann bin ich froh, wenn ich in den Ruhestand gehen kann.
Was wäre denn die Firma Beiersdorf mit ihrer NIVEA CREME und dem Wiedererkennungswert Blau Weiss, wenn da plötzlch die Nivea Dose Rot Grün oder Schwarz Lila wäre. Der Umsatz würde einbrechen und Mitbewerber sich die Hände reiben. Da gilt auch nicht der vermeintliche Wiederverkaufswert. Ein Taxi mit 300000 oder mehr Kilometern erzielt halt keine Höchstpreise mehr, egal ob RAL 1015 oder sonstwie lackiert. Die Farbe ist seit über 50 Jahren ein Markenzeichen in Deutschland das man nicht leichtfertig aus der Hand geben sollte. In Stuttgart fallen die bunten Taxis tagsüber kaum auf, da muss ich als Berliner aufpassen wenn ich ein Taxi heranwinken will. Da lobe ich mir RAL 1015 das ich schon von weiten erkennen kann.
Davon abgesehen, dass mir persönlich die Farbe ziemlich wurscht ist:
NIVEA, Coca Cola – der Wiedererkennungswert ist natürlich unbezahlbar.
Entscheidend ist aber doch, dass in Deutschland der jeweilige Inhalt immer identisch ist. Egal ob in Jena, Oberhaching, in der Schalker Arena oder Wilhelmshaven – ich kaufe die Creme oder ich öffne die Flasche und meine Erwartungen (natürlich auch geweckt durch den Wiedererkennungswert) werden immer erfüllt.
Ich glaube, dass ich an dieser Stelle den Bezug zum Taxigewerbe nicht weiter erläutern muss…;)
Wenn wir Taxler es als große Menge endlich schaffen würden Einheit zu zeigen, dann könnten wir auch etwas bewegen.
Dem Kollegen Hans- Joachim S. kann ich nur zustimmen in all seinen Punkten.
Die Taxifarbe ist nicht geschützt. Jeder kann damit rumfahren. Ich möchte wetten, das CocaCola und Nivea markenrechtlich geschützt sind.
Da es kaum noch lackierte Fahrzeuge ab Werk gibt, ist die Folierung beim Neufahrzeug mit extra Kosten verbunden. Genauso nach einem Unfall.
Ein Taxi unterscheidet sich von anderen Fahrzeugen durch ein Taxidachzeichen. Sind Fahrgäste in anderen Bundesländern mit Farbfreigabe intelligenter um ein Taxi zu erkennen ?
Sind nur so ein paar Gedanken.
Ich stelle mal teilweise die Situation in Rheinand-Pfalz dar: An der Mosel in Cochem oder Trier haben die Autos tatsächlich beliebige Farben. In Bernkastel-Kues wenigstens einheitlich weiß. An anderen Orten an diesem Fluss geht es aber weiter in Hellelfenbein zu.
Aber irgendwie müssen die Farbbeliebigen ahnen, dass man sie nicht leicht erkennt und haben großflächige Bewerbung ihrer Firma beidseitig drauf.
Weiter oben um Hunsrück aber, fahren fast alle in Hellelfenbein! Da denke ich, dass viele sehr wohl um den Wiedererkennungswert wissen. Und können auch auf großflächige Werbung verzichten. Ebenso in Koblenz, wo die meisten RAL 1015 präsentieren.
Ich hatte im Vorfeld an einer Befragung zum Thema Farbfreigabe teilnehmen können und mich entschieden dagegen ausgesprochen. Die Wiedererkennung eines Taxis ist nicht zu unterschätzen und eines wichtigsten Pfunde, die wir haben. Die Abgrenzung vom Mietwagen entfällt, auch die zu Uber & Co.
Nach der Entscheidung habe ich mich an unsere Ministerin gewandt und sie teilte mir mit, dass „Die Entscheidung, die Farbvorgabe zu liberalisieren, ist das Ergebnis eines mehrstufigen Austausches mit den Industrie- und Handelskammern sowie dem Taxigewerbe“.
Meine Entscheidung auf jeden Fall nicht. Wer hat da wieder über unsere Köpfe hinweg entschieden? Da müsste doch eine Befragung an die Unternehmen erfolgen und nicht an die IHK…
Das verstehen wir nicht. Sie schreiben, dass Sie an einer Befragung teilgenommen haben. Das liest sich für uns, als hätte man tatsächlich auch die Taxibetriebe befragt. Da wäre es dann doch naheliegend, dass bei deser Unternehmerbefragung eine Mehrheit für eine Farbfreigabe gestimmt hat. Wissen Sie etwas, ob nur Sie oder auch andere Taxibetriebe befragt worden sind?