Das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung hat sein Versprechen gehalten: Das Förderprojekt für junge Leute startet per App durch – mit 125.000 Euro aus dem Landeshaushalt.
Das Problem besteht seit eh und je in ländlichen Regionen: Junge Leute wollen in ihrer Freizeit Spaß haben und feiern, aber das Angebot an Linienverkehr ist dünn. Das Land Brandenburg führte deshalb bereits 1995 das Fifty-Fifty-Taxi ein, eine dauerhafte Förderung für Jugendliche und junge Erwachsene von 16 bis 25 Jahren, die für eine sichere Fahrt zur Party und zurück ein vergünstigtes Taxi in Anspruch nehmen können. Das Land Brandenburg bezahlt die Hälfte des Fahrpreises.
Das Angebot gilt sogar über die Berliner Landesgrenze hinaus: „im Raum Berlin-Brandenburg, wenn Start- oder Endpunkt der Fahrt im Land Brandenburg liegen“, wie das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung (MIL) mitteilt. Ziel des Projekts sei es, die Zahl der Freizeit-Unfälle im Straßenverkehr von jungen Leuten von 16 bis 25 zu senken.
Bis vor zwei Jahren gab es dafür ein Gutscheinsystem. Durch die Corona-Krise mit ihren Lockdowns kam das System zeitweilig zum Erliegen. Wie Fred Meier, Vorsitzender der Taxi-Innung Rathenow e. V. und Vorstandsmitglied des Taxiverbandes Berlin, Brandenburg e. V. (TVB), berichtet, wurde die Ausgabe der Gutscheine „sang- und klanglos eingestellt“, ohne dass die Betriebe darüber offiziell informiert worden wären. Es habe einfach plötzlich keine bezuschussten Fahrten mehr gegeben. Schon vorher war die Nachfrage zurückgegangen, was unter anderem damit begründet wurde, dass den Begünstigten die Handhabung der Papiergutscheine zu altmodisch und umständlich erschien (Taxi Times berichtete).
Jetzt hat das Ministerium von Guido Beermann (CDU) das Fifty-Fifty-Taxi digitalisiert. Ab sofort können die Nutzerinnen und Nutzer sowie die Taxifahrer das Fifty-Fifty-Taxi über eine App nutzen. Insgesamt stellt das MIL diese und nächstes Jahr 125.000 Euro zur Verfügung.
Verkehrsstaatsekretär Rainer Genilke: „Verkehrssicherheit ist eine der wichtigsten Aufgaben in unserem Land. Hier haben wir in den letzten Jahren viel erreicht. Die Fifty-Fifty-Taxi-App setzt unser bewährtes Element der Jugendarbeit neu und digitalisiert auf. Wir wollen, dass junge Menschen, die abends ausgehen, sicher hin und wieder zurückkommen. Wichtig war uns dabei auch, dass das neue digitale Angebot einfach genutzt werden kann – damit alle gut und sicher ans Ziel kommen.“
Die von der Firma Apprime GmbH entwickelte App kann sowohl für Android als auch für iOS kostenlos heruntergeladen werden. Nach der Installation erfolgt eine kurze Registrierung. Sowohl Nutzer als auch Taxiunternehmen können sich in der App registrieren. Taxiunternehmen müssen hierbei Ihre jeweiligen Konzessionsnummern angeben.
Das Angebot kann von allen 16-25-Jährigen an Freitag- und Samstagabenden sowie vor gesetzlichen Feiertagen genutzt werden. Der Rest ist selbsterklärend: Nutzer geben ein, wann sie wohin fahren wollen und stellen die Fahrt in die App ein. Taxiunternehmen können dann die Fahrt annehmen.
Die Abrechnung läuft für die Taxiunternehmen direkt und unkompliziert in der App. So entsteht laut Verkehrsministerium eine Win-Win-Win-Situation: Die Taxiunternehmen haben es einfacher, die jungen Erwachsenen kommen einfach, sicher und für die Hälfte des Preises nach Hause und das Land Brandenburg wird verkehrssicherer.
Wie Fred Meier vom TVB berichtet, war das Projekt von Anfang an bei den Unternehmern beliebt, weil die Fahrten im Voraus gebucht werden und sich somit gut disponieren lassen. Auch aus eigener Erfahrung bestätigt er gegenüber Taxi Times die „Win-win-win-Situation“: Des Öfteren hätte sein Betrieb Gruppen von Jugendlichen nachts von einer Diskothek im gut 25 Kilometer entfernten Friesack zurück nach Rathenow gefahren. „Die schließen sich gerne in Gruppen von sieben, acht Personen zusammen, und wenn die erste Gruppe um vier nach Hause will und die nächste Gruppe um halb fünf, ist es für uns vernünftig planbar. Und wenn für die jungen Leute der Fahrpreis halbiert wird, bevor sie ihn unter sich aufteilen, kostet die Heimfahrt jeden einzelnen nicht viel mehr als ein Getränk in der Disko.“ Häufig würden Fahrten im Voraus von den Eltern gebucht, die ihre Kinder sicher nach Hause gebracht wissen möchten.
Dennoch bestätigt Meier das eher mäßige Interesse der Kundschaft zu Papier-Gutschein-Zeiten. So mancher Jugendlicher hätte sich damit schwergetan, die Gutscheine „zu normalen Geschäftszeiten“ bei der AOK abzuholen. Umso mehr begrüßt er die neue Abwicklung per Smartphone-App. Die Abrechnung der Fahrten, die nun technisch aufwendiger geworden ist, wird weiterhin von der Potsdamer Taxizentrale übernommen. Von deren geschäftsführendem Vorstand Detlef Baatz heißt es, die eine oder andere technische Hürde müsse noch in Absprache mit dem Softwareentwickler geglättet werden.
Das Fifty-Fifty-Taxi war am Dienstag auch Thema bei der Sitzung des TVB-Vorstandes, da es in den brandenburgischen Medien sehr große Aufmerksamkeit erfährt. Meier und sein Vorstandskollege Mike Kehrer hatten bereits einige Anfragen zu beantworten und Interviews zu geben.
Von der Unternehmerschaft wird die Wiedereinführung des Fifty-fifty-Taxis insgesamt begrüßt, auch wenn die neue Abrechnungsform im ersten Moment komplizierter und auch für viele Fahrer ungewohnt sei – „wie es immer so ist, wenn etwas neu ist“, so Meier. Man werde sich aber sicherlich schnell daran gewöhnen und die Vorteile zu schätzen wissen. ar
Beitragsbild: Symbolfoto Axel Rühle