Nein, wir wollen uns nicht an der Häme der vergangenen Monate beteiligen: Dorothee Bär hatte noch vor dem Amtsantritt im ZDF-Interview gesagt: Das eigentliche Thema sei Mobilität, etwa autonomes Fahren und fragte dann (mit Blick auf ländliche Gegenden): „Hab ich die Möglichkeit, auch zum Beispiel mit einem Flugtaxi durch die Gegend zu können?“ Digi-Doro oder Flugtaxi-Ministerin waren noch einige der wohlmeinenden Spitznamen. Nun also soll es los gehen.
Die beiden CSU-Politiker, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, und die Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, Staatsministerin Dorothee Bär, sowie Vertreter von Audi und Airbus, wollen in Ingolstadt Flugtaxis erproben. Eine entsprechende Erklärung wurde dazu unterzeichnet. Wo? Nicht in Ingolstadt, sondern im Kanzleramt in Berlin. Weitere Partner sind die Kommune Ingolstadt, das Land Bayern und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Noch ist alles nur eine Absichtserklärung, aber mit dem festen Willen der Partner, diese Form des Transports voranzubringen.
Worum geht es?
Für den Bundesverkehrsminister sind Flugtaxis längst keine Vision mehr und eröffnen komplett neue Möglichkeiten. Beispielsweise für den Krankentransport in Städten und Ballungsräumen, sagte Scheuer. Technisch ist die Sache nach derzeitigen Überlegungen so angelegt, wie sich Menschen dies schon immer erträumt haben. Kurzer Rückblick in die Kindertage? Irgendwo war beim Spielen mit den Modellautos ein Hindernis? Kein Problem, denn unser Modellauto konnte damals schon abheben. Und hinter dem Hindernis, beispielsweise Papas Hausschuh, wieder landen. So oder so ähnlich soll auch das Konzept von Audi und Airbus funktionieren. Nur sollen keine väterlichen Hausschuhe, sondern reale Staus oder Baustellen überflogen werden.
Dazu hat das Fahrzeug der Zukunft zwei Antriebsmodule. „Pop.Up Next“ heißt das Projekt, das von Audi, Italdesign und Airbus auf dem Genfer Autosalon im Frühjahr vorgestellt worden war. Dabei handelt es sich um ein rein elektrisches, vollautomatisiertes Angebot für horizontale und vertikale Mobilität. Im Innenraum dominiert ein 49 Zoll-Bildschirm, die Mensch-Maschine-Interaktion erfolgt über Sprach- und Gesichtserkennung, Eye-Tracking sowie Touch-Funktion, hieß es damals in einer Pressemitteilung.
Die ultraleichte, zweisitzige Passagierkabine lässt sich entweder mit einem Auto- oder einem Flugmodul koppeln. Pop.Up Next sei eine ambitionierte Vision, die das urbane Leben der Zukunft nachhaltig verändern könnte, hatte Bernd Martens, Audi-Vorstand für Beschaffung und Präsident von Italdesign, damals gesagt.
Wird nun über Ingolstadt bald geflogen?
Geht es nach dem Willen der Unterzeichner, dann ist der Wirtschaftsraum Ingolstadt in der Mitte zwischen München und Nürnberg mit rund sechs Millionen Einwohnern sowie sehr hohem Verkehrsaufkommen ein ideales Testfeld. Dorothee Bär hatte deutlich gemacht, man könne nicht alle Straßen sechs- oder achtspurig ausbauen. Auch Schienen beanspruchten knappen Raum. Daher müssten alle Verkehrsmittel sich optimal ergänzen – im Zeitalter der vernetzten städtischen Mobilität kommt es auf ein optimales Zusammenspiel aller zu Lande, zu Wasser und in der Luft an. Deshalb gehörten zur Mobilität der Zukunft auch Flugtaxis.
Selbst Skeptiker wollen das nicht ausschließen, es arbeiten auch andere Firmen an diesem Konzept. Hierzulande ist das Unternehmen Volocopter aus Bruchsal ebenfalls sehr aktiv und will schon bald Tests in Dubai starten. Aber bis es zu einem Serienbetrieb kommen könnte, dürfte noch viel Zeit vergehen. Der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband sieht die Entwicklung gelassen. BZP-Geschäftsführer Thomas Grätz wird nicht müde zu betonen: „Wir persönlich werden es wohl nicht mehr erleben, mit Flugtaxis ganz normal unterwegs zu sein“. Vermutlich werde auch der Preis nicht unerheblich sein.
Zudem spielen zwei Dinge bei Flugtaxis eine wichtige Rolle, bis sie tatsächlich abheben. Die Landung auf engstem Raum in Großstädten stellt alle Planer vor große Herausforderungen. Und nicht zu vergessen ist auch die rechtliche Komponente, damit alles auf juristisch sicheren Füßen steht. tm
Foto: Taxi Times
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