Auch in französischen Regionen leben viele Taxibetriebe vorwiegend von Krankenfahrten. In vier Wochen soll eine Reform in Kraft treten, die Pooling bei Krankenfahrten und schlechtere Vergütung bedeutet.
Diese Woche Dienstag, am 3. Dezember, demonstrierten in Paris ab dem frühen Morgen hunderte Taxifahrer aus ganz Frankreich. An der Porte Maillot, einem wichtigen Knotenpunkt am westlichen Rand der Innenstadt, legten sie den Verkehr lahm. Später fuhren sie im Konvoi hupend am Triumphbogen vorbei zu den Invalides, einem historischen Platz im Stadtzentrum. Dort brannten sie Paletten ab und hielten Protestplakate hoch. Darauf war unter anderem zu lesen: „Unsere Existenz steht auf dem Spiel!“
Schließlich versammelten sich um die 500 Fahrzeuge in der Nähe der Assemblée Nationale, dem Unterhaus des französischen Staatsparlaments, wo man hoffte, mit Abgeordneten in den Dialog zu kommen – mit mäßigem Erfolg. In Frankreich haben die Parlamentarier weniger Einfluss als in Deutschland und anderen Staaten, da das größte EU-Land weniger föderalistisch organisiert ist und sich mehr Macht auf den Staatspräsidenten konzentriert. Auch das Gesundheitswesen ist weniger kleinteilig aufgebaut, so dass Taxibetriebe nicht mit vielen kleinen Krankenkassen über die Vergütung von Fahrten zu verhandeln haben.
In Frankreich, dem Land der erfolgreichen Überwindung eines feudalistischen Systems per Revolution, sind Proteste häufig lauter, wuchtiger und emotionsgeladener als in Deutschland. Zu Zeiten des Markteintritts von Uber waren in französischen Großstädten demolierte oder abgebrannte Mietwagen kein seltenes Bild.
Der Grund für den aktuellen Protest der Taxler ist die geplante Senkung der Kilometerpauschale für Krankenfahrten, von denen im dünner besiedelten Frankreich für viele Taxibetriebe die Existenz noch stärker abhängt als in Deutschland. Das französische Online-Portal „nachrichten.fr“ zitiert einen der protestierenden Fahrer: „Man nimmt uns einfach über 40 Cent pro Kilometer weg – in einem Land, wo alles teurer wird“, so der „sichtlich erboste“ Kollege. Viele Taxifahrer seien wütend. In einer Zeit, in der die Lebenshaltungskosten steigen und der Druck auf kleine Unternehmer zunimmt, wirke diese Maßnahme wie ein Schlag ins Gesicht.
Wie das Online-Portal weiter berichtet, dreht der Konflikt sich um die neue Konvention der Krankenkassen, die die Bedingungen und Vergütung für Krankentransporte regelt. Derzeit werde noch über die Reform verhandelt. Für viele Taxibetriebe und Fahrer in der Französischen Republik sind Krankenfahrten die Haupteinnahmequelle und damit von existentieller Bedeutung. Besonders in ländlichen Regionen sind Taxis auch für Patienten die oft einzige Alternative, da vielerorts keine andere Möglichkeit besteht, Arzttermine wahrzunehmen.
Mit den geplanten Kürzungen sehen viele Fahrer ihre wirtschaftliche Existenz bedroht. Für „nachrichten.fr“ stellt sich die Frage, wer eigentlich von diesen Einsparungen profitiert und was passiert, wenn Taxifahrer ihren Dienst in abgelegenen Gebieten einstellen. „Die Konsequenzen könnten weitreichender sein, als es auf den ersten Blick erscheint.“
Die Redakteure halten den Protest der Taxibranche für ein mögliches Zeichen eines sozialen Umbruchs. Er stehe symbolisch für eine tiefere Unzufriedenheit, die weite Teile der Gesellschaft durchzieht. „Ob es um Rentenreformen, steigende Energiepreise oder Kürzungen im Gesundheitswesen geht – die Stimmung in Frankreich ist angespannt.“ Ein häufig zu hörender Vorwurf von Taxifahrern, oft Selbstständige ohne großes finanzielles Polster, lautet: „Wir sollen immer mehr leisten, aber immer weniger dafür bekommen.“ Man fühle sich von der Regierung im Stich gelassen.
Ob die Demonstration tatsächlich etwas bewirken wird, müsse man abwarten. Die Taxifahrer hoffen, dass ihre Forderungen gehört und ernst genommen werden. Es sei zumindest zu ersten Gesprächen mit Parlamentariern gekommen, „doch der Weg zu einer zufriedenstellenden Lösung scheint noch weit.“ Jedenfalls zeige der Protest deutlich, wie tief die Risse in der sozialen Landschaft Frankreichs sind. „Es bleibt spannend, ob und wie die Politik auf diesen Weckruf reagieren wird – denn eines steht fest: Die Taxifahrer haben nicht vor, sich kampflos geschlagen zu geben.“
Das zeigt unter anderem die Ankündigung, die Proteste kommende Woche in anderer Größenordnung und mit Verstärkung aus einer weiteren Branche fortzusetzen (mehr dazu in Kürze in einer gesonderten Meldung). ar
Beitragsbild: Paris, Symbolfoto: Pixabay (cocoparisienne)