Geht es nach der Empfehlung von 16 Professoren, benötigt ein digitaler Taximarkt keine festen Preise, keine Unterscheidung zwischen Taxi- und Mietwagen, keine Beförderungspflicht und auch keine begrenzten Konzessionen.
Diese Meinung vertritt nicht irgendwer. Das vor wenigen Tagen erschienene Gutachten wurde vom wissenschaftlichen Beirat beim Bundesminister für Verkehr und Digitale Infrastruktur erarbeitet. Es trägt den Titel „Die Chance der Digitalisierung im Taximarkt nutzen: Liberalisieren und Verbraucherschutz stärken.“ Der Beirat hat eine beratende Funktion.
Der Markteintritt neuer internetbasierter Dienstleister sei mit „inadäquat gewordenen Regeln“ nur eingeschränkt in Einklang zu bringen, heißt es einleitend. Als inadäquat bezeichnet man etwas, das nicht im richtigen Verhältnis zu etwas anderem steht.
Aus Sicht der 16 am Gutachten beteiligten Professoren (die alle zusätzlich noch mindestens einen Doktortitel tragen), stimmt das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) nicht mit der aktuellen Digitalisierung überein. Gleichzeitig ermögliche die technische Entwicklung der letzten Jahrzehnte eine Deregulierung der Taximärkte. „Die Digitalisierung erleichtert die Vermittlung von Taxis, vermindert Leerfahrten und erhöht so die Produktivität. […] Die Nachvollziehbarkeit von Erlösen und Arbeitszeiten für die Aufsichtsbehörden wird vereinfacht“, führt das Gutachten auf. Man könne auch hinsichtlich des Fahrzeugangebotes nach Qualität (preiswerte Kleinwagen oder teurere Limousinen) bzw. nach Umweltkriterien (E-Taxis) differenzieren.
Als Konsequenz empfiehlt der Beirat daher eine Reform des Regulierungsrahmens des Taximarktes, „um die Früchte dieser Innovationen zu ernten“.
Quantitative Konzessionsbeschränkungen sollen künftig abgeschafft werden, qualitative dagegen bleiben. Taxikonzessionen sollen künftig nur noch der Fachkunde und der Regelkonformität unterworfen sein. Erfahrungen in Hamburg und Schweden würden zeigen, dass „die Funktionsfähigkeit von Taximärkten nicht durch den Eintritt weiterer Taxiangebote gefährdet ist“. Eine Überprüfung des Taximarktes nach § 13,4 PBefG durch Gutachten und die daraus resultierende Verweigerung von Genehmigungen sei obsolet (als obsolet bezeichnet man etwas, das nicht gebraucht wird, weil es veraltet ist).
Nicht mehr zeitgerecht ist auch eine Unterscheidung im PBefG zwischen Taxis und Mietwagen. Diese solle künftig aufgehoben werden, womit für Mietwagen gleichzeitig auch die Rückkehrpflicht entfallen würde. Gleichzeitig solle der bisher ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent bei Taxis auf den Regelsteuersatz angehoben werden.
Der Taxitarif solle nach Meinung der Professoren nicht weiter staatlich bestimmt werden. Die Tarife sollen also freigegeben werden, wobei Informationspflichten an Taxiständen und bei Ruftaxis ausgeweitet und reguliert werden, um eine „faire Preisbildung zu gewährleisten.
Nach einer solchen Preisfreigabe würden Taxizentralen und webbasierte Taxivermittler die Preise festlegen, weshalb diese Vermittler vorher als neue Kategorie ins PBefG aufgenommen werden sollen. „Sie sollten Daten jeder Fahrt bereitstellen, um eine Marktmachtmissbrauchskontrolle wie auch die allgemeine Regelkontrolle zu unterstützen.“
Als logische Konsequenz aus dem Verzicht einer Preisfestlegung sieht das Gutachten auch die Beförderungspflicht als nicht mehr notwendig an.
Taxistände sollen künftig vom „Markt“ als Parkstände entgeltpflichtig bereitgestellt werden. „Wenn ein besonderes öffentliches Interesse vorliegt, können reservierte Wartestände für Taxiunternehmen geschaffen werden, die diskriminierungsfrei zugänglich sein müssen und bepreist werden sollten“, schlagen die Professoren vor.
An stark frequentierten Halteplätzen, an denen Fahrgäste möglichst einfach und schnell einem Taxi zugeordnet werden müssen, wäre eine individuelle Preisfindung nicht möglich. Hier sollte der Betreiber des Taxistands deshalb das Recht haben, Tarife, Qualitäten und Pflichtfahrgebiete für die von diesem Stand ausgehenden Fahrten vorzugeben. Das Gutachten spricht in diesem Fall von einer „Taxistand-spezifischen Tarifbindung“.
Sollte die Politik all diese Empfehlungen umsetzen, sei laut Meinung der 16 Professoren damit zu rechnen, „dass die Kunden von einem breiten Angebot und geringeren Wartezeiten profitieren werden. Die bessere Vermittlung und die Vermeidung von Leerfahrten reduzieren die Umweltbelastung und die Kosten der Taxifahrten. Auch wird es zu Qualitätsdifferenzierungen kommen und es werden über die technischen Mindestanforderungen hinausgehende Fahrzeugqualitäten wie Elektro-Taxis am Markt auftreten.“ jh
Eine offizielle Äußerung des Taxi-Bundesverbands zu diesem Gutachten liegt bisher noch nicht vor. Eine für die kommende Woche anberaumte Sondersitzung des Arbeitskreises Gewerbepolitik soll eine gemeinsame Stellungnahme erarbeiten.
Professor Dr. Günter Knieps ist Direktor der Albert-Ludiwgs-Universität Freiburg und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesminister für Verkehr und Digitale Infrastruktur.
Foto: Universität Freiburg
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Wenn ich das schon wieder lese, das sich 16 Professoren sich für die Zukunft der Taxibranche beraten!Das sind wahrscheinlich Leute die vor 30 Jahren in Studienzeiten mal Taxi gefahren sind und meinen ne Ahnung von der Theorie zu haben was eigentlich heute auf dem Taximarkt abgeht!Ihr solltet erst Taxifahrer und die Taxiunternehmen fragen oder dazu einbeziehen um in Zukunft besser arbeiten zu können !Die 16 Professoren Theorie wird in der Praxis einige Existenzen kosten. Ich würde immer den Koch fragen wie ich die Suppe zu Salzen….
So ist es. Innovation ist gut, aber was diese „Professoren“ so erarbeitet haben ist die Vernichtung eines ganzen Gewerbezweiges in all seinen Konsequenzen.
Aus welchen unerfindlichen Gründen diese „Professoren“ mit mindestens einem Doktortitel meinen, sie hätten auch nur den geringsten Einblick in unser Gewerbe, wird mir immer verborgen bleiben.
Doktortitel ersetzen nicht die fehlende Markt- und Branchenkenntnis, die hier aber dringend erforderlich wäre.
Sehr geehrte Damen und Herren,
wenn sich der Taximarkt dergestalt verändert, wie die Herren oder Damen Professoren sich das vorstellen, wird es auf dem Taximarkt ein Preischaos geben, wie es Deutschland noch nicht erlebt hat. Steuerehrliche Taxiunternehmer/innen werden sich schnell am Markt verabschieden müssen, da sie dem Preisdruck in Richtung Dumpingpreise nicht standhalten werden. Noch dazu wenn unfähige Taxizentralen bei der Preisgestaltung mitmischen. Und davon gibt es genug.
Es kann nicht angehen, das hier nicht die befragt werden, die mit diesem Geschäft ihr Geld verdienen. Eben die Taxiunternehmer. Das ist die Gruppe, die als einzige wirklich das Geschäft kennen. Auf keinem Fall aber irgendwelche Professoren, die das gesamte Gewerbe in die Arme von zweifelhaften Firmen wie UBER und ähnliche treiben wollen.
Ich hoffe nur, das Politiker nicht so dumm sind und solche Gutachten wirklich ernst nehmen.
Ich weiß gar nicht, warum wir Taxler immer unser „Licht unter den Scheffel“ stellen, wo wir doch aufgeklärte und informierte Doktoren und Professoren in unserer Branche haben…
Michaela John
Das City Taxi AG
Wie so häufig liegen Theorie und Praxis weit auseinander. In diesem Falle sogar ganz weit!
Sicher sind einige Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes es Wert auf den Prüfstand zu kommen, Aber wenn ich diesem Artikel folge keimt in mir das Gefühl auf, hier geht es ausschließlich um eine Marktöffnung zu Gunsten der großen Buchungsportale.
Die logische Konsequenz kann bei einer Umsetzung der genannten Empfehlungen nur den Niedergang der kleinen und mittleren Taxibetriebe bedeuten, die allesamt regional um den Service am Kunden bemüht sind.
Und diese Bemühungen dienen nicht etwa der Befriedigung von Gewinnerwartungen der Investoren, sondern ausschließlich der Erwirtschaftung des Lebensunterhaltes der einzelnen Unternehmer.
Auch der Kunde wird unter einer solchen Reform zu leiden haben. Der Anteil der älteren (über 65) Menschen, die exemplarisch durch unseren Betrieb bedient wird, liegt bei knapp 70 Prozent an den Wochentagen. Wie soll ich mir die schöne, neue und digitalisierte Welt nun vorstellen? Oma Müller zückt ihr Smartphone und bestellt über die App das Taxi, was sie um die Ecke zum Friseur bringt? Oder Herr Meier, der jeweils zur Dialyse muss: nehmen sich die Herren Investoren auch der Problematik des Genehmigungsverfahrens an? Wird der „selbstständige“ Fahrer, der an eine dieser großen Zentralen angebunden ist, die an ihn vermittelte Scheinfahrt aus dem Krankenhaus durchführen, wenn die Beförderungspflicht entfällt?
Natürlich sind an Tagen wie Silvester, Heiligabend oder in der Karnevalszeit gute Barumsätze einzufahren. Aber das Geschäft besteht nicht aus diesen Ausnahmetagen, sondern vom täglichen Kampf um den einzelnen Kunden. Und ich halte es für unwahrscheinlich, dass ein digitalisierter Einzelunternehmer, der an diese Zentralen angeschlossen ist, im Tagesgeschäft bei steuerehrlicher Abrechnung überhaupt für sich den Mindestlohn erwirtschaften kann.
Aber wie eingangs erwähnt: Theorie und Praxis, Ganz weit auseinander! Und ich nehme mein Wissen und meine Erfahrung aus einer 30-jährigen – leitenden – Tätigkeit in einem Taxibetrieb. Und das ohne Professor Doktor Doktor zu sein.
es ist sehr schade was ich gerade gelesen herr proffesor du sitzt schön gemütlich am schreibtisch im büro und entscheidest über meine finanzielle lage über meine familie die ich mit taxifahren ernähre und versuche zu leben. dann bitte ich sie mir mein leben zu erleichtern und nicht zu erschweren ich habs so schon nicht leicht es ist sehr schwer geworden ls taxifahrer zu überleben. unfassbar was du dir da ausdacht herr proffessor du hast ausgesorgt im kämpfe um jeden euro in berlins strassen
Man sollte diese „Experten“ dazu zwingen so einen Betrieb nach ihren eigenen Vorgaben zu führen und davon ihre Familien zu ernähren – der Lerneffekt wäre garantiert enorm !
Lieber Kollege aus Berlin ! ( vorheriger Eintrag )
Diesen Leuten ist es scheißegal, ob Du, ich, oder andere überleben oder nicht, sorry !
Solidarische Grüße an alle Fahrer/Innen und Unternehmer/Innen !
Wenn wir den Silicon-Valley Boys mit all ihren neuen Apps und ausgeklügelten technischen Möglichkeiten nicht Einhalt gebieten, werden zuerst die prekären Jobs verloren gehen und ganz zum Schluss werden auch die Professoren mit ihren ach so klugen Kommentaren überflüssig sein.
Na ja, etwas Gutes hat halt jede Sache.
Denke das dieses Gutachten nicht so, wie es vorliegt umgesetzt werden kann.
Natürlich würde es in so einem Fall einiges an Wirbel aufrollen und es würden klagen kommen.
Müssen wohl oder übel abwarten, was dieses Gutachten ausmachen wird.
Ich arbeite gerade an einem Gutachten zur Deregulierung des Professorenmarktes.
Kernpunkte wären u.a.:
– Abschaffung des Doktortitels und freier Zugang für jedermann, der in der Lage ist seinen Vor- und Zunamen zu buchstabieren als Dozent an den Universitäten.
-Abschaffung der Professorengehälter, stattdessen sollte die Vergütung durch den jeweiligen Hausmeister festgesetzt werden.
– Kostenpflichtige Vorlesungen zu Lasten des Dozenten.
-Freier Verleih von arbeitslosen Professoren an Sanitärreinigungsdienste oder im Bereich der Obst und Gemüseernte.
– Stufenweiser Abbau der Professorenstellen. Neubesetzung der freiwerdenden Stellen durch Hütchenspieler..
Super lustig !!!
Auftraggeber solcher faktenbefreiten Studien ist nicht etwa die Bundesregierung sondern Uber und co. Hier geht es ausschliesslich um die Umschichtung von Arbeitseinkommen hin zu Aktionärseinkommen. Die schweren Geldkoffer von den Lobbyisten sind schon auf den Weg zu den koruppten Abgeordneten. Irgendwann gibt’s dann als Dankeschön noch einen Vorstandsposten bei uber und co.
Frechheit! Wie dreist können diese Professoren sein, uns unseren staatlich gesicherten Schutz vor Konkurrenz streitig zu machen? Ein Schritt in die andere Richtung wäre nötig! Wir sollten alle Supermärkte, Fastfood-Ketten, großen Textil- und Autohersteller verbieten oder zumindest kozessonieren. Der Preisdruck hat ja schon so vielen ehrlichen Menschen die Arbeit gekostet. Es wird Zeit dass auch ausserhalb des Taxigewerbes die Legislative nicht an die Interessen aller, sondern nur an die der bereits Tätigen denkt. Günstige Taxis sind ein Graus. Es lebe die Planwirtschaft!
Also wer die Beförderungspflicht anschaffen möchte, der hat schlicht und ergreifend keine, aber wirklich absolut keine Ahnung von diesem Gewerbe und damit von den Dingen über die er spricht.
Man stelle sich Bus oder Bahn vor ohne Beförderungspflicht. Der Busfahrer bestimmt jedesmal selber wen er mit nehmen will und wen nicht….
UBER funktioniert nur deshalb weil Uber praktisch seine eigenen Gesetze macht, die außerhalb jeder Kontrolle des Staates liegen. Minimale Steuerzahlungen ( 4,2 % in den Niederlanden ) , hohe Gebühren für die Vermittlung der Fahrten, freie willkürliche Preisgestaltung, Uber wählt aus wer befördert wird und wer nicht – die Oma zum Arzt also eher nicht – , dann nur unterirdisch schlecht bezahlte Fahrer, …usw. Und sollte der Staat später mal etwas dagegegen tun wollen, dann ist es zu spät, denn Uber – schade schade – ist ja nur ein Vermittler der zusätzlich in den USA außerhalb des juristisch greifbaren agiert.
Von Sozialabgaben, Umsatzsteuerzahlungen, ganz zu schweigen.
Wer das gut findet oder das fördert, der schädigt den dt. Staat und damit uns alle. Wenn jede Hausfrau, jeder Student oder jeder unterforderte Lehrer abends nochmal kurz „ein paar Leute hin – und her fährt“, dann ist das Laienhaft, und wohl keiner von denen wird sein Gewerbe anmelden und Steuern abführen, wie auch ?!
Und wer sollte das auch kontrollieren können. Nach unserem Rechtssystem hat keiner das Recht in deren Handys reinzuschauen , geschweige denn das Uber das zulassen würde. Und auch ob Taxifahrer nach einer 8 Std. Taxi-Schicht danach nochmal 8 Std. privat für Uber fahren kann und wird kein Mensch kontrollieren.
Also max. Arbeitszeit = Verkehrssicherheit interessiert plötzlich auch keinen mehr. Bis der erste Professor mal nachts um 0.35 h mit einem übermüdeten Uberfahrer mal gegen einen Baum klatscht… Nur sind die Taxen dann weg. Ein für alle mal.