Mit Hamburg hat heute eine weitere Stadt ein Förderprogramm für Elektro- und Rollitaxis gestartet. Es ist ein Konzept mit „ganzheitlichen Ansatz“. Genau darin könnte sein Erfolgsgeheimnis liegen.
Ein Kommentar von Jürgen Hartmann
Auf den ersten Blick wirkt das heute von der Stadt Hamburg vorgestellte „Projekt Zukunftstaxi“ wie seine Vorgänger aus München, Berlin oder Stuttgart. Taxiunternehmer, die sich ein Elektrotaxi anschaffen, bekommen von der Stadt bis zu 10.000 Euro Unterstützung. Ist das Fahrzeug zudem auch noch für den Rollstuhltransport (Inklusion) geeignet, gibt es weitere finanzielle Förderungen. Mit solchen Verlockungen hat München bereits vor knapp drei Jahren und Berlin vor zwei Jahren die Taxiuternehmer geködert. Begeistert haben sich dafür aber nur wenige von ihnen. Soll das nun in Hamburg anders werden, ausgerechnet zu einer Zeit, in der manch einer aufgrund der massiven Umsatzverluste wegen des Corona-Lockdowns um das nackte Überleben kämpft?
Ja, es könnte tatsächlich eine Erfolgsgeschichte werden. Betrachtet man das „Projekt Zukunftstaxi“ etwas genauer, stößt man auf viele Unterschiede zu München und Co. Der Stadt und der Behörde war es von Anfang an wichtig, keine Maßnahme „von oben herab“ festzulegen, sondern die Kräfte für ein solches Projekt zu bündeln. So hatte es der Projektverantwortliche Dirk Ritter formuliert. Ritter ist Leiter der Verkehrsgewerbeaufsicht und „Vater des Projekts“.
Was damit gemeint war, wurde schon bei der zweiten Folie deutlich, die der politisch verantwortliche Senator Dr. Anjes Tarks bei der heutigen Projektpräsentation zeigte. Man sah dort eine Ansammlung vieler Markenlogos, die beim „Projekt Zukunftstaxi“ als Partner dabei sind. Beispielsweise die Embleme von diversen Fahrzeugherstellern, von Mercedes und Volkswagen über Kia, LEVC, Nissan, Polestar bis zum Tesla. Dazu (lokale) Stromanbieter wie Hamburg Energie, Stromnetz Hamburg, Hy-Solutions oder auch die Telekom, die mit Comfort Charge im Bereich der Ultra-Schnelllader ebenfalls mitmischen.
Last but not least auch noch die Fahrtenvermittler von HansaFunk über diverse Stadtteilzentralen und auch zwei app-basierte Plattformen. Mit Taxi Times wurde zudem ein branchennaher Medienpartner gefunden.
Ein finanzielles Förderprojekt so eng mit der Industrie zu verknüpfen ist für eine Behörde sicherlich ungewöhnlich, der Sache dient es allerdings immens. Zum einen, weil die Stadt seine Neutralität dahingehend wahrt, dass es allen potenziellen Partnern die Projektteilnahme ermöglicht (weshalb auch Free Now, Uber und Moia dabei sind), zum anderen, weil jeder Partner auch versprechen musste, voll und ganz hinter dem Projekt zu stehen.
Das bedeutet für Fahrzeughersteller beispielsweise, optional mit einem Ansprechpartner vor Ort präsent zu sein, attraktive Finanzierungsangebote inklusive Taxipaket zu machen und eine zeitnahe Fahrzeugauslieferung zu garantieren. Anders als in München oder Berlin weiß so jeder Taxiunternehmer, an wen er sich wenden kann. Selbst lokale wie auch überregionale Umrüster sind mit im Boot.
Bei den Anbietern der Lade-Infrastruktur liegt die Zusage vor, das sowieso schon üppige Netz an Ladesäulen noch weiter auszubauen und dabei auch noch mehr Schnell- und Ultraschnelllader aufzustellen, manche sogar ausschließlich für Taxis. Hier will sich vor allen Dingen die Telekom als Partner des Taxigewerbes etablieren. Sowohl mit Ultra-Schnellladern, die mit bis zu 150 kW eine Aufladung für mindestens 100 Kilometern in zehn Minuten ermöglichen sollen wie auch mit Wallboxen, mit denen Unternehmer ihre E-Taxis am Betriebssitz oder zuhause laden können.
Bei den Fahrtenvermittlern ist ebenfalls der klare Wille spürbar, das Projekt Zukunftstaxi aktiv voranzutreiben. Die Taxizentralen versprechen eigene Rufnummern für die E-Taxi- und Inklusionsbestellung und integrieren eine gesonderte Bestellfunktion in die Taxi-App (was auch die reinen App-Plattformbetreiber in Aussicht stellen). Dazu werden die E-Taxi-Unternehmer bei manchen Vermittlern mit günstigeren Gebühren bzw. Provisionen belohnt.
Last but not least nimmt sich auch die Behörde in die Pflicht. Sie stellt eine Anpassung des Rechtsrahmens in Aussicht, damit Taxis während ihres Ladevorgangs an der Säule jederzeit einen Fahrtauftrag annehmen dürfen. Bei der Art der Förderung hat man sich zudem bewusst dazu entschlossen, nicht die Fahrzeuganschaffung direkt zu bezuschussen, sondern mit ihrer Art der Förderung die Mehrkosten auszugleichen, die durch den Wechsel vom herkömmlichen Verbrenner zum Elektro- oder auch Wasserstofftaxi anfallen. Dadurch ist gewährleistet, dass zur Hamburger Förderung auch die rein fahrzeuggebundene Bundesförderung kumuliert werden kann.
Wer all das berücksichtigt, minimiert zum einen das wirtschaftliches Risiko und hat zudem die Gewissheit, dass er mit einem Antriebswechsel vom Verbrenner zum Elektro- bzw. Inklusionstaxi nicht zum individuellen Einzelkämpfer werden muss, sondern von allen Seiten breite Unterstützung bekommt.
Das ist der große Unterschied zu München, Berlin und anderen Städten. Und das könnte auch der Grund sein, warum Hamburgs „Projekt Zukunftstaxi“ tatsächlich auch eine Zukunft haben könnte. Nomen est omen. Zumindest dann, wenn Corona irgendwann einmal Geschichte ist. jh
Hintergrund: am 1. April 2021 hat die Stadt Hamburg unter dem Namen „Projekt Zukunftstaxi“ eine Fördermaßnahme gestartet, bei der die Anschaffung eines Elektrotaxis sowie der Umbau eines Taxis zu einem Inklusionsfahrzeug (Beförderung mit mindestens einem Rollstuhlinsassen) mit jeweils 10.000 Euro pro Taxi bezuschusst werden. Zur Verwirklichung arbeitet die Stadt dabei ganz eng mit Industriepartnern zusammen, zu denen die Fahrzeughersteller, die Anbieter der Lade-Infrastruktur sowie die Vermittlungsplattformen zählen. Taxi Times begleitet das Projekt als Medienpartner auf seiner Hamburger Website www.taxi-times.com/hamburg, auf Facebook sowie über eine WhatsApp– und eine Telegram-Gruppe.
Eine Übersicht über alle bisher veröffentlichten Beiträge finden Sie hier
Einige Beispiele:
31.3.21: Ankündigung: die Förderoffensive für Hamburger Taxiunternehmer
31.3.21: Nomen est Omen: Warum dieses Projekt eine Chance (verdient) hat
1.4.21: Zukunftstaxi-Projektpartner Mercedes-Benz: eVito Tourer und EQV
2.4.21: Zukunftstaxi-Projektpartner KIA: e-Soul und e-Niro
6.4.21: Zukunftstaxi-Projektpartner Volkswagen-PKW: ID.4
7.4.21: Großes Interesse am Webinar zum Hamburger Zukunftstaxi
Beitragsfoto: Hamburg Marketing / Montage: Raufeld
In Hamburg war man stets weiter als bei uns in München, keine Frage. Hanseaten sind schlicht politisch selbstbewusster und wohl auch sozial kompetenter. Wie wir wissen, hat Uber in der Hansestadt keinen Fuss auf den Boden gebracht und richtig;
Das Projekt „Zukunftstaxi“ ist wohlbsurchdacht und breit aufgestellt.
Allerdings finde ich nicht, dass die Förderrichtlinien bzgl Inklusionstaxen hier in München „von oben herab“ beschlossen wurden. Vielmehr konnten wir uns sehr wohl Gehör verschaffen. Zum Beispiel eas die Haltedauer eines geförderten Taxis betrifft oder den Umstand, dass das Fahrzeug nicht nagelneu sein muss, da viele Kollegen, gerade Einzelunternehmer, Autos mit geringer Kilometerleistung kaufen. Habe ich selbst schon so gemacht und bin gut damit gefahren.
Natürlich ist es angenehm, wenn ich als Einzelunternehmer lediglich einen jährlichen Besetzttkilometer von 15tsd Kilometern (Mehrwagen lediglich 20tsd)
nachweisen muss. Die Regelungen in München sind etwas anspruchsvoller, was allerdings und ehrlicher Weise den Bedürfnissen der Rollstuhlfajrer/innen mehr Geltung gibt.
Und; Auch in München kann man sowohl die Förderung für E-Mobilität als auch für Inllusion abgreifen.
Das Inklusionstaxi wird in München von Isarfunk seit dem 3.Quartal 2020, wenn auch zunächst eingeschränkt, bereits vermittelt. Bis zum 23.3. konnten bei 19 Anfragen 18 Aufträge ausgeführt werden. Die Zahl der Taxen, die hierfür in Frage kommen, wird sich bereits ab Sommer noch einmal leicht erhöhen.
Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen,
aber das Projelt, durch Corona zunächst ausgebremst, schreitet dennoch voran.
Horst Wiegand
Inklusionsbeauftragter
IF-Taxizentrale
Man will uns hier zu einer Technologie zwingen, die mit 700kg schweren Akkus und der Notwendigkeit einer komplett neuen Ladeinfrastruktur , eigentlich in die Steinzeit gehört. Steuerzahlergeld wird wiedereinnahm sinnlos verschwendet.
Versteht denn keiner, dass die einzige Lösung Wasserstoff bzw. LOHC ist, auch wenn es noch nicht serienreif ist. Lieber noch warten, als die sinnlosen Akkumonster subventionieren!
Hinweis der Redaktion: Beim Hamburger „Projekt Zukunftstaxi“ werden auch Wasserstoff-Antriebe gefördert.
Der VW id4 ist ein lokaler Umbau und leider nicht werkseitig.
Bisher sind keine e-Taxen seitens VW Pkw oder VW Nutzfahrzeuge geplant – enttäuschend, milde ausgedrückt.