Eine Berliner Taxiunternehmerin hat ihre zuständige Aufsichtsbehörde in einem direkten Anschreiben mit der hohen Disprepanz zwischen Hamburger und Berliner Taxi-Umsätzen konfrontiert.
Wie die Steglitzer Unternehmerin sarkastisch schreibt, seien die Handlungen des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) „folgerichtig“ – wenn man das Berliner Taxigewerbe ruinieren wolle. Sie meint damit die „massive Konzessionsvergabe in den letzten Jahren an Mietwagen“ ohne Not. „Aber ist es so gedacht?“ Wenn das Taxigewerbe die Daseinsvorsorge liefern soll, dann könne es nicht überleben, wenn so viel unlautere und illegale Konkurrenz auf den Straßen agiere.
Um den Ernst der Lage zu untermauern, hat sie eine Tabelle mitgeschickt, in der sie für den Zeitraum von Anfang Januar 2023 bis Ende August 2024, insgesamt 538 Tage, die durchschnittlichen Umsätze von Berliner und Hamburger Taxifahrern gegenüberstellt. Die Daten erhält sie täglich vom Dienstleister TaxiWin. Sie führt diese Vergleichsdatei seit Jahren, wie sie in dem Schreiben anmerkt. Die Diskrepanz fasst sie in einem Satz zusammen: „In meiner Datei können Sie die ruinösen Umsätze, die wir hier im Taxigewerbe momentan generieren, nachvollziehen.“
Die Tabelle gibt für Berlin und für Hamburg die durchschnittlichen Stundenumsätze jeweils für Vierteltage an, beginnend mit dem Nacht-/Morgen-Abschnitt von 0 bis 6 Uhr und endend mit dem abendlichen Zeitraum von 18 Uhr bis Mitternacht. Zudem sind für jeden Tag Durchschnittswerte für die Anzahl der Touren, den Umsatz je Tour, den Umsatz im Verhältnis zur zurückgelegten Strecke sowie die durchschnittlich gefahrene Geschwindigkeit über den gesamten Tag ausgewiesen. Um den direkten Vergleich zu haben, sind daneben in einem dritten Block die relativen Unterschiede ausgewiesen.
Die Zahlen sind aus Berliner Sicht mehr als ernüchternd: Im Schnitt wird im Hamburger Taxigewerbe zwischen 40 und 47 Prozent mehr Umsatz erzielt als in der Bundeshauptstadt mit ihrem Uber-und-Bolt-Problem. Während ein Berliner Taxifahrer im genannten Zeitraum im Durchschnitt 19,71 Euro Umsatz pro Stunde erwirtschaften konnte, waren es bei seinen Hamburger Kollegen 27,60 Euro. Nur an zwei Tagen im Gesamtzeitraum lag der durchschnittliche Umsatz in Berlin höher als in Hamburg.
Die größte Vierteltages-Diskrepanz über den aufgelisteten Zeitraum findet sich am 30. Oktober 2023, als die Berliner Kollegen zwischen 0 Uhr und 6 Uhr einen durchschnittlichen Umsatz von 9,86 Euro und die Hamburger Kollegen 33,01 Euro pro Stunde einfuhren – das 3,35-Fache. Aber auch über einen ganzen Tag zusammengerechnet gab es in dem Zeitraum insgesamt vier Tage, an denen der Umsatz in Hamburg mehr als doppelt so hoch war wie in Berlin. Geringer als in Berlin war der Hamburger Umsatz im Tagesmittel nur an drei der 538 Tage.
Diese deutlichen Zahlen kommentiert die Unternehmerin: „In Hamburg gibt es seit einigen Monaten einen Konzessionsstopp für neu beantragte Taxi-Konzessionen, weil Hamburg den wirtschaftlichen Umsatz von >27€/ h nicht mehr gewährleistet sieht.“ Zudem weist sie darauf hin, dass Hamburg eine „sehr viel geringere Anzahl“ an Mietwagen hat, die im Auftrag von Uber & Co. fahren – eine mehr als zurückhaltende Formulierung, da ein Uber-Problem in Hamburg praktisch nicht wahrnehmbar ist.
Die Unternehmerin schließt ihr Schreiben mit einer Frage und einem vernichtenden Urteil: „Warum lässt Ihre Behörde so viele illegal agierende Unternehmen zu, wenn jeder, der darüber nachdenkt, feststellen kann, dass in diesem ‚Gewerbe’ massiv gemogelt, beschummelt und betrogen wird – es kostet auch Steuergelder. Dass die Pflicht zur Rückkehr mittlerweile von allen ignoriert wird – auch von den Behörden – ist ein echtes Versagen!“ Besonders schwerwiegend und für die Behörden (nicht nur in Berlin) blamabel: Die Verstöße gegen die Rückkehrpflicht sind ein Problem, das alles andere als neu ist. ar
Beitragsbild: Axel Rühle
Das war aber klar ….
Kein wunder. Obwohl wir in Berlin möglicherweise viel mehr Fahrgäste transportieren, werden wir den Umsatz von Hamburg nicht erreichen. Der Grund dafür ist die Verkehrswende, bei der wir Taxifahrer nicht schneller vorankommen als ein Fahrrad.
Der Rest geht einfach in den Schwarzmarkt von kriminelle Uber Partner ….
Man sollte in dem Vergleich vielleicht noch berücksichtigen, dass es in Berlin nur 500 auserwählte Flughafenbediener gibt, das dürfte den Schnitt für die anderen noch mal deutlich senken…
Im übrigen freue ich mich, dass es immer wieder Kolleginnen gibt, die nicht müde werden die „Behörden zu konfrontieren“, das macht für den Moment immer so ein kurzes Hoffnungsgefühl.
Die Erfahrung hat uns nur leider gelehrt, dass die Behörde offenbar nicht in der Lage ist ihre Arbeit zu tun.
Selbst wenn die ganzen Mietwagenclowns betriebswirtschaftlich legal agieren WÜRDEN, wäre es immer noch nicht legal die Konzessionen zu erteilen, weil das, was da geschieht nicht nur taxiähnlicher, sondern nahezu taxigleicher Verkehr ist…. aber der §49 interessiert ja wohl generell nicht so sehr.
Wenn die Behörde denn irgendwie auf die Konfrontation reagiert würde ich mich freuen hier davon zu lesen.
Warum keine Dauerdemo mit Protestcamp vor dem LABO, mit dem Slogan: L.A.B.O.: „Liegenlassen, Abwarten, Bis zum Ohnmachtskollaps“!
Wie bekäme man eine Kriegskasse?
Vielleicht liegen die höheren Umsätze auch daran, dass es in HH schon lange eine INSIKA-Pflicht (bald TSE) gibt? Ich kann mir vorstellen, dass es in jeder Stadt demnächst Umsatzzuwächse geben wird …
Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt nur einen Weg das LABO zum Handeln zu zwingen und der geht nur über die rechtliche Schiene indem man einen Verwaltungsfach Juristen einschaltet, der dann die Behörde mit einer Untätigskeitsanzeige auf Trab bringt. Dazu müsste man natürlich einen starken Taxiverband haben und nicht so einen Anglerverein wie wir hier in Berlin.