Weil die Polizei aufgrund der schwierigen Verkehrssituation an der Arena in die Auftragsvermittlung des Taxis eingriff, veranstalteten die vor dem Impfzentrum wartenden und nicht berücksichtigten Taxifahrer letzte Woche laute Hupkonzerte. Wie das auf Nicht-Beteiligte wirkte, beschreiben ein Taxifahrer und ein hochbetagter Fahrgast.
Ein Berliner Impfling, Opa Uli, hat seit der Impf-Terminvergabe große Ängste rund um die Impfung. Er hat über seinen Rundfunksender erfahren, dass die Hin- und Rückfahrt zu den Impfzentren vom Berliner Taxigewerbe durchgeführt wird und die Fahrtkosten vom Land übernommen werden.
Nun ist es für ihn so weit, das Taxi ist bestellt und sollte in wenigen Minuten vor der Tür stehen. Opa Uli hat sich alle Unterlagen zurechtgelegt, die er im Impfzentrum benötigt. Draußen wartet der Taxifahrer Mario mit FFP2-Maske. Er hilft Opa Uli beim Einsteigen und verstaut seinen Rollator im Kofferraum.
Bevor sie losfahren, zieht Mario eine Liste hervor und klärt mit Opa Uli ab, ob er auch wirklich alle nötigen Unterlagen dabei hat: das Einladungsschreiben zur Impfung, Identitätsnachweis wie Personalausweis, Reisepass oder (elektronischen) Aufenthaltstitel, unterschriebenes Aufklärungsmerkblatt, der Anamnese- und Einwilligungsbogen und der Impfausweis (falls vorhanden). Mario, der schon mehrmals Seniorinnen und Senioren zum Impfzentrum gefahren hat, konnte dadurch schon zweimal erreichen, dass die Fahrt ins Impfzentrum für die Impflinge nicht vergeblich war.
Opa Uli ist von dem Service seines Taxifahrers angetan und bedankt sich während der Fahrt mehrmals. Mario bemerkt, wie sich die Aufregung von Opa Uli während der Fahrt allmählich legt. Doch in Alt-Treptow, kurz vor dem Impfzentrum in der Eichenstraße, wird es plötzlich laut und chaotisch. Taxis, private Autos und Krankentransporte behindern sich in der Sackgasse der Eichenstraße gegenseitig. Die Verkehrsbedingungen an der Arena lassen es nicht zu, dass alle Taxis, egal ob mit oder ohne Fahrgast, dort Platz haben. An jenem Tag blockieren auch noch Hunderte von Taxis die Zufahrt und veranstalten ein Hupkonzert.
Mario und Opa Uli kommen nur noch sehr schleppend voran. Opa Uli ist plötzlich wieder sehr nervös, zum einen wegen des Lärms, zum anderen, weil er befürchtet, seinen Termin zu verpassen. Zudem hat er Angst, jetzt plötzlich mitten in eine Demonstration von Corona-Leugnern geraten zu sein.
Mario kann Opa Uli in diesem Punkt wieder beruhigen. „Die Proteste richten sich gegen den geänderten Organisationsablauf“, klärt er auf. Unmittelbar vor dem Eingangsbereich des Impfzentrums würden die Polizei und die Mitarbeiter des Leitstellendienstes die dort auf die Heimfahrt wartenden Seniorinnen und Senioren gleich jenen Taxen zuweisen, die eben ausgeladen hätten. Eigentlich sollten diese Fahrten an die dort wartenden Taxifahrer*Innen vermittelt werden. Diese würden daher nun doppelt bis dreifach so lange warten müssen.
„Das macht sie wütend, deshalb hupen sie“, nimmt Mario seine Kollegen in Schutz, obwohl er insgeheim mit ihrem Verhalten gar nicht einverstanden ist. Seit Tagen ist die Problematik am Standort des Impfzentrums bekannt. „Anstatt dort zu stehen und auf einen Auftrag zu warten, könnten die hupenden Kollegen woanders ihre Dienste zur Verfügung stellen und Fahrgäste zum Impfzentrum bringen und auch gleich wieder neue Fahrgäste einladen“, denkt er sich, während er die letzten Meter vor den Eingang des Impfzentrums zurücklegt.
Dort hilft er Opa Uli aus dem Taxi und erhält dann vom Leitstellenpersonal seinen Fahrtgutschein. Opa Uli erreicht seine Impfstation trotz allem noch rechtzeitig, aber er hat ein wenig Angst, bei der Rückfahrt nun mit einem der hupenden und wütenden Taxifahrer zurückfahren zu müssen.
Doch die Angst ist unbegründet, denn das Leitstellenpersonal, das größtenteils aus Taxiunternehmern besteht und fast ohne Zwischenstopp und Pause zehn Stunden am Stück vor dem Impfzentrum logistische Höchstleistungen erbringt, hat für Opa Uli ohne Wartezeit ein Taxi für den Rückweg organisiert. Dessen Fahrer ist genau so nett und hilfsbereit wie Mario. Nur die hupenden Taxifahrer empfindet Opa Uli jetzt als noch nervtötender als bei der Hinfahrt, denn von der Impfung ist ihm ein wenig schwindelig und die laute Huperei verstärkt seine Kopfschmerzen.
In zwei Wochen zur zweiten Impfung wird Opa Uli wieder ein Taxi rufen. Dann hofft er, dass niemand mehr vor der Arena hupt. hs
Beitragsbild: Wartende Taxen in der Eichenstraße. Foto: Axel Rühle