Der Münchner Huss-Verlag hat die „Conference Days“ mit jeweils einstündigen Webinaren veranstaltet, darunter auch taxirelevanter Themen. In einem davon informierte die Berufsgenossenschaft Verkehr über effektiven Coronaschutz in Fahrzeugen und an Arbeitsstätten.
In dem digitalen Vortrag gaben zwei Experten einen sehr kompakten Überblick über Hygienemaßnahmen, ihre technische Umsetzung und die zugehörigen Vorschriften. Bernd Hörter, Aufsichtsperson der BG Verkehr mit Arbeitsgebiet Arbeitssicherheit und Sachgebietsleiter Fahrzeuge im Fachbereich Verkehr und Landschaft der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), hat das Hygienekonzept für Fahrer und Fahrgäste mit entwickelt. Björn Helmke fungiert als Pressesprecher der BG Verkehr.
Einleitend wurde erwähnt, dass das Taxigewerbe von der Corona-Krise von Anfang an stark betroffen war und nach möglichen Maßnahmen suchte, woraufhin schnell erste Trennscheibenlösungen aufkamen, was TÜV und Dekra auf den Plan rief – und später das Bundesverkehrsminsterium, das den Einbau förderte.
Eine Übersicht möglicher Trennwand-Lösungen bietet Taxi Times seit dem 27.3.2020 als Dauermeldung mit ständiger Aktualisierung auf dieser Seite.
Die BG Verkehr nahm sich der Problematik dann auch sehr umfassend an und erarbeitete ein Hygienekonzept für den Taxiverkehr, das Gegenstand des Vortrags war, mit dem die Problematik und die Maßnahmen sehr kompakt zusammengefasst wurden.
Das zu handhabende Problem der Corona-Viren bestehe in der Ansteckungsgefahr durch ausgestoßene sowie durch luftgetragene Tröpfchen (Aerosole), die beim Sprechen ausgestoßen werden. Eintrittspforte sind die Schleimhäute in Mund, Nase und Augen des Gesprächspartners. Besonders hohe Gefahr besteht demnach durch die räumliche Nähe in engen, geschlossenen Räumen wie dem Innenraum eines Autos oder Büros sowie in geringerem Maße durch kontaminierte Oberflächen und Hände.
Wichtig zur Verhinderung einer Tröpfchen- oder Aerosolübertragung sei der Umstand, dass die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit schlechter Durchlüftung eines Raumes steige, und dies nicht nur im Fahrzeug, sondern auch in Räumen, in denen ein Abstand von mindestens 1,5 Metern möglich ist. Regelmäßiger Luftaustausch senke die Viruslast.
Für den Infektionsschutz in Fahrzeugen ergeben sich daraus – neben empfohlenen Schutzscheiben/-folien) die Abstandsregeln (so weit auseinander sitzen wie möglich, Beifahrersitz freihalten, einzelne Fahrgäste hinten rechts platzieren), Minimierung der Personenzahl, Tragen von Masken (wobei medizinische Masken weniger den Träger als sein Gegenüber schützen, weshalb FFP2-Masken besser seien), häufiges Lüften, regelmäßige Fahrzeug-Innenreinigung und Händehygiene. Die Heizung und Lüftung/Klimaanlage sollte nicht im Umluftbetrieb eingeschaltet sein, die Kommunikation auf des Wesentliche beschränkt, bargeldlos bezahlt und wenn immer möglich gelüftet werden.
Über mögliche Hygienemaßnahmen im Auto berichtete Taxi Times bereits sehr frühzeitig zu Beginn der Corona-Krise in Meldungen am 17. März 2020 und am 20. März 2020.
Die regelmäßige Innenraumreinigung sei wegen der personellen Fluktuation in den Fahrzeugen erforderlich und müsse daher alle Oberflächen umfassen, darunter Ablagen, Griffe, Lenkrad, Bedienelemente, Funkgerät, Telefon, Navigationssystem und Abtrennung. Hierfür müsse der Betreiber das Fahrzeug ausreichend mit fettlösenden Haushaltsreinigern, Einmaltüchern und Einmalhandschuhen ausstatten. Die Benutzung von Desinfektionsmitteln biete wenig zusätzlichen Nutzen. Nach der Fahrzeugreinigung sollen die Entsorgung der Reinigungsmaterialien und eine gründliche Händereinigung erfolgen.
Bei Mitteln wie Ozon oder UV-Licht müssen die gesundheitlichen Risiken, etwa durch Verätzungen oder Augenschädigungen bedacht werden. Hier empfiehlt die BG Zurückhaltung und die Beratung durch eine Fachkraft für Arbeitssicherheit.
Zu Abtrennungen/Schutzscheiben wurde angemerkt, dass sie zwar empfehlenswert seien, als alleinige Maßnahme aber keinen ausreichenden Schutz vor Aerosolen bieten, da sie lediglich als Spuck- und Niesschutz dienen. Eine „Geldmacherei“, wie sie ein Zuhörer vermutete, sehe man in einem Trennschutz mit einer gewissen Qualität nicht.
Aber: Je weniger dicht sie die Raumteile trennen, umso mehr seien zusätzlich Masken erforderlich. Nach Straßenverkehrsrecht müssen den Fahrgästen sichere Fahrzeuge zur Verfügung gestellt werden, wonach Trennscheiben stoß- und splitterfest sein müssen und sie weder die Sicht noch die Funktionalität von Gurten, Kopfstützen, Airbags usw. einschränken dürfen. Sichtbeschränkungen lassen sich bei Trenneinrichtungen nicht gänzlich verhindern, doch sei dies keinesfalls ein Ausschlusskriterium für den Einbau. Zudem sei die Sicht nach hinten bei Pkw über Außenspiegel weitgehend gegeben.
Zum Infektionsschutz in Arbeitsstätten, zum Beispiel bei Taxizentralen, empfiehlt die BG eine Mindestraumfläche von zehn Quadratmetern pro Person, Arbeit im Homeoffice bzw. bei Präsenznotwendigkeit zeitversetztes Arbeiten bzw. Schichtarbeit. Ein Mindestabstand von 1,5 m soll gewährleistet sein. Wo das nicht möglich ist, sollten mindestens medizinische Gesichtsmasken getragen werden.
Weiter begünstigen lässt sich der Infektionsschutz durch Pausenregelungen, bargeldlosen Zahlungsverkehr, eine Minimierung von Kundenkontakten sowie die Einrichtung gesonderter Wartebereiche für den Publikumsverkehr.
Alle Regeln und Empfehlungen hat die BG in ihren Faktenblättern für die verschiedenen Arbeits- und Verkehrsbereiche zusammengefasst, zu denen auch das Faktenblatt für das Taxigewerbe gehört, das zum Download bereitsteht.
Auf der Internetseite der BG finden sich zudem (zum Teil als Downloads) Infoblätter, Unterweisungskarten zum Umgang mit Masken, Aushänge, Plakate, Erklärvideos sowie ein Lüftungsrechner. Im kürzlich veröffentlichten Medienpaket Taxi stehe zudem „alles drin, was man über Arbeits- und Gesundheitsschutz im Taxi wissen sollte“. Taxi Times hat dieses Medienpaket in seiner aktuellen Printausgabe vorgestellt.
Zu technischen Luftreinigungslösungen wollte die BG keine Empfehlung abgeben, da hier aufgrund der Vielfalt von Angeboten keine hinreichende Erfahrung vorläge.
Das Problem einer beschlagenden Brille über der Maske lasse sich durch einen möglichst dichten Sitz am oberen Rand der Maske und kurzes Abwarten zur Anpassung der Temperatur verringern.
BG-Pressesprecher Hörter berichtete, er werde häufig gefragt, auf welchen Vorschriften seine Empfehlungen beruhen. Die von ihm im Vortrag genannten Quellen seien an dieser Stelle ebenfalls erwähnt.
Auf Bundesebene gibt es das Infektionsschutzgesetz sowie vom BMAS den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard vom 16.4.2020 (geändert am 22.2.2021), die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel vom 20.8.2020 (geändert am 22.2.2021) und die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnug vom 21.1.2021 (geändert am 21.4.2021), jeweils ergänzt durch die „Branchenspezifischen Handlungshilfen und Konkretisierungen der Unfallversicherungsträger“ (UVT). Die Bundesländer erlassen Coronaschutzverordnungen. Die BG Verkehr selbst hat Regeln und Hinweise für Unternehmer und ihre Beschäftigten (FAQ) sowie Faktenblätter herausgegeben. ar