Die Karlsruher Nutzfahrzeugmesse „NUFAM“ hatte in diesem Jahr eine kleine Sonderausstellung für Rollitaxis zu bieten. Taxi Times hat bei der Besichtigung einen Taxiunternehmer und einen Rollstuhlfahrer begleitet.
Dirk Holl betreibt einen Taxi- und Mietwagenbetrieb mit Stammsitz im badischen Gaggenau und weiteren Betriebsstätten unter anderem in Rastatt und Karlsruhe. Zu seiner umfangreichen Flotte zählen auch diverse Rollstuhltaxis. Gemeinsam mit seinem Auszubildenden Maximilian Schönfeld besuchte Holl die vom Münchner Huss-Verlag organisierte Sonderschau, bei der die Unternehmen „Die Transform GmbH“ aus Nümbrecht, die „AMF-Bruns GmbH & Co. KG “ aus Apen sowie die „MobiTEC GmbH & Co. KG“ aus Berkheim ihre Lösungen unter anderem am Beispiel des neuen VW Caddy 5 zeigten. Das Ford-Autohaus Bayer aus Alzey war mit einem Ford Transit Custom vertreten. Zudem war auf dem Messestand von Daimler ein Elektro-Vito mit Rollstuhlumrüstung zu besichtigen.
Für Dirk Holl und Maximilian Schönfeld gab es also genügend Möglichkeiten, alle Varianten ausführlich zu testen. Schönfeld ist auf eine Beförderung im Rollstuhl angewiesen, ein Umsetzen ist bei ihm nicht möglich. Noch bevor er sich von seinem Chef in das erste Fahrzeug schieben lässt, wollen beide die Nutzlast der Heckrampe wissen. Nicht etwa, weil Maximilian so viel wiegen würde, sondern weil sie aus ihrer täglichen Erfahrung im Betrieb wissen, dass Kunden allzu oft bei der Bestellung eines Rollstuhltaxis nicht dazu sagen, dass sie einen Elektro-Rollstuhl haben.
Für Holl ist es daher ein entscheidendes Kriterium, dass die Rampe mindestens 300 bis 350 Kilogramm Nutzlast aufweist. Die ausgestellten Modelle konnten diese unternehmerische Vorgabe alle erfüllen. Nicht weniger wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Neigungswinkel, der im Idealfall so um die 20 Grad liegen sollte. Thomas Weiden und Furhat Ajitov von „Die Transform“ wiesen deshalb darauf hin, dass ihr ausgestellter Mercedes Sprinter mit Platz für bis zu vier Rollstuhlfahrer unbedingt mit einem elektrischen Lift bestellt werden sollte. Dafür kommen auf den Unternehmer Mehrkosten von ca. 2.300 Euro zu.
Der ebenfalls ausgestellte Caddy 5 war dagegen mit einer Rampe ausgestattet, über die Maximilian problemlos hineingeschoben werden konnte. Zwei Haltegriffe auf beiden Seiten sorgten dafür, dass der Azubi kraftvoll zupacken konnte. Obwohl er stolze 1,96 Meter groß ist, muss er sich im Caddy nicht ducken, der Spielraum zwischen seinem Kopf und dem Dachhimmel ist allerdings voll ausgeschöpft. Eine Kopf- und Nackenstütze fehlte bei der Prototyp-Umrüstlösung von Transform noch. Der Montageplatz dafür wäre allerdings vorhanden.
Diese Kopf- und Rückenstütze war beim nächsten Fahrzeug, in das sich Maximilian hineinschieben ließ, bereits seitlich des Heckausschnitts montiert. Das Fahrzeug war ein Ford Transit Custom, ein deutlich höheres Fahrzeug als der Caddy, weshalb der Azubi hier keine „Tuchfühlung“ mit der Decke hatte. Ausgestellt hatte das Fahrzeug das Autohaus Bayer, die Umrüstung stammt allerdings vom Spezialisten AMF.
Ganz typisch für AMF-Heckausschnitt-Lösungen ist eine Neigung, so dass Maximilian ganz leicht nach hinten gekippt im Wagen befestigt wird. Sowohl im Custom als auch im wenig später getesteten AMF-Caddy. Besonders gestört hat ihn das nicht, hätte er allerdings die Wahl, würde er ein ebenes Sitzen bevorzugen, wie er es beim vierten Testmodell dann wieder vorfand, der dann wieder ein Caddy 5 war. Doch dessen Umrüster MobiTEC hat seinen Ausschnitt deutlich breiter ausgelegt als die Wettbewerber. Hätte Maximilians Körperumfang die doppelten Ausmaße, müsste er in einem breiteren Rollstuhl sitzen, könnte aber bei dieser Umbaulösung trotzdem mitfahren. Ebenso im daneben ausgestellten Renault Kangoo, der allerdings dem Chef Dirk Holl weniger zusagt, ist er doch nur als Benziner in Kombination mit Rollstuhlrampe erhältlich.
Da ist aus unternehmerischer Taxisicht der vollelektrische Mercedes eVito um einiges attraktiver, verknüpft er doch als eines von wenigen Modellen Rollstuhltauglichkeit mit Elektroantrieb. Auch hier kommt der Umbau von AMF, weshalb Maximilian abermals leicht geneigt in seiner Endposition festgeschnallt wird. Zudem sitzt er unmittelbar am Heck des eVito, was den Azubi nicht stört und den Unternehmer sehr freut. Die Position ganz hinten ist der Tatsache geschuldet, dass im eVito der Rollstuhlplatz hinter den Sitzen der dritten Reihe angebracht ist, somit also sieben Fahrgäste plus ein Rollstuhlfahrer mitfahren können. Voraussetzung dafür ist die Bestellung der Variante mit langem Radstand.
Bei den Caddys wie auch beim Transit finden Neben Maximilian noch vier weitere Fahrgäste Platz. Ohne ihn bieten die Fahrzeuge bis zu sechs Sitze für die Fahrgäste. Dann würden zwei Einzelsitze im 90-Grad-Winkel ausgeklappt werden, die jeweils am Rand befestigt sind.
Was dabei auf den ersten Blick sehr eng aussieht, erweist sich bei der praktischen Erprobung von Dirk Holl im von Transform umgerüsteten Caddy jedoch als überraschend geräumig. Was auch daran liegt, dass Transform, AMF wie auch MobiTEC vom Heckboden mehr ausgeschnitten haben als von der umgeklappten Laderampe verdeckt wird. So entsteht eine Ausbuchtung, in der die Füße Platz haben.
Für alle besichtigten Rolli-Fahrzeuge gilt daher: Hinten sitzt man immer bequem und sicher, ganz egal, ob der Fahrgast Maximilian Schönfeld heißt, oder ob ein Fahrgast ohne Rollstuhl Platz nimmt. jh