Ist von Taxi-Lobbyarbeit auf europäischer Ebene die Rede, so spielen regelmäßig sowohl die Taxigruppe der International Road Transport Union als auch die Organisation Taxis 4 Smart Mobility eine Rolle. Was ist der Unterschied?
Unterschiede gibt es weniger als Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Gewerbevertretungen. Die eine ist allerdings 72 Jahre älter als die andere. Was auf den ersten Blick kurios erscheint: Der Mann an der Spitze der einen Organisation ist zugleich Vize der anderen – und umgekehrt.

Der Franzose Armand Joseph-Oudin, Geschäftsführer der Pariser Taxizentrale G7, wurde kürzlich als Präsident der IRU-Taxigruppe im Amt bestätigt. Zum neuen Vizepräsidenten wurde im Rahmen derselben Sitzung der Deutsche Gregor Beiner gewählt (Taxi Times berichtete). Er ist Vorsitzender der Organisation Taxis 4 Smart Mobility (T4SM), Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM), Mitglied des erweiterten Vorstands im Taxiverband München e. V. (TVM) und und Geschäftsführer des Münchner Taxiunternehmens mtz – münchner taxi zentrum.

In der jungen Organisation Taxis 4 Smart Mobility (T4SM) ist Gregor Beiner der Chairman (Vorsitzender) und Armand Joseph-Oudin der sogenannte Vice Chair (Vizechef).
Taxi Times sprach mit Gregor Beiner. Der Münchner Unternehmer erläuterte, dass die IRU zwar weltweit aktiv ist, ihre Taxigruppe aber ausschließlich Europa im Fokus hat. Das gilt auch für T4SM. Die beiden eigenständigen Organisationen haben ihre jeweiligen Stärken und arbeiten Hand in Hand, weswegen die Schnittmenge beim Führungspersonal sehr nützlich sei: Da man in vielen Punkten kooperiere, sei Einigkeit eine wichtige Voraussetzung, um gegenüber der Politik, sprich den Parlamentariern in Brüssel, Forderungen formulieren und dabei mit einer Stimme sprechen zu können.
Die Unterschiede zwischen beiden Organisationen bilden in Beiners Augen eine sehr wirksame Ergänzung: Während die IRU als alteingesessene, globale Institution mit riesigem Netzwerk wie ein großes Schiff ist, dessen weitreichende Kontakte über den Taxisektor hinaus in jeden Winkel der Politik wie eine Vielzahl von Häfen ist, die man anlaufen und dort Türen öffnen könne, sei T4SM das zugehörige Schnellboot, das kurzfristig agieren, reagieren und Themen platzieren könne.

Der Name „Taxis for Smart Mobility“ ist an die französische Klimaschutzinitiative „Taxis for Smart Cities“ angelehnt, mit der Taxiunternehmen aus zehn europäischen Ländern eine Vorreiterrolle bei der Reduzierung von Treibhausgasen einnehmen wollten.
Taxis 4 Smart Mobility (T4SM) wurde im November 2020 in Brüssel gegründet und versteht sich laut Internetseite als Koalition gleichgesinnter, sozial verantwortlicher Taxiunternehmen, die sich für die Entwicklung nachhaltiger Städte und ländlicher Gebiete einsetzen, indem sie ihre Taxiflotten umweltfreundlicher gestalten und technologische Innovationen nutzen. Beiner ist Vorsitzender, Joseph-Oudin ist Vize. Schatzmeister ist Christian Holzhauser, einer der Geschäftsführer der Zentrale Taxi 40100 Wien, Spartenobmann Transport und Verkehr der Wirtschaftskammer Wien (also der höchstrangige Gewerbevertreter der österreichischen Bundeshauptstadt) und stellvertretender Obmann der Wirtschaftskammer Österreich.

Mitglieder der europaweit aktiven Organisation sind der BVTM, taxi.eu, die Servicegesellschaft Taxi Deutschland eG, Taxi 40100 Wien, die Pariser Taxizentrale Les Taxis G7, Gescop (Erste kooperative Gruppe der assoziierten Pariser Taxifahrer), Dansk Person Transport, der Niederländische Gewerbeverband KNV (Koninklijk Nederlands Vervoer) und die Genfer Zentrale Taxiphone Genève.
Zu seinen Werten und Zielen schreibt T4SM: „Taxis sind seit Jahrzehnten fester Bestandteil des europäischen Alltags. Sie sind ein zentraler Bestandteil des öffentlichen Nahverkehrs und gewährleisten Mobilität für alle, einschließlich Schülerinnen und Schülern, Seniorinnen und Senioren sowie Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Um eine nachhaltige, innovative, sozial verantwortliche und sichere Mobilität der Zukunft zu gewährleisten, fordern wir die Politik auf, die Besonderheiten des Taxisektors anzuerkennen. Wir betonen die Bedeutung eines lokalen Ansatzes bei der Regulierung der Taxibranche. T4SM ist überzeugt, dass echter Wandel auf lokaler Ebene stattfindet. Daher engagieren sich unsere Mitglieder aktiv für die Entwicklung nachhaltiger und intelligenter Mobilität in Städten, Vorstädten und ländlichen Gebieten in Zusammenarbeit mit lokalen Behörden im Rahmen lokaler und nationaler Gesetze. Dies erfordert Regulierung und Durchsetzung auf lokaler Ebene, damit Städte und Länder bestehende und künftige Herausforderungen bestmöglich bewältigen und Unternehmen mit Behörden beim Ausbau der notwendigen Infrastruktur zusammenarbeiten und allen Bürgerinnen und Bürgern optimale Dienstleistungen bieten können.“
Die International Road Transport Union (IRU) wurde 1948 in Genf gegründet und ist laut Eigendarstellung „eine globale Straßentransportorganisation, die die Interessen von Bus‑, Reisebus‑, Taxi‑ und Lkw-Betreibern vertritt, um durch nachhaltige Mobilität von Personen und Gütern im Straßenverkehr wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand zu gewährleisten.“
Der Verband hat derzeit weltweit in 77 Staaten 171 Mitglieder aus dem Personen- und Güterverkehr, davon elf in Deutschland, unter anderem den Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM), Free Now, die FlixMobility GmbH (Flixbus), den Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer, DB Schenker und zwei Versicherungen. Zu den Aktivitäten der weltweit aktiven Organisation gehören laut Internetseite unter anderem die Partnerschaft zwischen allen aktiven und assoziierten Mitgliedern sowie mit verwandten Organisationen und Branchen, das Monitoring aller Aktivitäten, Gesetze, Richtlinien und Ereignisse, die die Straßenverkehrsbranche betreffen, die strategische Reflexion über globale Herausforderungen in den Bereichen Energie, Wettbewerb und soziale Verantwortung sowie der Dialog mit zwischenstaatlichen Gremien, internationalen Organisationen und allen anderen von der Straßenverkehrsbranche betroffenen Akteuren, einschließlich der breiten Öffentlichkeit.
Zusammenarbeit – mit politischen Entscheidungsträgern, Gesetzgebern und Meinungsbildnern, um zu einer fundierten und wirksamen Gesetzgebung beizutragen, die ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Bedürfnissen und Interessen aller schafft. ar
Beitragsbild: Gregor Beiner (Foto: Axel Rühle) und Armand Joseph-Oudin (Foto: IRU)
Mir war neu (Danke für die Info), daß auch FreeNow bei T4SM vertreten ist. Durch die erklärte Abkehr vom illegal arbeitenden Teil des Mietwagengewerbes verstehe ich deren Interesse, besser im Mobilitätsgeschäft verankert zu sein.
So gesehen, gibt es damit eine Gesprächsebene jenseits der unvermeidbaren Konflikte, auf der nochmals im gegenseitigen Interesse begegnet werden kann. Diplomatie schadet nicht, darf uns aber nicht einlullen.