MdB Jürgen Lenders, FDP, sah beim TMV-direkt-Dialog gute Chancen für die Taxibranche, sich im Spiel der Kräfte zu behaupten – wenn sie sich denn auf ihre Stärke besinnt, die er in ihrer unschlagbaren Individualität sieht.
In der sechsten Ausgabe des Dialogformats „TMV direkt“ stellte sich der FDP-Verkehrsexperte Jürgen Lenders aus Hessen den Fragen des Gewerbes. Lenders ist seit 2021 Mitglied des Bundestages und war zuvor lange Jahre in der hessischen Landespolitik aktiv. Im Online-Dialog mit dem Taxigewerbe profilierte er sich als informierter Verkehrspolitiker, der mit seinem politischen Background als engagierter Befürworter der freien Kräfte des Marktes nicht hinter dem Berg hält.
Die Ampel-Koalition hat sich hinter dem Motto versammelt, man wolle mehr Fortschritt wagen. Das eigentliche Wagnis sei es aber, weniger Fortschritt zu wagen und sich so den Herausforderungen der Zeit zu verweigern. Mit diesem Zitat eines Kollegen versuchte er zu vermitteln, dass ihm sehr wohl bewusst sei, dass die Branche aktuell einem enormem Druck ausgesetzt sei, er es aber trotzdem auch im Sinne einer Technologieoffenheit immer begrüße, wenn die bessere Technologie sich auch durchsetze. In diesem Sinne sei auch die Entscheidung, ob E-Autos, Verbrenner oder beispielsweise E-Fuel-betriebene Fahrzeuge die Zukunft seien, letztendlich keine Entscheidung der Politik, sondern der Qualität.
Lenders war dabei sehr bewusst, dass die ausreichende Ausstattung mit Ladepunkten oftmals schon daran scheitere, dass zunächst eine Netzverstärkung notwendig sei, um die erforderlichen Stromlasten stemmen zu können, und verwies so auf Probleme, für die auch er keine Ad-hoc-Lösung parat hatte. Ein Dorn im Auge des Bundesverkehrsministers Volker Wissing seien Versuche von Stromanbietern, Kunden der E-Mobilität in Koppelverträge zu zwingen, die so eine flächendeckende Versorgung eher behinderten.
In der aktuellen Situation begrüßte er ausdrücklich die Entscheidung der Bundesregierung, den Dieselpreis zeitweilig um 14 und den Benzinpreis um 30 Cent zu senken. Mehr sei aus seiner Sicht einfach „nicht drin“ gewesen. Nun mache auch er sich allerdings Sorgen, dass die Mineralölkonzerne getreu dem Motto „wenn es Brei regnet, musst Du einen Löffel haben“ erfinderisch genug sei, ihren Profit aus dieser Subvention zu ziehen. Man habe aber versucht, diesbezüglich kartellrechtlich vorzusorgen.
Bezüglich der Mobilitätsdaten verwies Lenders auf ein Dilemma speziell in einer Partei, wo die Datenschützer und die Verfechter des absoluten Fortschritts immer wieder aufs Neue ihre Schlachten schlügen und daher manchmal nicht sofort klar wäre, welche Position seine Partei letztendlich vertreten werde. Er gehe jedoch davon aus, dass hier der Fortschritt gewinnen werde. Ein weiteres Dilemma der FDP sei, dass man oft weniger auf Erfolge verweisen könne, da diese oft nur indirekt darin zu finden seien, was man alles verhindert habe.
In der folgenden Fragerunde stellte Lenders dann auf Nachfrage von Moderator Patrick Meinhardt klar, dass die Priorisierung des Taxis für ihn integraler Bestandteil für den ländlichen ÖPNV seien. Kunden müssten dort zum Preis eines ÖPNV-Tagestickets ihre Wege nötigenfalls auch mit dem Taxi zurücklegen können, dessen Preisdifferenz dann ausgeglichen werden müssten. Die Länder könnten mittels der Regionalisierungsmittel die Kosten wunderbar ausgleichen. Das Taxi könne gerade hier seine besondere Stärke, die Individualität, ausspielen. Geförderte AST-Verkehre (Anruf-Sammel-Taxi) stünden hier für ihn klar hinter dem Taxi zurück, solange diese regelmäßige Fahrten und kurzfristigen Sonderbedarf vernünftig in Einklang brächten. Er könne sich hier bei Bedarf auch Sammelfahrten vorstellen. Die TMV-direkt-Standardfrage von Thomas Grätz zum Grund für die fehlende Bußgeldbewährung der Neureglungen im PBefG ließ Lenders mehr oder weniger unbeantwortet.
Auf die Frage, ob es möglicherweise noch in diesem Jahr Änderungen zu Arbeitszeitaufzeichnungspflichten für das Gewerbe geben könne, wie dies offensichtlich im Koalitionsvertrag vereinbart sei, verwies Lenders darauf, dass seine Fraktion eigentlich gehofft habe, solche Initiativen der Koalitionspartner abgewehrt zu haben. Aber auch ihm sei bekannt, dass im Hause Heil diesbezüglich wohl noch ein neuer Referentenentwurf kursiere. TMV-Geschäftsführer Meinhardt verließ dann kurz seine neutrale Moderatorenrolle, indem er anmerkte, dass auch sein Verband eigentlich froh gewesen wäre, dass diesbezüglich bisher nichts passiert sei, und sehr aufmerksam zur Kenntnis nähme, dass sich hier aber offensichtlich durch die Hintertür doch noch Unwetter zusammenbraue.
Zum Thema der „kleinen“ Fachkunde wusste auch Lenders als Taxifahrgast von Sitautionen mit Taxlern zu berichten, die ihn gefragt hätten: „Wissen Sie, wo es ist?“ Er habe sie dann lotsen müssen. Die Sache mit der Fachkunde habe eigentlich die vorherige Regierung noch regeln sollen, dies habe sie aber versäumt. Er nahm dann aus der Runde den Wunsch nach einer Prüfung mit – und wohl auch, dass das Taxigewerbe sich nun doch wieder seine Ortskenntnisprüfung zurückwünscht, immerhin könnte die Branche dann auch so belegen, dass sie kompetenter als die Mitbewerber sei.
Zum Abschluss verwies Moderator Patrick Meinhardt darauf, dass das neue Dialogformat mit dieser letzten Veranstaltung der ersten Serie erfreulicherweise nicht abgeschlossen sei, sondern zukünftig auch aufgrund des großen Zuspruchs fortgesetzt werden soll. Für den 8. Juni habe man dafür Valentin Abel, FDP, gewinnen können. Die Uhrzeit dafür werde noch bekanntgegeben. rw
Beitragsbild: Screnshot TMV
Hinweis der Redaktion: Das Onlineformat „TMV Direkt“ umfasste bis zum 23.5.2022 sechs Veranstaltungen:
– Oliver Luksic: Neues online-Format „TMV direkt“ gestartet
– Stefan Gelbhaar: Füttern Sie mich mit Informationen
– Christoph Ploß: E-Taxis – Hamburger CDU-Chef fordert Technologie-Offenheit
– Michael Donth: Fachkunde war ein Zankapfel
– Martin Kröber: SPD macht sich für das Taxigewerbe stark
– Jürgen Lenders: Taxi ist immer dann stark, wenn es individuell ist
Der TMV hat eine Fortsetzung der Reihe für den 8. Juni angekündigt.