Verhandlungen mit Krankenkassen sind Zeitverschwendung, denn die Kostenstruktur ist eindeutig. So kommentierte sinngemäß ein Taxi-Times-Leser einen Beitrag über Rollstuhlzuschläge. Gleichzeitig stellt der Leser die Daseinsberechtigung von Taxiverbänden in Frage. Dagegen wehrt sich nun in Form eines Gastbeitrags Gisela Spitzlei (Foto). Sie kämpft seit Jahrzehnten für den Bundesverband BVTM mit den Krankenkassen um bessere Tarife und mehr Verständnis.
Taxi Times ist das einzige Fachmagazin der Branche, das im Anschluss an seine Beiträge die Möglichkeit eines Leserkommentars zulässt. Davon machte auch der Taxiunternehmer Patrick Schilhan Gebrauch, als er sich zu einem Beitrag über Rollizuschläge folgendermaßen äußerte:
„Man kann es nur immer und immer wiederholen, bis es auch der letzte Taxiverantwortliche verstanden hat: Mindestlohn, Fahrzeugpreise, Kraftstoffkosten, Versicherungskosten, Rechnungslegungs- und Buchhaltungskosten, … sind deutschlandweit nahezu gleich, darum müssen auch die Taxifahrtpreise inkl. Zuschläge sowie die damit verbundenen Krankenfahrtpreise deutschlandweit gleich sein! Zudem muss es min. aller zwei Jahre eine automatische Inflationsratenanpassung geben!
Das deutsche Taxigewerbe hat weder die Zeit noch die Lust, sich ständig an irgendwelche Verhandlungstische zu begeben. Als Mindestlohnbranche muss man jede Minute nutzen um Geld zu verdienen und nicht diese mit Sinnlosigkeit vergeuden!
Wenn die großen Verbände im Land dieses Problem nicht bald angehen, muss das deutsche Taxigewerbe selbst die erforderlichen Maßnahmen ergreifen! Dann sollte man sich als Verband aber die Frage gefallen lassen, wozu man diesen noch benötigt?!“
Das wollte Gisela Spitzlei so nicht stehen lassen und hat darauf ausführlich geantwortet. Die Antwort wird nachfolgend 1:1 wiedergegeben.
„Hallo Herr Schilhan, es wäre schön wenn es so einfach wäre, aber wir sind in Deutschland!!! Hier gibt es Krankenkassen, die der Landesaufsicht unterstehen und Krankenkassen, die der Bundesaufsicht unterstehen. Damit sind schon verschiedene Behörden und deren Ansichten unter einen Hut zu bringen. Es ist auch nicht so, dass den Krankenkassen nicht bekannt ist, welche Kosten tatsächlich anfallen bzw. gestiegen sind, aber man kann sich bei den Verhandlungen immer hinter den Vorschriften des Sozialgesetzbuches verschanzen, in dem die Beitragssatzstabilität und die Grundlohnsummensteigerungsrate oberstes Gebot sind. Die Kassen müssen sparen, egal was es kostet. Bei den Verhandlungen für die Vergütung liegen leider auch die vielen “ Billigangebote“ und Ausschreibungspreise auf dem Tisch. Solange aus dem eigenen Gewerbe immer noch Schreiben mit 10, 20,30% usw. Rabatt auf die schon vergünstigten, verhandelten Tarife vorgelegt werden, bleibt ein wirtschaftlicher Preis je Bundesland schwierig. Einen bundesweiten Tarif werden wir wahrscheinlich schon deswegen kaum erreichen können.
Grundsätzlich müsste der Krankenfahrtenpreis in meinen Augen auch höher sein als der „normale“ Taxitarif, denn hier fallen ja zusätzlich erhebliche Verwaltungskosten und „Dienstleistungszeiten“ an, zu denen man auch in einigen Verträgen ausdrücklich verpflichtet wird. Nur wenige Kassen in Deutschland zahlen im Pflichtfahrgebiet Taxitarif ( meistens aber immer noch mir Rabattabschlägen). Basis der Berechnung ist meistens nur die Kilometer-Strecke. Die Dienstleistungszeit wird als selbstverständliche Samariterleistung angesehen. Das für diese Zeit dem Fahrer auch Lohn gezahlt wird, wird damit abgetan, dass wir dafür ja die Fahrten auch alle fahren dürften.
Was nutzen letztlich viele Fahrten, die meistens auch noch zur gleichen Zeit anfallen, wenn eine Stunde nun einmal nur 60 Minuten hat in der eben nur eine begrenzte Zahl Fahrten erfolgen können?
Der erste Schritt wäre, wenn wir vielleicht, mit ganz viel Mühe einen bundesweit einheitlichen Rahmenvertrag mit allen Krankenkassen erreichen könnten, in dem nicht nur alle Pflichten (die zum Teil auch gesetzlich nicht gefordert werden) des Unternehmers (zum Teil bis ins kleinste Detail) und alle Rechte der Krankenkassen enthalten sind, sondern auch die Rechte der Unternehmer berücksichtig werden.
Rechte wie: Wer ist verantwortlich für die ordnungsgemäße Verordnung (VO)? Es gibt viele Dinge die kann/darf der Fahrer / Unternehmer überhaupt nicht prüfen. Selbst wenn der Unternehmer diese Verordnungen nicht annimmt und den Patienten bittet, sich den Fahrpreis mit Quittung und VO selbst bei der Krankenkasse einzuholen nützt das nicht viel.
Meistens wird beim Patienten erstattet egal wie schlecht die VO ausgefüllt ist. Zusätzlich gibt es dann auch noch vom KK-Mitarbeiter dumme Kommentare :“Natürlich hätte der Unternehmer sein Geld auch von uns bekommen“. Reicht der Unternehmer die Verordnung aber ein, dann wird erwartet, dass er die Fehler des Arztes berichtigen und mit Stempel und Unterschrift nochmals bestätigen lässt. Hier sehe ich für die Zukunft einen Anfang, etwas zu ändern. In den Verträgen muss klar und eindeutig vermerkt sein was, auch im Rahmen des Datenschutzes, Sache des Unternehmers/ Fahrers und was zwischen der Krankenkasse und ihrem Versicherten bzw. dem verordnenden Arzt zu klären ist.
Das Ganze steht und fällt leider aber auch noch immer mit dem Verhalten der einzelnen Unternehmer unseres Gewerbes. Solange hier nicht eine wirklich verlässliche Unterstützung aller Unternehmer bei der Arbeit der Verbände stattfindet, sind Änderungen schwer zu erreichen. Im Übrigen sind Verbände kein aus Funktionären bestehender Klub, sondern die Verbände sind jeder einzelne Unternehmer. Je mehr Mitglieder ein Verband vereinen kann, die die Verbandsarbeit unterstützen, desto mehr kann man erreichen.
Unsere Landes- und Bundesverbände sind in ständiger Kommunikation mit allen möglichen Behörden und Politikern, um gute Bedingungen für das Gewerbe zu schaffen. Daher stelle ich mir die Frage, was man damit andeutet, wenn man selber Maßnahmen ergreifen will. Proteste mit Betroffenen? Wie viele kommen dann wirklich und wie viele sehen dabei nur die Chance, die Fahrten, die Teilnehmer nicht machen können, abzugreifen
Glauben Sie allen Ernstes, der Verbandsgeschäftsführer könnte auf den Tisch hauen und sagen: „So wird es jetzt gemacht“? Das könnte nur klappen, wenn die Unternehmer die er vertritt, zu seinen Forderungen stehen würden anstatt ihm sofort in den Rücken zu fallen.
Haben Sie sich auch einmal Gedanken darüber gemacht, wie es in unserem Gewerbe aussehen würde, wenn wir keine Verbände mehr hätten? Schon jetzt spielen Krankenkassen Unternehmer mit Einzelverträgen gegenseitig aus. Ja, einige haben vielleicht ganz gute Vereinbarungen, aber die Mehrzahl haben Verträge, die zum Teil weit unter den Konditionen der Verbände liegen.
Die DAK kommt beispielsweise mit Verträgen, die lachhaft sind, schließt Verbände bei Verhandlungen aus und bietet Unternehmern dafür Billig-Einzelverträge an, die dann trotzdem unterschrieben werden. Dort, wo Unternehmer in der Mehrzahl gesagt haben „kein Vertrag, dann Taxitarif und Quittung für Erstattungsantrag“ – da hat sich die DAK dann doch wieder dem Verbandsvertrag angeschlossen. Gerade dieses Beispiel zeigt doch, wie wichtig die Unterstützung der einzelnen Unternehmer für Ihre Verbände ist. Nicht die TaxiVERANTWORTLICHEN müssen das verstehen, sondern auch die betroffenen Unternehmer.
„Gemeinsam sind wir stark“! Das war immer so und wird immer so sein. Ohne die einzelnen Steine der Mauern kann man kein Dach auf ein Haus setzen.“
Anmerkung der Redaktion: Gisela Spitzlei ist seit den 1990-er Jahren im Fachausschuss Krankenfahrten des Bundesverbands Taxi- und Mietwagen und fungiert seit 1999 als dessen Vorsitzende. Sie ist zudem Kolumnistin bei Taxi Times.
Beitragsfoto: Taxi Times
Huuiiiii, war das ein langer Beitrag !!!! Und ziemlich aufschlußreich.
Aber wie viele diesbezüglicher „Verbände“ (ob groß oder klein) gibts denn in Deutschland ?
Wenns nicht allzuviele sind: Bitte nennen !
Danke schön
Sehr geehrter Herr Mayer, schön, dass Sie sich die Zeit nehmen, auch längere Beiträge durchzulesen. Das freut meine Redakteure, die für ihre Geschichten immer viel Zeit und Herzblut verwenden. Mein Job als Herausgeber und Geschäftsführer ist es, meinen Redakteuren am Monatsende ein angemessenes Gehalt auszuzahlen. Warum erwähne ich das an dieser Stelle? Weil kaum jemand unsere Kommentarfunktion so häufig nutzt wie Sie. Unsere Hinweise, bei uns auch Abonnent zu werden, haben Sie bisher konsequent ignoriert. Somit sind Sie wie ein Fahrgast, der sich regelmäßig ohne Bezahlung zum Bahnhof fahren lässt. Jetzt fordern Sie von uns, dass wir mal alle Verbände aufzählen. Damit werden Sie zum Fahrgast, der nicht nur kostenlos zum HBF will, sondern vom Fahrer auch noch verlangt, dass man Ihnen auch noch ein Erfrischungsgetränk während der Fahrt serviert. Denken Sie mal darüber nach und wenn Sie uns dann Recht geben, dann füllen Sie gerne unser Aboformular aus: https://taxi-times.com/abo/. Der Link ist auch eine Einladung für alle anderen, die bisher ebenfalls noch keine Abonnenten bei uns geworden sind.
Zu Ihrer Bitte: Jedes der 16 Bundesländer hat mindestens einen Taxi-Landesverband. Dazu kommen zahlreiche Taxizentralen, die auf lokaler Ebene ebenfalls als Verhandlungspartner gegenüber den Krankenkassen auftreten. Liebe Grüße, Jürgen Hartmann, Herausgeber der Taxi Times und Geschäftsführer des Taxi-Times-Verlags