Spätestens mit Beginn der parlamentarischen Beratungen am vergangenen Freitag rückt die Novelle des PBefG bedenklich nahe. Über viele darin enthaltene Änderungen ist intensiv diskutiert worden und es gab im Verlauf der Diskussion dann auch die eine oder andere Veränderung im Sinne der Taxibranche. Lediglich die Abschaffung der Ortskundeprüfung für angehende Taxifahrer zugunsten einer „kleinen Fachkunde“ steht bisher unverändert im Raum. Das könnte fatale Folgen haben.
Der aktuelle Vorschlag des Verkehrsministeriums BMVI vom 03. November 2020 wurde dem Kabinett übergeben und dieses hat ihn dann dem Bundestag und auch dem Bundesrat zur Diskussion und Entscheidung vorgelegt. Am 29.01.2021 fand nun die erste Lesung im Bundestag statt.
Neben zahlreichen Neurungen findet sich auf den insgesamt 54 Seiten des Gesetzesentwurfs auch ein Änderungsvorschlag der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV): …es wird ein Fachkundenachweis eingeführt, mit dem der Taxifahrer künftig … für den Erwerb der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung belegen muss, dass er die zum Führen eines Taxis notwendige Fachkunde besitzt (insbesondere in Bezug auf Verkehrssicherheitsaspekte wie z. B. Kenntnisse der Unfallverhütungsvorschriften, besondere Kindersicherungspflichtregeln im Taxenverkehr oder Überfallsicherheit). Dieser neue Qualifikationsnachweis soll dabei möglichst praxisorientierte Inhalte haben und vom Anforderungsniveau her keine hohen Hürden aufstellen („Kleiner Fachkundenachweis“). Ob sich diese kleine Fachkundepflicht dann nur „der Taxifahrer“ erfüllen muss oder ob sie sich daraus auch für angehende Taxifahrerinnen ergibt, sei zunächst einmal dahin gestellt (die gendermäßige Angleichung wird wahrscheinlich noch erfolgen).
Noch völlig unklar ist in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob eine solche Fachkunde dann nur örtlich bezogen (wie bisher der obligatorische Ortskundenachweis) oder ortsungebunden gilt und somit beispielsweise ein Hamburger Taxifahrer ohne weiteren Nachweis auch in München auf Kundenfang gehen darf.
Dazu kommt, dass die hier genannten Lerninhalte sich dynamisch weiterentwickeln, weshalb auch darüber nachgedacht werden muss, ob nicht auch eine regelmäßige Auffrischung nötig ist.
Wie auch immer diese Fragen noch beantwortet werden: Nicht hinnehmbar ist vor allen Dingen, dass sowohl die Mietwagenfahrer*Innen als auch die Fahrer*innen im gebündelten Bedarfsverkehr von dieser Verpflichtung ausgenommen bleiben. Eine Begründung hierfür ist dabei nicht formuliert. Das Gegenargument aus der Branche ist dementgegen mehr als schlüssig, da es eine Verzerrung des Wettbewerbs um Arbeitskräfte fürchtet: Warum soll jemand für die Fachkunde zum Taxischein lernen, wenn dieser Jemand ohne zu lernen bei Uber & Co fahren darf?
Beide Bundesverbände, BVTM und der sich in der Gründung befindliche TMV, haben sich daher auch klar positioniert, indem sie die „kleine Fachkunde“ als Ersatz für die Ortskenntnisprüfung zwar begrüßen, ihre Umsetzung dann aber für den kompletten Gelegenheitsverkehr einfordern. Der BVTM hat dazu einen Formulierungsvorschlag in den Raum gestellt, in dem er lediglich die Fahrer von Krankenwagen und Rettungsdiensten ausnimmt. Das wäre eine gute Lösung, denn die Pflicht eines Ortskundenachweises wurde 2017 deshalb aufgeweicht, weil die Hürden für (studentische) Krankenwagenfahrer zu hoch gewesen sind. Zusätzlich monieren sie sicherlich nicht ganz unberechtigt, dass diese Regelung in der FEV möglicherweise gegen den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz verstoßen würde.
In der CDU/CSU sieht man das aber offensichtlich anders. Auf Anfrage des engagierten Nürnberger Taxlers Matthias Glowatsch hatte der Verkehrspolitiker Michael Donth von der CDU mitgeteilt, dass das Taxigewerbe doch sozusagen geadelt sei, wenn es als einziges nun eine besondere Verantwortung trüge. Er könne daher keine Benachteiligung, sondern eher ein Privileg erkennen. Inwieweit allerdings das exklusive Wissen um „…vorschriften“ oder “…pflichten“ oder Kenntnisse bezüglich der „Überfallsicherheit“ ein Privileg seien, erschließt sich aus diesem Statement nicht. Auch im Rahmen der ersten Lesung im Bundestag erkannte Herr Donth diesbezüglich keinen Änderungsbedarf. Im Gegenteil: Für Donth machen es „das Verfassungsrecht und das Grundrecht auf Berufsfreiheit rechtlich unmöglich, gleiche Pflichten bei deutlich stärker beschnittenen Rechten festzulegen“, wie er im oben erwähnten Brief schreibt. Das würde aber doch im Umkehrschluss bedeuten, dass die bis 2017 jahrzehntelang gültige Regelung, wonach auch Mietwagenfahrer in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern eine Ortskunde nachweisen mussten, verfassungswidrig gewesen sei. Warum hat dann nie jemand dagegen geklagt?
Immerhin wiesen sowohl Detlev Müller, SPD, als auch Stefan Gelbhaar, Bündis90/Die Grünen, in ihrer Stellungnahme im Bundestag explizit darauf hin, dass die Berücksichtigung aller Sicherheitsstandards nicht allein den Taxis vorbehalten sein dürfe und dass daher auch Mietwagen und Bedarfsverkehre in den neuen Fachkundenachweis einzubeziehen seien. Insbesondere dass dies eine der wenigen konkreten Änderungsvorschläge dieser beiden Politiker waren, lässt hoffen, dass sich hier ganz zum Schluss doch noch etwas bewegen könnte, wenn der Gesetzesvorschlag in den nächsten Wochen im Detail diskutiert wird.
Vielleicht braucht es aber auch endlich konkrete Vorschläge für die Fragen der „kleinen Fachkunde“, die damit nachvollziehbarer verdeutlichen, dass auch die Uber- oder Moia-Fahrer sehr wohl wissen müssen, Kinder welchen Alters und Gewichtes wie zu sichern sind, wie viele Fahrgäste gleichzeitig befördert werden dürfen oder welche Promille-Grenzen in der gewerblichen Fahrgastbeförderung gelten. Eine spezielle Fachkunde, welche nur zum „Führen eines Taxis“ notwendig ist, gibt es in diesem Zusammenhang wohl nicht und beispielweise auch keine „Kindersicherungspflichtregeln (was für ein Wort) im Taxenverkehr“ – aber woher sollen Branchenfremde das wissen.
Und es braucht eventuell auch noch einen Prioritätenwechsel der Branche. Erreichen lässt sich derzeit im Lobbyisten-Dschungel wohl am ehesten noch etwas bei Details der drei klaren Taxithemen wie dem Tarifkorridor, der notwendigen Genehmigungsbasis für Vermittlungsplattformen oder eben auch der kleinen Fachkunde, die immer hinten an steht, der Branche aber in der Zukunft eventuell noch sehr weh tun wird. rw
Beitragsfoto: Taxi Times
Die einfachste Trennung von Mietwagen und Taxi sind:
Ein Mietwagen fährt man selber, darum mietet man ein Fahrzeug.
Ein Taxi hat einen Personenbeförderer, der einem zum gewünschten Ziel bringt.
PUNKT
Offiziell ist der Begriff des Mietwagen einen Wagen mit Chauffeur (auch gesetzlich). Das andere ist der Leihwagen. Leider hat sich im Sprachgebrauch der Begriff Mietwagen für eben diese Leihwagen durchgesetzt.
Eine vernünftige Ortskundeprüfung stellt eine Gewisse geistige Reife des Fahrers sicher. Nur durch geschulte Fahrer lässt sich Personenbeförderung sicher durchführen. Es ist eine Katastrophe wie hier seitens der Politik, völlig praxisfremd, darüber entschieden wird, dass zukünftige Kunden kein Anrecht auf einen ordentlich ausgebildeten Taxi oder Mietwagen Chauffeur haben werden. Das ganze nur um die Interessen der Uber & Co. Kraken umzusetzen.
Die Ortskundeprüfung für Taxifahrer ist schon immer eine hohe Hürde für neues Fahrpersonal gewesen. Daher bitte weg damit – so schnell wie möglich!
Wenn man die große Fachkundeprüfung hat, muss man dann nochmal die kleine neue Fachkundeprüfung machen, oder wäre diese bei der großen Fachkundeprüfung inklusive ?