Hauptthema beim Treffen der PaErfa-Gruppe auf Einladung vom Taxi-Team Papenbrock war die Ausgestaltung der Taxitarife für Unternehmen im ländlichen Raum, insbesondere mit dem Fokus auf Krankenfahrten.
Auch die Frage, ob Taxi- oder doch Mietwagenkonzessionen die richtige Betriebsform in der Fläche sind, spielte eine zentrale Rolle beim Treffen der pastoralen Erfa-Gruppe, abgekürzt PaErfa, am vergangenen Wochenende in Thuine im Emsland. Daneben gab es viele weitere spannende Themen bei der Zusammenkunft der Taxibetriebe aus dem ländlichen Raum auf Einladung vom Taxiteam Papenbrock im Kloster Thuine hoch oben im Nordwesten der Republik. Neben der Vorstellung des Betriebes der Emsländer gab es einen intensiven Erfahrungsaustausch der Vertreter von neun Unternehmen aus ganz Deutschland und einen interessanten Vortrag von Harald Gast vom niedersächsischen Verband GVN. Aber weder das geistige noch das leibliche Wohl kamen zu kurz, denn nach einer Klosterführung verputzten die Teilnehmer eine liebevoll von der Tochter von Ingrid und Ali-Peter Papenbrock gestaltete PaErfa-Torte.
Das Taxi-Team Papenbrock entstand durch den (auch ehelichen) Zusammenschluss der Betriebe von Ingrid und Ali-Peter Papenbrock und verfügt heute über sechs Taxen, zwei Mietwagen und einen Bus. Ali-Peter Papenbrock konnte dabei sehr aufschlussreich schildern, welche Steine gerade kleinen Unternehmen auf dem Land immer wieder in den Weg gelegt werden und wie schwer es heute ist, eine Betrieb in der gewerblichen Fahrgastbeförderung am Leben zu erhalten, selbst wenn Chef und Chefin beide für ihr Unternehmen brennen und sich häufig gerade einmal zum Schichtwechsel am frühen Morgen oder späten Abend sehen.
Gerade die behördliche Auslegung der Anforderungen an einen Betriebssitz oder auch die mögliche Interpretation einer 24/7-Betriebspflicht für Taxiunternehmen, zumindest bezüglich der Erreichbarkeit, macht vor allem kleinen Unternehmen das Leben schwer. Gleichzeitig wird kein einziger Taxistand mehr im Genehmigungsgebiet vorgehalten und lässt so den Übergang zwischen den Gelegenheitsverkehrsformen fließend. Ob hier allerdings die Flucht in den Mietwagen tatsächlich die richtige Lösung ist, ist aufgrund der so entstehenden Mehrkosten allein durch die höhere Mehrsteuer von zwölf Prozent mehr als fraglich.
Mit großer Spannung folgten die Teilnehmer dann der Vorstellung einer fundierten Excel-basierten Tarifkalkulation des Gruppenmitgliedes Michael Butschek aus Roth (südlich von Nürnberg), die individuell für jedes Unternehmen eine Prüfung ermöglicht, ob ihr jeweiliger Tarif für den Betrieb überhaupt auskömmlich ist oder nicht. Diese Tabelle steht nun allen PaErfa-Mitgliedern zur Verfügung. Über die Tabelle werden zunächst sämtliche betrieblichen Lohnkosten realistisch kalkuliert. Dann können auch die weiteren variablen Kosten und die betrieblichen Fixkosten in die Tabelle eingegeben werden. Berücksichtigt wird auch ein Unternehmerlohn. Im Ergebnis errechnet sich der Nettoumsatz pro Arbeitsstunde, der die tatsächlichen Kosten für das jeweilige Unternehmen widerspiegelt. Im Gegenzug lässt sich so auch der aktuelle Tarif oder auch ein geplanter neuer Tarif dagegenstellen. Ergibt sich dann unter Berücksichtigung aller Kosten kein Unternehmensgewinn pro Monat und Fahrzeug, dann besteht akuter Handlungsbedarf – entweder zur zeitnahen Tarifanpassung oder zur Betriebsaufgabe. Ein knallhartes aber wohl notwendiges Tool in den aktuell turbulenten Zeiten für das Gewerbe.
Anschließend berichtete Uwe Wieland aus dem bayerischen Schongau unter anderem über den aktuellen Stand zum leidigen Thema der TSE-Pflicht für Taxameter. Unabhängig davon, dass hier für viele Unternehmen Investitionen drohen, die diese sich gerade jetzt nach Corona vielfach kaum leisten können, begrüßten die Teilnehmer jedoch die jetzt hinzugekommene Arbeitszeit-Aufzeichnungspflicht inklusive der Pausenzeiten im Rahmen des brandaktuellen Verordnungsvorschlages, denn auf diesem Wege ließe sich vielleicht endlich wieder die so dringend erwünschte Gerechtigkeit zwischen lokal konkurrierenden Unternehmen auch bezüglich der Steuerehrlichkeit erreichen.
Spannend war auch Wielands Bericht über die aktuellen Bemühungen zum Thema Mindestpreise für Mietwagen gemäß neuem PBefG, beispielsweise aus Nürnberg, Dresden oder auch Leipzig. Vielleicht am ehesten erfolgversprechend erschien ihm die Idee, die Festlegung solcher Preise an die lokalen ÖPNV-Tarife zu koppeln, wobei letztendlich abzuwarten bleibt, welcher Weg dann gerichtsfest sein wird.
Den anwesenden PaErfa-Unternehmern war aber natürlich das Thema der notwendigen ÖPNV-Abdeckung im ländlichen Raum erheblich näher. Sie machen inzwischen oft die Erfahrung, dass Erfolg oder Misserfolg lokaler Konzepte, die oft mit viel Herzblut und Engagement von den Taxiunternehmen vor Ort aufgebaut wurden, ganz simpel davon abhängen, ob die politischen Entscheider bleiben oder wechseln. Das Bedürfnis, sich auf der Bugwelle der „neuen Mobilität“ zu profilieren, ist gerade bei „neuen Besen“ oftmals sehr stark ausgeprägt und lässt bewährte Konzepte zugunsten neuer Ideen so schnell unter die Räder kommen. Überregionalen Anbietern gelingt es so immer wieder, kurzfristig mit vollmundig präsentierten Mobilitätskonzepten das Rad vermeintlich neu zu erfinden. Im Ergebnis wird kann kurzfristig aber nur zu Lasten lokaler Unternehmen viel Geld aus den eh klammen kommunalen Säckeln gelotst, bevor das neue Angebot bald wieder erfolglos eingestellt werden muss.
Um solche Angebote abwehren zu können, bevor sie Schaden anrichten, verwies Wieland darauf, dass es eventuell möglich ist, solche Anbieter zu bremsen, indem man ihnen nachweist, dass sie so mit öffentlichen Geldern Mischformen zwischen ÖPNV und Individualverkehr finanzieren. So lassen sie unter dem Deckmantel der Bedürftigkeit letztendlich Luxusgüter zu Lasten der Gesellschaft finanzieren. Das ist einerseits illegal und andererseits öffentlich zu Lasten einer positiven Profilierung sehr gut darstellbar.
Wirklich erfolgversprechend erscheint ansonsten lediglich ein intensives Netzwerken mit Verwaltung, Politik und lokalen Unternehmen und vor allem, wo irgend möglich, ein Zusammenschluss mit den ÖPNV-Betreibern vor Ort. Diese sehen zwar oft eher ihre eigenen Pfründe gefährdet und kooperieren daher ungern mit Taxi- und Mietwagenunternehmen, sind aber inzwischen insbesondere durch den Fachkräftemangel oft dennoch gezwungen, besonders ineffektive Linien mit geringer Fahrgastauslastung ökonomischer aufzustellen. Wenn das Taxi- und Mietwagengewerbe hier selbstbewusst Angebote machen kann, ohne zum billigen Jakob zu verkommen, können sich echte neue Chancen bieten.
Der „Gast“-Vortrag schloss sich dann themengerecht an. Der GVN-Vertreter verwies eindringlich, aber auch sehr überzeugend darauf, wie wichtig starke Verbände für das Gewerbe sind. In Niedersachsen könne der GVN mit einer Organisationsquote von ca. neunzig Prozent der Unternehmen der Branche die starke Stimme gegenüber Krankenkassen oder auch Politik verleihen, die ihm zustehe. Sein Verweis auf die aktuellen Werte des niedersächsischen Krankenfahrttarifs ließ dann auch ein neidvolles Raunen durch den Raum gehen.
Auch bei den Tarifanträgen kommt den Verbänden ein wichtiges Gewicht zu. Als Bonmot berichte Gast dann noch, dass ein besonders niedriger und seit 2014 unveränderter Tarif im Kreis Lüchow an der Elbe darin begründet sei, dass es dort gar kein Taxiunternehmen mehr gäbe. Hier sei es nun am Verband, trotzdem eine Tarifanpassung zu beantragen, um möglichen zukünftigen Neubewerbern an Taxikonzessionen für diesen Kreis auch eine auskömmliche Existenz gleich zum Start bieten zu können, denn anderenfalls werde es dort wohl nie wieder Interessenten an Taxikonzessionen geben. rw
Hinweis der Redaktion: Alle bei Taxi Times bisher veröffentlichten Beiträge zum Thema TSE-Pflicht finden Sie hier.
Beitragsfoto: Remmer Witte