Wenn Patienten für ihre Fahrten zu medizinischen Behandlungen auf das Taxi angewiesen sind, müssen die Krankenkassen die Fahrtkosten übernehmen. Doch allzu oft weigern sich die Kassen, dafür ein angemessenes Entgelt an die Beförderer zu zahlen. Welche menschenunwürdigen Folgen das haben kann, wird derzeit in Hamburg deutlich.
Es ist eigentlich der Idealfall: Patienten, die zu (lebens-)wichtigen medizinischen Behandlungen mit dem Taxi befördert werden müssen, können das Fahrzeug über eine zentrale Vermittlungsstelle buchen, die dann wiederum die Fahrten organisiert, durchführen lässt und hinterher abrechnet. So passiert es seit Jahren über die Hamburger Taxizentrale Hansafunk. Solche Dienste machen das Taxi wertvoll.
Doch diese Fahrtenverwaltung bindet Personal in der Zentrale und kostet Zeit. Daher ist es legitim, dass Hansafunk von den Krankenkassen eine Bearbeitungspauschale einfordert. Genau darüber haben die Hansafunk-Vorstände Jan Weber und Ozan Baltaci mit diversen Kassen verhandelt – mit den meisten erfolgreich, unter anderem mit der AOK. Mit fünf Krankenkassen konnte man sich aber nicht einigen. Unter anderem die Techniker (TK) und die Barmer waren der Meinung, dass die eingeforderte Bearbeitungsgebühr nicht gerechtfertigt sei. Vertreten werden diese Fünf in den Verhandlungen über deren Dachverband Vdek.
Da ohne eine Bearbeitungsgebühr eine kostendeckende Abwicklung der Fahrtenvermittlung nicht möglich ist, hat Hansafunk zum ersten Juli die Abrechnung der Fahrten für Fahrten der fünf Krankenkassen eingestellt. Mit der Folge, dass die Patienten zwar weiterhin mit Hansafunk fahren können, die Fahrten aber selbst bezahlen und sie dann direkt mit ihrer Kasse abrechnen müssen. (Taxi Times berichtete).
Welche Folgen dies nun speziell für die Unternehmen hat, macht ein Beitrag deutlich, der in dieser Woche im „Hamburger Abendblatt“ unter der Headline „Großer Ärger um Krankenfahrten im Taxi“ erschienen ist. Geschildert werden am Beispiel von drei Patienten die Unannehmlichkeiten, die seit 1. Juli auf diese kranken Menschen zukommen. Zum Beispiel auf einen Rentner, der mehrmals pro Woche zur Dialyse muss. Seine Krankenkasse hatte ihm andere Taxibetriebe genannt, mit denen er ab 1. Juli fahren solle, ohne die Fahrtkosten selbst auslegen zu müssen. Er schildert jedoch, dass die Fahrer dieser Unternehmen manchmal gar nicht oder verspätet kommen, unfreundlich sind oder er aufgrund von Sammeltouren sehr lange Wartezeiten nach der Behandlung hat. Mehrmals musste er deshalb doch wieder bei Hansafunk bestellen, sonst wäre er nicht rechtzeitig am für ihn lebenswichtigen Dialyse-Gerät angeschlossen worden. Doch das Geld für diese Fahrten wird er von seiner Krankenkasse erst Wochen später zurückerstattet bekommen, vermutet er.
Auch eine an Multipler Sklerose erkrankte Stammkundin von Hansafunk hätte nach dem Willen ihrer Krankenkasse auf einen anderen Beförderungsdienstleister zurückgreifen sollen. „Doch die Liste von anderen Fahrdiensten, die ihre Kasse geschickt habe, sei nicht hilfreich gewesen“, wird sie im Abendblatt zitiert. „Da standen Krankentransportfirmen drauf, die viel mehr kosten und Taxifirmen […], die eine lange Anfahrt hatten.“ Die Patientin bleibt deshalb ihrer Taxizentrale treu und rechnet künftig selber mit der Krankenkasse ab.
Eine dritte Patientin will sich das alles nicht gefallen lassen. Sie hat über ihre Rechtsschutzversicherung zunächst einmal Widerspruch eingelegt. Sie hat etwa 1.000 Euro Taxikosten pro Monat, hat jetzt aber ein Kostenlimit von 30 Euro pro Fahrt gesetzt bekommen. Künftig soll sie den Nachweis bringen, dass die von ihr gewählten Behandlungspraxen diejenigen sind, die am dichtesten zu ihrem Wohnort liegen. Sie vermutet, dass ihre Kasse damit die Taxikosten reduzieren will. Eine solche Beschränkung der Arztwahl will sie aber nicht hinnehmen. „Notfalls gehe ich vor Gericht und kämpfe das durch“, berichtet sie dem Hamburger Abendblatt. jh
Anmerkung der Redaktion: Der ewige Streit zwischen Krankenkassen und Personenbeförderern ist ein Dauerproblem. Vor allen Dingen dort, wo Kassen die Sozialgesetz-Vorgabe, auf kostengünstige Anbieter zurückzugreifen, völlig fehlinterpretieren. Denn hier geht es nicht darum, den Billigsten zu nehmen und Verwaltungskosten zu ignorieren. Wer riskiert, dass der eigene Patient zu spät oder sogar gar nicht zur Dialyse kommt, weil er bisher verlässliche Beförderungs-Partner durch Preisdumping verprellt und dem Patienten stattdessen Beförderungsunternehmen empfiehlt, die zu spät oder gar nicht erscheinen, handelt fahrlässig! Patientenschutz muss bei jeder Krankenkasse vor dem Kostenzwang stehen. Es wird Zeit, dass die Politik und die Sozialverbände hier eingreifen.
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