Lobbyarbeit ist keine schlechte Sache, sie sollte allerdings transparent erfolgen. Die Taxiverbände betreiben ihren Lobbyismus ohne Heimlichtuerei und setzen sich damit deutlich von Uber und anderen Fahrtenvermittlern ab.
Die vor rund zwei Wochen bekannt gewordenen fragwürdigen Verflechtungen zwischen Uber und teils ranghohen Politikern sorgen für Aufregung und Kopfschütteln. Innerhalb der Taxibranche waren die Enthüllungen allerdings weniger überraschend, war man mit den fragwürdigen Methoden des US-Fahrtenvermittlers doch nahezu täglich konfrontiert. Uber selbst beteuert als Reaktion auf die Uber-Files, dass es „keine Entschuldigungen für vergangenes Verhalten geben wird, das eindeutig nicht mit unseren gegenwärtigen Werten übereinstimmt.“ Stattdessen bittet man die Öffentlichkeit um eine Beurteilung, was man in den letzten fünf Jahren getan habe.
Dieser scheinbare Wandel wird vom Taxigewerbe auf nationaler wie auf internationaler Ebene widerlegt. In London hat die Gewerkschaft ADCU darauf hingewiesen, dass man ein wegweisendes Urteil zum Status von Uber-Fahrern als Arbeitnehmer geschickt umgeht. In Deutschland beschreibt Herwig Kollar, Präsident des Bundesverbands Taxi- und Mietwagen e.V. (BVTM), in einem offenen Brief an die Politik die seit 2014 unveränderte Vorgehensweise: „Vor dem Gesetz sind alle gleich. Aber manche sind Uber. Wir erleben auf den Straßen der Metropolen teilweise seit 2014 das immer gleiche Muster: Uber bricht Gesetze, Uber wird verurteilt, Uber gelobt Besserung. Uber bricht Gesetze, Uber wird verurteilt, Uber gelobt Besserung. Uber bricht Gesetze, … . und immer so weiter.“
Auch Patrick Meinhardt vom Taxi- und Mietwagenverband TMV zweifelt den scheinbaren Unternehmenswandel stark an. In einem ebenfalls offenen Brief werden die ranghohen Politiker aufgefordert, die Aktivitäten von Uber nun genau unter die Lupe zu nehmen und einer detaillierten Überprüfung zu unterziehen – auch weit über das Jahr 2017 hinaus und somit jenen Zeitraum, in dem die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes verhandelt wurde. „Eine gewisse Ahnung lässt uns vermuten, dass die Versuche der Einflussnahme während des Beratungsprozesses wenig Erfreuliches zutage fördern wird“, heißt es im TMV-Brandbrief vielsagend.
In einem Gastkommentar der Fuldaer Zeitung vom vergangenen Wochenende fordert Meinhardt von der Politik in der Causa Uber die Entwicklung eines verbindlichen Verhaltenskodex. „Zudem muss selbstverständlich vollumfänglich geklärt werden, welche Verstrickungen es von der Länder- und Regionalebene gibt“, schreibt Meinhardt in seinem Gastkommentar.
Natürlich betreibt auch das Taxigewerbe über seine Verbandsvertreter auf diese Art und Weise Lobbyarbeit. Lobbyismus ist in der Sache völlig korrekt und hilfreich. Nur wenn sich die politischen Entscheider mit den Fachexperten austauschen, entstehen praxisgerechte Gesetze und werden handwerkliche Fehler vermieden.
Der große Unterschied zum schmutzigen Uber-Lobbyismus liegt in der Transparenz: Beispiel 1: Während der US-Vermittler seine politischen Gespräche unter dem öffentlichen Radar führt, machen die Taxiverbände ihre Gespräche mit der Politik stets öffentlich – inklusive der gewerbepolitischen Haltung und Forderung, die man in der Sache vertritt.
Beispiel 2: Während Patrick Meinhardt als eindeutig zu erkennender Vertreter der Taxibranche einen Gast-Kommentar formuliert (siehe oben), engagiert Uber heimlich einen Wissenschaftler, der dann die Pro-Uber-Thesen unter dem Deckmantel der unabhängigen wissenschaftlichen Erkenntnisse geschickt in Diskussionsrunden oder in einem Gastbeitrag in der FAZ platziert.
Die Taxiverbände tun gut daran, bei dem notwendigen konstruktiven Austausch mit der Politik auf Transparenz zu setzen. Jüngstes Beispiel sind die Gespräche des BVTM-Vorstands Wolfgang Oertel mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Detlef Müller in Chemnitz. Man habe Herrn Müller über die Herausforderungen der Praxis im Taxigeschäft informiert, teilte der Verband mit. „Taxitarife, Kraftstoffpreise und Personalmangel waren Thema, ebenso wie die praktische Anwendung des neuen PBefG vor Ort. Oertel unterstrich im Gespräch die Rolle der Daseinsvorsorge des Taxigewerbes, gerade auch für alte oder kranke Menschen sowie die Bedeutung der Mobilität als Ermöglicher von gesellschaftlicher Teilhabe.“ Der Verband werde den guten und engen Austausch mit dem Abgeordneten beibehalten. Publik gemacht wurde dies von Seiten des Verbands mit einer offiziellen Pressemitteilung.
Auch der Taxi- und Mietwagenverband (TMV) macht aus seinen politischen Gesprächen kein Geheimnis. Politiker aller Parteien waren bereits in den Verbandsgeschäftsräumen zu Gast oder umgekehrt waren Verbandsvertreter in den Abgeordnetenbüros zu Besuch – stets flankiert mit einer entsprechenden Pressemeldung und dokumentiert mit einem Foto, auf dem in der Regel der oder die jeweilige Politiker(in) mit dem TMV-Geschäftsführer Patrick Meinhardt zu sehen ist. Jüngste Beispiele dafür sind ein Gespräch mit dem Abgebordneten Bernd Rixinger von den Linken und sowie ein Treffen des TMV-Geschäftsführers Patrick Meinhardt mit dem Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Dabei wird auch stets erwähnt, dass Meinhardt selbst Mitglied der FDP ist und vor seinem Amtsantritt schon enge Kontakte zu Bundestagsabgeordneten gepflegt hat.
Bei seiner offenen politischen Kommunikation geht der TMV sogar noch einen Schritt weiter. Innerhalb seines neuen Formats „TMVdirekt“ finden digitale Gesprächsrunden mit je einem Politiker statt, an denen auch Mitglieder und andere interessierte Taxivertreter teilnehmen und sich selbst mit Fragen einbringen können. Zuletzt war hier der CDU-Bundestagsabgeordnete Henning Rehbaum zu Gast.
Auch beim BVTM war der direkte Kontakt zwischen der Basis und der Politik möglich. Der Verband hatte bei einer Veranstaltung im Mai in Köln mehrere EU-Politiker zu Gast. Thema war hier zum einen die Bewertung eines Gesetzesentwurfs der EU-Kommission, der den Arbeitsstatus der meist auf selbständiger Basis agierenden Mitarbeiter regeln soll und zum anderen die EU-Leitlinien zur Regulierung von Taxis und Mietwagen.
Sachliche Argumente werden somit stets transparent ausgetauscht. Eine Branche, die nichts zu verbergen hat und im legalen Rechtsrahmen agiert, hat somit auch keinen Anlass, heimlichen Lobbyismus zu betreiben. jh
Beitragsfoto: Pexels
Das heiß, äsofort wieder Personenbeförderungsschein einführen und alle Gesetzesänderungen (Aufweichungen) zurück nehmen.
Auf der Verwaltungsebene ist Uber ganz leicht in seine gesetzlichen Schranken zu verweisen. Wir sehen das in Hamburg, wo es jenseits Uber-Taxi so gut wie keinen Uber gibt. Das Hamburger Model dürfte bundesweit ein Begriff sein. Uber bricht Gesetze. Das ist schlimm. Genauso schlimm ist es, wenn die Gesetzte extra für einen Anbieter gemacht wird. Der Paragraph 44 PBefG dürfte ein Lex MOIA sein. Das erlaubt diesem Taxi schädlichen Dienst enorme Schäden zu verursachen. Es ist wie Uber ohne Rückkehrpflicht und mit dem massiven Dumping dazu. Wenn eine Taxizentrale wie Hansa Taxi mit einem solchen Dienst „kooperiert“, muss man sich Fragen nach den Motiven stellen. Hansa ist dem Bundesverband sehr nah. Für mich hat das einen komischen Beigeschmack. Einerseits Uber hauptsächlich wegen der Missachtung der Rückkehrpflicht kritisieren, aber wortlos einen Dienst der noch schlimmer unbeachtet lassen.
Diesen komischen Beigeschmack kann ich gut verstehen. Die Linie zwischen „gutem“ und „schlechtem“ Lobbyismus ist hauchdünn. Ich unterstelle den beiden aktiveren, bundesweiten Taxilobbyverbänden durchaus redliche Absichten. Doch werden diese nicht viel zu regelmäßig konterkariert, wenn behördliche „Taxirazzien“ fast schon absurd erfolgreich sind und immer wieder Gesetzesverstöße aufdecken? Natürlich werden die Uber-Files abgefeiert. Aber wer im Glashaus sitzt….der Rest ist bekannt.
@Gerald Aus diesem Grund sollte das fahrende Gewerbe ganz gläsern sein. In der Tat ergibt wenig Sinn, auf die bösen Uberisten zu zeigen, wenn man selber unsauber arbeitet. Deswegen Fiskaltaxameter und Wegstreckenzähler für alle, damit das fahrende Gewerbe zu 100% ehrlich wird. Das ist gegen Uber das beste Gegengift.
Das Fiskaltaxameter gibt es ja nun schon einige Zeit. In Düsseldorf seit 2014. Hier hat sich allerdings nichts, aber auch gar nichts, in den Praktiken der Unternehmer geändert.
Sehr fragwürdig sind die Behörden-Praktiken diesbezüglich, die ja nun letztmaluch selbst INSIKA auf den Weg gebracht hatten, nun aber selbst dieses System in Frage stellen.
Wie glaubwürdig sind Behörden?