Seit Samstag gelten in der Stadt Leipzig neue Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen. Der Bundesverband Taxi und Mietwagen begrüßt diesen Schritt und richtet an alle anderen Städte und Kreise in Deutschland einen klaren Appell: Nachmachen bitte!
Nachdem das Leipziger Verwaltungsgericht Mindestbeförderungsentgelte befürwortet, die 2021 festgesetzte Höhe aber gerügt hatte, hat die Stadt am Samstag eine Allgemeinverfügung mit Mindestpreisen bekanntgegeben, die sich nun nicht mehr am Bus-, sondern am Taxitarif orientieren (Taxi Times wird über Einzelheiten in einer gesonderten Meldung berichten).
Als Bundesverband Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) begrüße man diese „wichtige Entscheidung“, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung. Geschäftsführer Michael Oppermann sagt dazu: „Leipzig schützt sein Mobilitätssystem konsequent vor irregulären Dumping-Angeboten. Wir beglückwünschen die Stadt zu ihrem entschlossenen Handeln, das Modellcharakter entfalten wird. Wir fordern alle anderen Großstädte auf, dem Leipziger Beispiel zu folgen und Mindestpreise einzuführen, die ein Unterbieten des Taxitarifs wirksam verhindern.“
Fahrdienste wie Uber seien im Wettbewerbsvorteil, da für Mietwagen nicht die gleichen Regeln gelten wie für Taxis. „Taxis sind Teil der Daseinsvorsorge und des ÖPNV – in dieser Rolle muss das Taxigewerbe geschützt werden vor Dumping-Angeboten von Uber & Co., die oft nur unter Umgehung wichtiger Regeln und unter Inkaufnahme von Sozialdumping und Schwarzarbeit möglich sind“, so Oppermann. Und weiter: „Der Bundesgesetzgeber hat den Städten und Landkreisen ausdrücklich die Möglichkeit gegeben, Preisvorgaben auch für die Fahrdienste zu erlassen. Wir begrüßen, dass Leipzig von dieser Möglichkeit nun Gebrauch macht.“ Vorbereitet wird die Einführung eines solchen Instruments aktuell auch in Hannover und Heidelberg, geprüft wird ebenfalls in den Metropolen Berlin und München.
Besonders hebt der Taxiverband auch die jetzt gewählte Art der Einführung der Mindestpreise in Leipzig hervor. Oppermann: „Die Mindestpreise kommen durch eine Allgemeinverfügung mit Anordnung des Sofortvollzugs. Damit gelten sie unmittelbar und auch für solche Unternehmen, die aus dem Umland in die Stadt einfahren und dort ihre Leistung anbieten wollen. Genau dieses Vorgehen ist anderen Städten zur Nachahmung dringend empfohlen.“
Leipzig war 2021 die erste Stadt in Deutschland gewesen, die Mindestentgelte für Mietwagen eingeführt hatte. Damals noch als Verwaltungsrichtlinie. Darin hatte es geheißen, die Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen müssten „mit den öffentlichen Verkehrsinteressen und dem Gemeinwohl in Einklang stehen […], wozu ebenfalls die übrigen gewerblichen Verkehrsstrukturen, beispielsweise der Taxenverkehr, gehören. Die Beförderungsentgelte müssen in einem hinreichend großen Abstand über den Entgelten des ÖPNV liegen, um diesen als Bestandteil der Daseinsvorsorge nicht in seinem Bestand zu gefährden. So sind Abgrenzungen zu den Tarifen des Taxigewerbes als Ergänzung des ÖPNV festzulegen, welche die unterschiedlichen Beförderungsformen des Gelegenheitsverkehrs berücksichtigen und einen wirtschaftlichen Betrieb der einzelnen Unternehmen ermöglicht. Ebenso tragen die Mindestbeförderungsentgelte dazu bei, die Möglichkeit eines ruinösen Wettbewerbs zwischen den Mobilitätsanbietern der verschiedenen Verkehrsformen auszuschließen.“
In der am Samstag bekanntgemachten Allgemeinverfügung heißt es unter anderem (auszugsweise): „Die Mindestbeförderungsentgelte gelten für Unternehmen, welche Fahrten mit Mietwagen innerhalb des Stadtgebietes von Leipzig gemäß § 49 Abs. 4 PBefG betreiben. Diese Unternehmen haben das Mindestbeförderungsentgelt […] in der Abrechnung anzuwenden bzw. zu berücksichtigen.“ Dies gelte unabhängig davon, ob die Konzession von der Stadt Leipzig oder durch eine andere zuständige Behörde erteilt worden ist.
„Die festgesetzten Beförderungsentgelte sind Mindestbeförderungsentgelte gemäß § 51a PBefG und beinhalten die gesetzliche Mehrwertsteuer. Sie dürfen überschritten, jedoch nicht unterschritten werden. Das Mindestbeförderungsentgelt wird für jede Fahrt innerhalb des Geltungsbereichs wie folgt festgesetzt. Es setzt sich zusammen aus
a) dem Taxitarif entsprechend der Verordnung über Beförderungsentgelte und ‑bedingungen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen im Pflichtfahrbereich Leipzig in der jeweils gültigen Fassung, welches folgende Bestandteile beinhaltet:
– Tagtarif mit maßgeblichen Kilometertarifen und Grundgebühr
– Nachttarif mit maßgeblichen Kilometertarifen und Grundgebühr
– und zzgl. einem Zuschlag für einen Mietwagen mit mehr als 5 Sitzplätzen (Großraum) entsprechend dem Zuschlag für Großraumtaxi o. g. Verordnung
b) einem Zuschlag von 12 Prozent.
Vereinbarungen zu Sondertarifen im Stadtgebiet von Leipzig, die unter den Mindestbeförderungsentgelten liegen, sind mit Darstellung von Gründen von der Genehmigungsbehörde der Stadt Leipzig genehmigen zu lassen.
Rabatte, Cashback oder andere Preisaktionen der Mietwagenunternehmen, die Fahrpreise unterhalb der Mindestbeförderungsentgelte ermöglichen, sind nicht gestattet.“
In der umfangreichen Begründung zur Allgemeinverfügung heißt es unter anderem: „Die Stadt Leipzig macht deshalb von der Möglichkeit der Festsetzung von Mindestbeförderungsentgelten für den Mietwagenverkehr nach pflichtgemäßem Ermessen zur Verhinderung eines ruinösen Wettbewerbs zwischen den Mobilitätsanbietern Gebrauch. Zumal die Mindestbeförderungsentgelte einen Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen darstellen, um diese als Bestandteil der Daseinsvorsorge nicht zu gefährden. Der öffentliche Personennahverkehr gilt daher als besonders schützenswertes Gut. Darüber hinaus liegt ein wirtschaftlicher Betrieb der unterschiedlichen Formen des Gelegenheitsverkehrs sowie des öffentlichen Personennahverkehrs im Interesse des Gemeinwohls und somit im öffentlichen Verkehrsinteresse. Die Mindestbeförderungsentgelte tragen daher dazu bei, die Möglichkeit eines ruinösen Wettbewerbs zwischen den Mobilitätsanbietern der verschiedenen Verkehrsformen auszuschließen. Um diesem im Bereich der Genehmigungsbehörde der Stadt Leipzig entgegenzutreten, wird die Möglichkeit der Festsetzung eines Mindestbeförderungsentgeltes im Verkehr mit Mietwagen wahrgenommen.
Ziel ist es, gesamthaft einen stabilen Markt für alle Verkehrsformen im Bereich des Gelegenheitsverkehrs sowie des öffentlichen Personennahverkehrs (Integriertes Gesamtverkehrssystem) zu schaffen, der einen wirtschaftlichen Betrieb der einzelnen Unternehmen ermöglicht. Damit sollen Dumpingangebote von Mietwagenunternehmen ausgeschlossen und eine Kannibalisierung anderer Verkehrsformen verhindert werden.

Um dem Schutzbedürfnis des ÖPNV und der anderen Verkehrsformen des Gelegenheitsverkehrs zu entsprechen, muss die Einhaltung des Mindestbeförderungsentgeltes sowie jegliche Art der Unterschreitung dieser unteren Tarifgrenze unbedingt ausgeschlossen werden. Es besteht ein hohes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Einhaltung der Allgemeinverfügung der Stadt Leipzig, Ordnungsamt, über die Festsetzung von Mindestbeförderungsentgelten für den Verkehr mit Mietwagen innerhalb des Stadtgebietes von Leipzig.
So kann in der Abwägung mit den möglichen Interessen des Antragstellers nicht hingenommen werden, dass durch die aufschiebende Wirkung im Widerspruchsverfahren die Vorgaben zum Mindestbeförderungsentgelt nicht eingehalten und eine vollziehbare Umsetzung dieser Allgemeinverfügung bis zur abschließenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidung hinausgeschoben werden. Durch dauerhafte Niedrigpreisangebote zur Kundenakquise kommt es zu einer Schlechterstellung des Umweltverbundes durch die Abwanderung der Kunden vom ÖPNV sowie zu Parallelverkehren zu diesem. Dies steht den öffentlichen Verkehrsinteressen der Stadt Leipzig entgegen und muss insbesondere bei einem Antragsteller mit einer Vielzahl von Fahrzeugen und der damit einhergehenden Möglichkeit eines quantitativ hohen Beförderungsangebotes im Niedrigpreissegment schon mit Erteilung der Genehmigung rechtswirksam verhindert werden.“ ar
Fotos: Axel Rühle
Weiter so. Auch durch den Mindestpreis wird dafür gesorgt, die allseits bekannten Rechtsverstöße zu unterbinden. Vor allem muss dann nicht im Nachhinein erst verfolgt werden, was an kriminellem Handeln passiert ist.
Denn das verlockende
Dumpingangebot ist dann für den Fahrgast nicht mehr ganz so verlockend. Und die zuständigen Dienste werden entlastet. Sie können dann ihre knappen Ressourcen für all die anderen notwendigen Maßnahmen nutzen.
Trotzdem ist der Mindestfahrpreis nicht hoch genug! Ein Minimum an Abschreckung wird damit hoffentlich erreicht, doch all die Mietwagen, die taxiartig mit Aufträgen von Uber&Co unterwegs sind, bleiben erst mal als Pseudotaxis Umsatzdiebe ohne Taxikonzession.
Selbst Leipzig, als erste Kommune mutig vorangegangen mit dem Mindesttarif, hat offenbar nicht das Urteil angefochten. Das kritisiere ich ausdrücklich.
Denn es gibt einen glasklaren Unterschied zwischen Taxi und Mietwagen. Vor der Zeitenwende im Taxigewerbe 2013 mit den ersten internetbasierten Vermittlungssystemen gab es keine nennenswerten Verstöße gegen das PbefG durch taxiartig handelnde Mietwagen. Sie decken ein anderes Geschäftsfeld ab. Das ist im PbefG aus guten Gründen auch so geregelt.
Das sind eben die Konsequenzen aus unserem grundgesetzlich verankerten Primat der Sozialen Marktwirtschaft.
Das scheint mir im jetzt schon legendär zu nennenden Urteil nicht ausreichend gewürdigt zu sein. Da hat sich das Gericht und die Stadt Leipzig leider nicht mehr zugetraut. Ist das schon die Kapitulation vor faktenschaffenden Freibeutern, die erst durch nachdrückliche Gegewehr auf Rechtsbruch verzichten?
Leipzig macht es richtig.
Ein Mindesttarif für Mietwagen sollte sich am aktuellen Taxitarif orientieren. Und zwar genau jeweils dem Taxitarif, der Geltung hat wo ein Fahrgast in einen Mietwagen steigt.
Durch diese Anlehnung ist den Städten und Kommunen eine schnelle Umsetzung per Rechtsverordnung bzw. Allgemeinverfügung ermöglicht. Zeitraubende Berechnungen oder Abwägungen über die richtige Höhe eines Mindesttarifs entfallen. Die Fahrdienstleister und Plattformen bekommen allerorten eine einheitliche Vorgabe.
Bundesweit sollte jetzt zügig gehandelt werden. Für ein weiteres zuwarten ist keine Zeit mehr.
Ihr Vorschlag lässt unklar, wie sich der Mindestfahrpreis am Taxitarif orientieren soll. Nach oben? Nach unten?
Der Mindestfahrpreis ist nur sinnvoll und effektiv, wenn er deutlich über dem Taxitarif liegt. Ansonsten geht der kriminelle Unfug weiter!
Ein Mindestpreis für MW muss ohne Mwst. mindestens so hoch sein wie ein Taxitarif ohne Mwst. ist. Die MW haben ja nun mal 19% Mwst und wenn beim MW der Bruttofahrpreis so hoch wäre wie der Bruttofahrpreis beim Taxi, hätte zumindest ein Fahrgast bei geschäftlichen Fahrten immer noch einen Preisvorteil.
taxi fahrt 15 Euro. Mietwagen 30 Euro, weil die 19 Prozent MwSt haben und die Rückkehrpflicht. So sollte es normalerweise sein. Dann schauen wir mal ob uber und Co weiter machen
Danke für diese Einschätzung. das aktuelle Urteil des VG Leipzig macht aber deutlich, dass ein höherer Preis als das Taxi als unrechtmäßiger Eingriff in § 12 GG (Berufsfreiheit) gesehen wird. Es ist also müßig, Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen zu fordern, die über dem Taxitarif liegen.
Verstehe nicht den Zusammenhang Berufsfreiheit und Mindestpreis? Aldi sollte es so sein dann würde ich gerne unter Mindestlohn verdienen wollen und das offiziell vertraglich vereinbart? Geht das ? In einem von mir gewünschtem Beruf unter Mindestlohn zu verdienen?
Ein Netto-Mindestfahrpreis in gleicher Höhe wie im Taxitarif reicht nicht aus!
Ein Mietwagen als Pseudotaxi mit gleichen Preisbedingungen wie echtes Taxi wird immer noch in der Stadt kreisen, nicht an den Betriebssitz zurückkehren und sich außerhalb seines Betriebssitzes bereithalten – solange auch nur ein einziger Kunde sich davon etwas verspricht. Und wenns nur der ersparte Zeittarif ist!
Nur echter Preisabstand wird helfen!
Danke für diese Einschätzung. das Urteil des VG Leipzig macht aber deutlich, dass ein höherer Preis als das Taxi als unrechtmäßiger Eingriff in § 12 GG (Berufsfreiheit) gesehen wird. Es ist also müßig, Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen zu fordern, die über dem Taxitarif liegen.
Nun ja, ganz so schlüssig ist die Einschränkung der Verufsfreiheit ja nun nicht. Die Berufsfreiheit wird ja nicht durch einen Mindestpreis, der auskömmlich sein muss, eingeschränkt. Im Gegenteil. Der Unternehmer wird dadurch geschützt.