Kampagne „Was haben Sie getan …?“: Der LTV hat seine Mitglieder aufgerufen, den Thüringer Bundestagsabgeordneten ihre Fragen auf Postkarten zu schicken. Der erste hat jetzt geantwortet.
Ihre Fragen zu verkehrs- und wirtschaftspolitischen Themen hatten die Unternehmen den Bundestagsabgeordneten im Zuge der Kampagne des Landesverbandes Thüringen des Verkehrsgewerbes e. V. (LTV) per Postkarten zugeschickt. Alle Bundestagsabgeordneten aus Thüringen sagten zu, die Fragen der LTV-Mitglieder zu beantworten.
Der erste Abgeordnete, Gerald Ullrich von der FDP, Wirtschaftsexperte und Mitglied des Wirtschaftsausschusses im Deutschen Bundestag, beantwortete die Fragen jetzt in einem Interview mit LTV-Geschäftsführer Martin Kammer, wobei Belange des Taxigewerbes nur eines von zahlreichen Themen war.
So sprach Kammer unter anderem das Thema Krankenfahrten an – in Bezug auf die Digitalisierung, eines der Lieblingsthemen der FDP: „Taxi- und Mietwagenunternehmer fordern seit Langem, die Verordnung einer Krankenbeförderung zu digitalisieren und damit den bürokratischen Aufwand zu senken.“ Ullrich antwortete: „Das ist in dem konkreten Fall Aufgabe der GVK, nicht der Politik. Prinzipiell bin ich unbedingt für schnelle und umfangreiche Digitalisierung. Momentan erarbeiten wir ein Gesetz, das die rechtlichen Grundlagen dafür schafft, Daten zwischen Institutionen und Bürgern ohne den bisher noch notwendigen Papierkram auszutauschen. Das Gesetz wird noch in dieser Legislatur verabschiedet. Die Digitalisierung kommt, und sie wird vieles vereinfachen, wie die Erfahrung mit der elektronischen Krankenakte zeigt. Dieses Gesetz wird den Anreiz dafür schaffen.“
Bei anderen Themen, die das Gewerbe zumindest indirekt betreffen, ergaben Ullrichs Antworten zum Teil ein Bild, das wenig Zuversicht auslösen dürfte. „Die Abgaben bleiben ganz sicher“, sagte Ullrich, und machte keine Hoffnung mehr auf Entlastungen für die Thüringer Unternehmen in dieser Legislaturperiode.
Er sprach offen die bürokratische Überregulierung an, bewertete das Bürgergeld als momentan zu hoch im Vergleich zu den Reallöhnen (woran die FDP nichts ändern könne, da die Berechnung in der Verfassung festgeschrieben sei und die nötigen Mehrheiten für eine Änderung fehlen) und erklärte, warum er kein Freund des Mindestlohnes ist (weil Löhne nur dann steigen können, wenn die Produktivität wächst, wenn die Wertschöpfung entsprechend groß ist, wenn die Unternehmen diese Löhne auch erwirtschaften). Das Energie-Effizienz-Gesetz beschrieb er in Bezug auf die Transport-Unternehmer als einen Traum von Politikern, der nicht produziert werden kann.
Wie verfahren er die Gesamtsituation und besonders die Rolle der FDP innerhalb der Koalition sieht, geht aus einem Interviewteil kurz vor Ende des Gesprächs hervor. Auf die Frage, wofür er dem Gewerbe in dieser Legislaturperiode noch Hoffnung machen könne, sagte Ullrich: „In dieser politischen Konstellation, bei dieser Haushaltslage […] Nichts bei allem, was den Haushalt betrifft. Vielleicht von der nächsten Regierung, von neuen politischen Mehrheiten.“ Ein Armutszeugnis für die Ampelregierung unter Olaf Scholz, mit dessen Arbeit laut einer Umfrage des Politbarometers der Forschungsgruppe Wahlen rund zwei Drittel der Bevölkerung unzufrieden sind.
Gerald Ullrich war der erste von sieben Thüringer Bundestagsabgeordneten, die auf die Fragen von LTV-Mitgliedsunternehmen antworten. Weitere Interview-Termine sind bereits mit Holger Becker und Elisabeth Kaiser, beide SPD, vereinbart. Frank Ullrich, ebenfalls SDP, beantwortet die Fragen schriftlich. ar
Beitragsbild: Gerald Ullrich (links, eigenes Foto, www.gerald-ullrich.de) und Martin Kammer (Foto: LTV)