Der Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes LTV hat in seiner Jahreshauptversammlung vergangene Woche die Bildung einer „Fachvereinigung Taxi und Mietwagen Sachsen-Anhalt im LTV“ formell bestätigt. Zwei Tage später gab es dann eine erste Mitgliederversammlung, bei dem auch der Vorstand gewählt wurde. Als Gast trat dort auch Herwig Kollar in seiner Funktion als Präsident des Bundesverbands Taxi und Mietwagen e.V. auf.
Gewerbepolitisch tätig geworden war man für die Unternehmer im benachbarten Bundesland schon länger, nun wurde es offiziell. Künftig tritt man gegenüber der Politik, Krankenkassen etc. als Fachvereinigung Personenverkehr Sachsen-Anhalt im LTV auf. Damit tauche nun auch der regionale Bezug im Namen auf, was den Zugang zu Ministerien, Ämtern, Behörden und Kammern erleichtert, wie es in der Antragsbegründung heißt. Zudem werde auch der Zugang für neue Mitgliedschaften erleichtert.
Derzeit sind 64 Mitglieder aus Sachsen-Anhalt in der neu gebildeten „unselbstständigen“ Fachvereinigung organsiert, Ziel sind 150 Mitglieder bis Jahresende. Um den damit verbundenen erhöhten Arbeitsaufwand zu bewältigen, wurde ein neuer Mitarbeiter in der Erfurter Geschäftsstelle des LTV eingestellt. „Rechtsanwalt Stefan Dille wird uns künftig unterstützen“, verriet Hauptgeschäftskammer Martin Kammer gegenüber Taxi Times.
Die Mitglieder der Fachvereinigung Personenverkehr Sachsen-Anhalt erhalten neben der gewerbepolitischen Vertretung auch einen bunten Blumenstrauß an individuellen Dienstleistungen vom LTV, wie Rechtsberatung, Musterarbeitsverträge und regelmäßige regionale und überregionale Informationen für Taxi- und Mietwagenunternehmer.
Innerhalb der neuen Fachvereinigung kann Kammer auf die Unterstützung durch den gewählten Vorstand bauen. Ihm gehören Dagmar Knittel-Graß (Altmarkkreis-Salzwedel), Marno Scherling (Burgenlandkreis), Vico Acker (Landkreis Mansfeld-Südharz), Norman Kocur (Landkreis Anhalt-Bitterfeld), Andreas Fricke (Landkreis Wittenberg), Björn Duldhardt (Landkreis Harz), Manfred Hartkopp (Salzlandkreis) sowie André Gröpler (Landkreis Jerichower Land) an. Sie waren alle am vergangenen Samstag bei einem ersten Treffen des Verbands in der Nähe von Halle gewählt worden.
Der gewerbepolitische Schwerpunkt wird auf die Unterstützung der Mitglieder bei Verhandlungen mit den Krankenkassen gelegt. Anders als in Thüringen liegt in Sachsen-Anhalt kein Rahmenvertrag mit den Krankenkassen über die Beförderungsentgelte für Krankenfahrten vor. Das hat zur Folge, dass Krankenkassen die einzelnen Unternehmer bei Preisverhandlungen oft gegeneinander ausspielen. Erst im März dieses Jahres hatte der LTV ausdrücklich vor Einzelverträgen der Knappschaft gewarnt. Die dort vorgeschlagenen Entgelte lagen um bis zu 48 Prozent unter den Bedingungen, mit denen die gleichen Krankenkassen die Taxi- und Mietwagenunternehmen in Thüringen vergüten.
Bei solchen Dumpingpreisen rechnet sich ein Taxi- und Mietwagenbetrieb nicht mehr, was Kammer auch anhand des Unternehmerrückgangs belegen kann: Im Bundesdurchschnitt hätten in den letzten Jahren sieben Prozent der Unternehmen aufgegeben, in Sachsen-Anhalt seien es 19 Prozent. Mit der neuen Fachvereinigung wolle man nun „vereint gegen das Preisdumping der Krankenkassen“ vorgehen.
Dieses gemeinsame Vorgehen begrüßte auch Herwig Kollar, der als Präsident des Bundesverbands Taxi und Mietwagen e.V. bei der oben angesprochenen Veranstaltung nahe Halle zu den Mitgliedern sprach. „Hier sitzen die Schlauen“, sagte er in seinem Grußwort zur Gründung. Es geht nicht nur darum, Unternehmen zu organisieren. Der Kampf um die PBefG-Novelle habe gezeigt, dass man nur gemeinsam erfolgreich sein könne. „Und wir können uns auch nach der Novelle nicht zurücklehnen. Es geht weiter!“ Das hätten die schlauen Unternehmer begriffen und organisierten sich weiter.
Kollar sagte, durch den gemeinsamen und bundesweiten Einsatz des Taxi- und Mietwagengewerbes habe Uber nicht das im Personenbeförderungsgesetz erreicht, was sie erreichen wollten. Dies versuche das amerikanische Unternehmen jetzt über den Umweg in Brüssel. „In einem Workshop in Brüssel wurde nun das diskutiert, was wir vor zwei Jahren hier erlebt haben. Sie wollen eine weitgehende Deregulierung, bei der nur die großen multinationalen Konzerne profitieren.“ Deswegen gehe der Kampf weiter „und wir müssen weiter unsere freien Samstage opfern, um die Rahmenbedingungen für das Taxi- und Mietwagengeschäft zu erhalten“, unterstrich Kollar. jh
Das Beitragsfoto zeigt den bei der Jahrestagung der Fachvereinigung Personenverkehr Sachsen-Anhalt im LTV am 3.7.21 neu gewählten Vorstand. Andreas Fricke, André Gröpler, Vico Acker, Manfred Hartkopp und Norman Kocur (von links:); Es fehlen: Dagmar Knittel-Graß, Marno Scherling und Björn Duldhardt; Foto: LTV