Die Ankündigung gab es bereits im April, jetzt meldet man Vollzug: Der größte amerikanische Uber-Konkurrent „Lyft“ expandiert mit der Übernahme des Fahrdienstes Free Now nach Europa und will die Zahl seiner „privaten Fahrzeugfahrten“ verdoppeln.
Im April hatten Mercedes-Benz und BMW bekanntgegeben, für ihre Fahrtenvermittlungsplattform Free Now einen Käufer gefunden zu haben: Der in San Francisco sitzende Fahrdienst Lyft Incorporated nutze die Gelegenheit, in den europäischen Markt einzusteigen. Der Milliardenkonzern bezahlt für den Erwerb 175 Millionen Euro. Beide Fahrdienste nahmen umgehend eine Kompatibilisierung ihrer Kunden-Apps in Angriff.
In einer Presseerklärung vom 31. Juli hat Free Now jetzt Zahlen genannt: Seit Anfang 2024 sei die Lyft-App in den Märkten von Free Now bereits 4,6 Millionen Mal geöffnet worden. Umgekehrt sei die Free-Now-App im gleichen Zeitraum in den Lyft-Märkten 1,2 Millionen Mal geöffnet worden.
Wie bei Free Now schon häufig beworben (und von Gewerbeverbänden kritisiert) soll erneut ein „Willkommensangebot“ Kunden anlocken: „Bis zu 50 % Rabatt auf die erste Fahrt“ erhalten „berechtigte Lyft-Fahrgäste“ für ihre erste Fahrt mit Free Now in Europa. Umgekehrt erhalten „berechtigte“ Free-Now-Nutzer ein „entsprechendes Angebot für ihre erste Fahrt mit Lyft, wenn sie über den Atlantik reisen“, genauer gesagt in den USA und in Kanada, und das bis Jahresende. Zudem erhalten „berechtigte Karteninhaber der Amerikanischen Chase Bank“ bald „automatisch zusätzliche Punkte für qualifizierte Fahrten in Europa, wenn sie ihre berechtigte Chase-Kreditkarte zur Bezahlung verwenden“.
Zum Thema, was Fahrerinnen und Fahrer erwartet, ist die Rede von mehr Fahrgästen und mehr Fahrten: Da Lyft-Fahrgäste durch Free Now jetzt eine „bevorzugte App in Europa“ hätten, könnten Free-Now-Fahrer mit mehr Fahrten rechnen (was analog für Lyft-Fahrer in Nordamerika gelte).

Thomas Zimmermann behält seine Tätigkeit als Geschäftsführer (auf neudeutsch: CEO) von Free Now bei, ebenso behalten die „Country General Manager“ des Unternehmens „weiterhin die strategische Verantwortung für die Märkte“ in Deutschland, Österreich, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Spanien, Polen und Griechenland.
Free Now war 2009 in Hamburg von Niclaus Mewes und Sven Külper mit dem Namen „mytaxi“ als reine Taxi-Bestell-App ins Leben gerufen worden und wurde wenig später zur Marke der im selben Jahr gegründeten Intelligent Apps GmbH. Es begann eine rasante europaweite Expansion. Fünf Jahre später erwarb Daimler die Mehrheit der Gesellschaft. 2016 fusionierte man mit der britischen Taxi-Vermittlungsplattform Hailo. 2019 wurde die Plattform Teil eine Joint-Ventures mit BMW. Im selben Jahr erfolgte die Umbenennung in „Freenow“ und es begann parallel zur Taxivermittlung auch die Vermittlung von Mietwagen nach Uber-Vorbild. Nachdem die Plattform dem Taxigewerbe auf diese Weise massiv Kundschaft entzogen hatte, gab der damalige Deutschland-Chef von Free Now, Alexander Mönch, den Gewerbevertretern der Taxibranche Recht: Der taxiähnliche Verkehr mit Mietwagen ist zu den üblichen Dumpingpreisen nicht legal wirtschaftlich möglich, sondern nur mit Rechtsverstößen. Seitdem engagiert Mönch sich gegen Plattformvermittler, die das kriminelle Geschäftsmodell verfolgen. Free Now beendet im Zuge dessen nach und nach die Vermittlung von Mietwagen und geht verstärkt Kooperationen mit Taxizentralen ein. ar
Beitragsbild: Free-Now-Geschäftsführer Thomas Zimmermann und Lyft-Geschäftsführer David Risher vor der Free-Now-Geschäftsstelle in Hamburg; Foto: Free Now









Auch wenn die heute ‚FreeNow‘ genannte App sich auf legale Personenbeförderung besonnen hat, ist sie immer noch im Mietwagengeschäft tätig. Der glaubwürdige Schwenk auf reine Taxivermittlung ist trotz Kooperation mit einigen Taxizentralen nicht vollzogen.
Das erklärte Ziel ist auch hier, den Marktanteil an Vermittlungen zu erhöhen und damit ist FreeNow/ Lyft genauso wie Uber, Bolt und andere Apps, direkte Konkurrenz zu taxieigenen Zentralen und taxieigenen Apps.
Auf Grund des taxifernen Ursprungs von Lyft als rein finanzorientiertem Investor ist zu erwarten, daß bei wachsendem Marktanteil an vermittelten Aufträge die Zusammenarbeit mit einzelnen Taxibetrieben und Taxizentralen dazu benutzt wird, die Provisionen nach Gutdünken und willkürlich in die Höhe zu treiben. Auch hierbei gilt, Versprechen und Schwüre, so etwas nicht tun zu wollen, sind nur Worte.
Die im Artikel beschriebenen Rabatte sagen alles. Diese illegalen Kickbacks sind genau die Methoden von Uber&Co.
Deshalb schießt sich das Taxigewerbe selbst ins Knie, wenn bei bestehenden taxieigenen Vermittlungssystemen einzelne Taxiunternehmen und sogar Zentralen sich diesen branchenfremden Investoren ausliefern.
Einzig die enge Kontrolle über die eigenen Vermittlungssysteme, die Steigerung deren Bekanntheit und deren Integration in die Apps der anderen öffentlichen Verkehrsträger kann uns davor bewahren, in Zukunft ausgeplündert und ruiniert zu werden.
Dem ist nichts hinzuzufügen. Und es stellt ich auch noch die Frage wie lange denn das „umstellen“ auf reine Taxivermittlung denn (noch) dauern darf ?
Glaubwürdigkeit hat seine eigenen Reglen. Freenow hat da in meinen Augen definitiv eine Bringschuld.