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Mangelware Neufahrzeug – das große Problem der Taxibranche

von Remmer Witte
19. Juli 2022
Lesedauer ca. 4 Minuten.
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Mangelware Neufahrzeug – das große Problem der Taxibranche
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„Ist die Branche noch ein attraktiver Kunde für Kfz-Hersteller?“ Mit dieser Frage beschäftigte sich unter anderem die vorerst letzte Folge des Dialogformats TMVdirekt vor der Sommerpause. Diskussionspartner des Taxigewerbes war diesmal der CDU-Bundestagsabgeordnete Henning Rehbaum.

Der Warendorfer ist seit kurzem Vorsitzender des neu gegründeten Parlamentskreis Bus und schon von Haus aus als Spross eines Busunternehmens ein ausgewiesener Praktiker im Verkehrsgewerbe. Auf dieser Ebene gedieh die Veranstaltung dann schnell zu einer effektiven Bestandsaufnahme der Sorgen und Nöte des Gelegenheitsverkehrs.

Zu den Sorgen des Taxigewerbes zählt zweifelsohne das 2016 refomierte Eichrecht, dessen Auswirkungen Henning Rehbaum so nicht bewusst waren. Taxiunternehmer Uwe Wieland aus Schongau berichtete von den wachsenden Problemen mit den Auflagen des Eichrechts, die es Fahrzeugherstellern vergälle, dem Gewerbe überhaupt noch Angebote zu machen. Ohne deren Unterstützung sei heute aber leider kein Taxi oder Mietwagen mehr auf die Straße zu bringen. Dass sowohl Mercedes mit der E-Klasse als auch Volkswagen mit seinen Elektromodellen ID3 und ID4 werkseitig keine Taxiumrüstung mehr anbieten, war Rehbaum neu. Er schaltete jedoch blitzschnell und überraschte Wieland wiederum mit der Gegenfrage, ob die Industrie denn überhaupt noch Lust hätte, dem Gewerbe Fahrzeuge zu verkaufen und benannte damit neben dem Eichrecht den zweiten wichtigen Aspekt der Problematik: Das Loch, das Mercedes, Toyota (mit dem Produktionsstopp des Prius+) hinterlassen, wollen andere Hersteller nicht stopfen.

Im Ergebnis einigte man sich darauf, dass das Eichrecht heute fast ein Art Sargnagel für die Möglichkeiten des Gewerbes zur Fahrzeugumrüstung sei. Spätestens wenn die Fahrzeughersteller auch noch Geld und Zeit in die Hand nehmen müssten, um Taxen anbieten zu können, vergehe dort zukünftig wohl jedes Interesse an der Branche. Ziel müsse es daher sein, das Eichrecht soweit zu entdämonisieren, dass man ein x-beliebiges Fahrzeug auch wieder in Eigenregie ohne Herstellerunterstützung zum Taxi umrüsten könne, denn  nur so bleibe die Branche handlungsfähig. Rehbaum versprach, das Thema mit ins Parlament zu nehmen, aber ob sich so dem Überregulierungswahn des Eichrechts Einhalt gebieten lässt, scheint leider mehr als fraglich.

Ansonsten war Rehbaum gut vorbereitet und benannte vier Baustellen, bei deren Bewältigung die Politik sich um die Branche aus seiner Sicht „kümmern“ solle: die explodierenden Treibstoffpreise, die Etablierung neuer Antriebstechniken, die intermodale Verknüpfung mit weiteren Säulen des Verkehrsgewerbes wie Bahn und Bus sowie den fairen Wettbewerb bzw. dessen Fehlen. Mit dieser Aufzählung war man natürlich gleich mitten in der Diskussion.

Insbesondere der letzte Punkt hatte gerade nach den Uber-Files-Enthüllungen der letzten Tage zu den natürlich ein besonderes Gewicht. Über 124.000 Dokumente wie E-Mails und Chatnachrichten aus dem Uber-Umfeld wurden dem britischen Guardian zugespielt und offenbaren die extrem aggressive Lobbyarbeit des Fahrtvermittlers. Die Leaks geben einen Einblick in die Praktiken des Unternehmens und beleuchten einen Zeitraum von 2013 bis 2017.

Neben eigentlichen Enthüllern Nord- und Westdeutscher Rundfundk und Süddeutsche Zeitung und der Fachpresse (Taxi Times hat dafür eine eigene Themenrubrik „Uber-Files“ auf seiner Website eingestellt) beschäftigen sich nun vermehrt auch andere Medien mit der Thematik. Täglich wird von weiteren Verflechtungen zwischen Uber und Politik, Professoren der Wissenschaft und auch großen Medien berichtet. Zum europäischen Lobbying sollen auch Treffen mit dem damaligen französischen Finanzminister Emmanuel Macron gehört haben und auch deutsche und weitere EU-Politiker sind ins Visier geraten.

Als Verkehrsunternehmer konnte Rehbaum den Unmut der Branche bestens nachvollziehen, wusste dann aber auf die Frage aus der Runde, was man denn in den letzten Jahren habe besser machen müssen, um diese Kannibalisierung zu verhindern, auch keine schlüssige Antwort. Das neue PBefG habe zwar einige wahrscheinlich auch sachdienliche Instrumente zur Regulierung des Wettbewerbs eingeführt, nur fehle es bisher noch an deren Umsetzung. Christian Brüggmann berichtete daraufhin, dass es inzwischen mehr als frustrierend sei, wenn das Gewerbe selbst seinen Genehmigungsbehörden teilweise erstmal erklären müsse, was denn überhaupt Begriffe wir „gebündelter Bedarfsverkehr“ überhaupt meinen.

Besonders in das Tool der Mindestpreise für Mietwagen hatten viele große Hoffnungen gesetzt. Leipzig hat dies als bisher einzige (!) untere Genehmigungsbehörde eingesetzt, was einmal mehr zeigt, wie schwierig es ist, vorliegende Gesetzestexte in der Folge auch sinnvoll mit Leben zu erfüllen. Rehbaum regte an, dieses Thema in die Verkehrsministerkonferenz oder auch in die Städtetage zu tragen, vor allem, um zunächst einmal Aufklärung zu betreiben.

Von hier aus war der Schritt zum Dauerthema „Kleine Fachkunde“ natürlich nicht weit. Vor einem Jahr trat das neue PBefG in Kraft, und seitdem bettelt das Gewerbe beim zuständigen Bundesverkehrsministerium BMDV um einen Termin, um auch hier Leben in die Gesetzesvorgabe zu bringen. TMV-Bundesgeschäftsführer Patrick Meinhardt konnte hier immerhin berichten, dass sein Verband kurz vor Ablauf der Jahresfrist nun doch noch für die letzten Julitage einen Termin im BMDV erhalten habe. Rehbaum versprach Unterstützung und bat um Zusendung der Vorlage des Verbandes.

Beim Arbeitskräftemangel sah Rehbaum Bus, Taxi- und Mietwagen in einem Boot. Es dürfe nicht sein, dass ein Busführerschein in Deutschland minimal sechs Monate dauere, während er im Nachbarland Österreich schon in zehn Wochen zu haben sei. Bei der Anerkennung ukrainische Fahrerlaubnisse sah er dagegen zumindest Licht am Horizont. Er unterstütze durchaus Bestrebungen beschleunigter Arbeitserlaubnisse nicht nur für anerkannte Problemgewerke wie die Flughafen-Security, sondern auch beispielsweise für den ÖPNV inklusive Taxi- und Mietwagen.

In der Schlussrunde regte Rehbaum dann an, dass auch der Gelegenheitsverkehr mit Taxi- und Mietwagen eine Stimme im Parlamentskreis Bus bekommen müsse und lud das Gewerbe zu weiteren Gesprächen über jene Themen ein, die bei diesem TMVdirekt zu Anfang zwar angesprochen wurden, letztendlich aber nicht mehr diskutiert werden konnten. Für ihn sei es sehr wichtig, Erfahrungen direkt von der Basis zu bekommen und er freue sich auf eine Fortsetzung der Kommunikation. In den Ohren der Gewerbevertreter klang das natürlich ausgesprochen gut und war ein würdiger Abschluss vorsommerlicher Abschluss des TMVDirekt-Formats. jh

Beitragsfoto: Screenshot aus der Videokonferenz; Henning Rehbaum ist der Herr mit den blonden Haaren in der mittleren Reihe. Screenshot: Remmer Witte

 

Tags: Henning RehbaumParlamentskreis BusTMVDirekt
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Remmer Witte

Nach über 40 Jahren als Fahrer, Disponent und Chef im Taxi- und Mietwagengewerbe ist der Niedersachse heute unter anderem für einen taxinahen Dienstleister aktiv. Seine Themen sind die Branchenzukunft und -politik und die kleinen Dinge im Alltag des Gewerbes.

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Kommentare 1

  1. taximuc says:
    3 Jahren her

    Dieser Schwachsinn mit der Konformität gehört sofort abgeschafft. Bringt überhaupt gar nix ausser Probleme mit Fahrzeugen, zusätzliche Arbeit bei den Behörden und unnötiger Papierkram.

    Antworten

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